Imperator 04 - Die Götter des Krieges
Herrschaft auszutreten. Diejenigen, die mit Julius in Spanien und Gallien gewesen waren, spürten es am deutlichsten. In kleinen Grüppchen standen sie an Deck der sechs Galeeren und lachten und schwatzten mit ungewohnter Unbeschwertheit.
Domitius schaute hinauf zu Adàn, der den Mast emporgeklettert war. Selbst von dort oben hörte man die Stimme des Spaniers, der ein Lied aus seiner Jugend sang.
Der Quästor des winzigen Küstenhafens sprach ausgezeichnetes Latein, obwohl er in Sichtweite der Kasernen aufgewachsen war. Er war ein kleiner, dunkelhäutiger Mann, der sich tief verbeugte, als Julius die Hafengebäude betrat, und sich erst nach erteilter Erlaubnis wieder aufrichtete.
»Ihr seid willkommen, Konsul«, sagte er.
»Wie lange ist es her, dass Pompeius’ Reiter diesen Ort verlassen haben?«, fragte Julius ungeduldig.
Der kleine Mann zögerte keine Sekunde, und Julius begriff, dass Pompeius offensichtlich keine Befehle gegeben hatte, die Verfolger aufzuhalten. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie trotz seiner Galeeren übersetzen würden. Julius schöpfte neue Hoffnung, dass Pompeius vielleicht langsamer geworden war.
»Der Diktator ist letzte Nacht aufgebrochen, Konsul. Sind Eure Angelegenheiten von großer Dringlichkeit? Ich kann Boten nach Süden schicken, wenn Ihr möchtet.«
Julius blinzelte überrascht. »Nein. Ich will den Mann zur Strecke bringen und möchte nicht, dass er gewarnt wird.«
Der Quästor sah verwirrt aus. Innerhalb von zwei Tagen hatte er mehr fremde Soldaten gesehen als je zuvor in seinem Leben. Jetzt konnte er seinen Kindern erzählen, dass er nicht nur mit einem, sondern gleich mit zwei Herrschern Roms gesprochen hatte.
»Dann wünsche ich Euch viel Glück bei der Jagd, Konsul«, sagte er schließlich.
23
Nach vier Tagen anstrengenden Marsches kamen Pompeius’ Reiter endlich in Sicht. Sie waren auf dem Weg nach Süden sehr schnell vorangekommen, und als die Späher mit der Nachricht zurückkamen, jubelten Julius’ Männer laut. Die Jagd hatte sich lange hingezogen, doch als die Hörner ertönten und sie sich zum Angriff formierten, waren sie bereit, den Feind ein letztes Mal zu besiegen.
Pompeius’ Männer vernahmen die Hörner, und Julius konnte sich die Angst und Bestürzung in ihren Reihen nur vorstellen. Es waren dieselben Extraordinarii, die in Pharsalus die Flucht ergriffen hatten. Bis in ein anderes Land verfolgt zu werden musste ein furchtbarer Schlag für sie sein. Sie waren schon einmal geschlagen worden, und Julius hegte keinen Zweifel daran, dass seine Männer sie auch ein zweites Mal schlagen würden. Das Wissen, dass er dieses Mal, anders als in Pharsalus, Pompeius’ kleiner Streitmacht zahlenmäßig überlegen war, erfüllte ihn mit Genugtuung. Sie sollten am eigenen Leibe erfahren, was es hieß, so vielen Kriegern gegenüberzustehen, die nur darauf brannten, sie zu vernichten.
Julius sah die Reihen der römischen Reiter in der Ferne wenden, um sich der Gefahr zu stellen. Es war eine hoffnungslose Geste, dennoch bewunderte er ihren Mut. Vielleicht wollten sie ja auch die Schande auslöschen, die sie durch ihre Niederlage erlitten hatten. Er sah, wie sie ihren Pferden die Sporen gaben und in stetem Trab auf die Zehnte zugeritten kamen. Er bleckte die Zähne und hielt voller Erwartung Ausschau nach Pompeius’ rotem Umhang.
Die Legionäre in den Reihen der Zehnten und Vierten hielten ihre Speere bereit. Als das Donnern der Hufe zu hören war, hoben sie in wilder Vorfreude die Köpfe.
»Bitte geht, Herr! Wir halten sie hier auf!«, schrie der Decurio Casitas Pompeius zu.
Der Diktator war wie vom Donner gerührt. Seit dem furchtbaren Moment, als er römische Kriegshörner hinter sich vernommen hatte, war kein einziges Wort mehr über seine Lippen gekommen. Er hatte nicht erwartet, diesen Laut jemals wieder zu hören.
Die Legionen aus Pharsalus vor Augen, wischte Pompeius einen dunklen Fleck von seinen Lippen und überlegte, ob er mit den Letzten seiner Armee zusammen auf sie zureiten sollte. Vielleicht wäre das eine große Geste. Die Dichter Roms würden sie in ihren Liedern verewigen, wenn sie von seinem Leben berichteten.
Der Schmerz tobte in seinem Innern, und alles verschwamm vor seinen Augen. Er trug keine Rüstung mehr, weil er keine besaß, die die Schwellung fassen konnte. Täglich schwoll sein Bauch stärker an und drückte nach oben gegen die Lunge, bis ihm das Atmen schwer fiel. Manchmal hätte er alles gegeben, um nur endlich in
Weitere Kostenlose Bücher