Imperator 04 - Die Götter des Krieges
war gewachsen. Brutus antwortete, ohne nachzudenken.
»Wenn sie ihn festhalten, werden sie genau das von uns erwarten. Sie werden so weit draußen ankern wie möglich und die Nacht in geschlossener Formation verbringen. Falls sie nicht gleich mit Julius nach Kleinasien fahren, um ihn Pompeius auszuliefern.«
Octavian versteifte sich. »Halt den Mund«, sagte er tonlos. »Du hast keine Befehlsgewalt. Du bist nur hier, weil es mein General unschicklich fand, dich hinzurichten. Du hast uns nichts zu sagen.«
Brutus sah ihn an, senkte dann aber, dem Starren der Männer ausgeliefert, die er einmal gekannt hatte, den Blick. Er sagte sich, dass das alles ohne Bedeutung sei, aber insgeheim war er doch überrascht darüber, wie sehr sie ihn immer noch verletzen konnten. Ihm war aufgefallen, dass sie alle in Julius’ Abwesenheit auf Octavian schauten. Vielleicht lag es den beiden ja im Blut. Verärgert holte er tief Luft, und seine rechte Hand zuckte in der Schlinge, bevor er sich wieder in der Gewalt hatte.
»Ich glaube nicht …«, setzte er an.
Octavian fuhr zu ihm herum. »Wenn es nach mir ginge, würde ich dich hier an diesem Kai ans Kreuz schlagen lassen. Oder glaubst du etwa, die Männer hätten etwas dagegen?«
Darüber musste Brutus gar nicht erst nachdenken; die Antwort auf diese Frage kannte er nur zu gut.
»Nein, sie würden es bestimmt genießen. Aber sie werden diese Anweisung nicht von dir bekommen, oder, mein Junge? Du befolgst seine Befehle, selbst wenn das bedeutet, dass alles, woran du glaubst, vernichtet wird.«
»Du versuchst immer noch zu rechtfertigen, was du getan hast?«, fragte Octavian herausfordernd. »Dafür gibt es nicht genug Worte. Ich verstehe nicht, warum er dich hierher gebracht hat, aber eines sage ich dir: Wenn Julius erwartet, dass wir dich wieder als einen der unsrigen aufnehmen, dann spiele ich nicht mit. Bei deinem ersten Versuch, mir einen Befehl zu erteilen, schneide ich dir die Kehle durch.«
Brutus’ Augen wurden schmal, und er beugte sich ein wenig nach vorne. »Jetzt bist du noch tapfer, Junge. Aber Knochen heilen auch wieder, und dann …«
»Ich kann es auch gleich tun!«, fauchte Octavian außer sich vor Wut.
Er ging auf Brutus los, doch Regulus und Ciro packten seinen Arm, der mit der Klinge in der Hand ausholte. Brutus stolperte rückwärts außer Reichweite.
»Ich frage mich nur, wie du Julius wohl erklärt hättest, dass du mich getötet hast«, sagte er mit boshaftem Blick, während der Jüngere immer noch versuchte, ihn zu erreichen. »Auch er kann grausam sein, Octavian. Vielleicht ist das ja der Grund, warum er mich am Leben gelassen hat.«
Octavian gab nach, als Ciro ihm das Messer aus der Hand wand.
»Du glaubst, du wirst wieder gesund, Brutus?«, fragte er wütend. »Wie wäre es, wenn ich den Männern befehle, dich an ein ruhiges Plätzchen zu bringen und dir den Arm gründlich zu brechen? Sie könnten dir die Hand so zerschmettern, dass du nie wieder ein Schwert halten kannst.«
Octavian lächelte, als er eine Spur Angst in Brutus’ Augen sah.
»Das würde dir richtig wehtun, meinst du nicht? Du würdest nie wieder ein Pferd reiten oder auch nur deinen Namen schreiben. Dann würde dir dein Hochmut ein für alle Mal vergehen.«
»Ah, du bist so ein nobler Mann, Octavian«, höhnte Brutus wieder. »Ich wünschte, ich hätte deine Prinzipientreue.«
Octavian fuhr fort und konnte seinen Hass kaum zügeln. »Noch ein Wort von dir, und ich tue es wirklich! Und niemand wird mich davon abhalten, um dich zu retten. Sie wissen, dass du es verdienst. Komm schon, General. Nur noch ein einziges Wort!«
Brutus starrte ihn lange an und schüttelte dann angewidert den Kopf, bevor er sich umdrehte und davonging. Octavian nickte knapp und zitterte vor Wut am ganzen Leib. Er spürte Domitius’ Griff an seiner Schulter kaum, mit dem dieser ihn zu beruhigen suchte.
»Du hättest es nicht so offen zeigen sollen«, sagte Domitius leise, während er dem gebrochenen Mann nachsah, den er einmal verehrt hatte.
Octavian schnaubte wütend. »Ich kann nicht anders. Nach allem, was er getan hat, steht er einfach hier mitten unter uns, als hätte er das Recht dazu. Ich verstehe nicht, was Julius sich dabei gedacht hat, ihn mitzunehmen.«
»Ich verstehe es auch nicht«, erwiderte Domitius. »Aber das ist eine Sache zwischen den beiden.«
Regulus holte vernehmlich Luft, dann wandten sich alle wieder dem Meer zu. Die Sonne sank gerade hinter den Horizont, und die
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