Imperator 04 - Die Götter des Krieges
bereits tot und sie endlich frei waren, doch in die Reihen der Männer hatte sich eine Art jugendliche Ungeduld gestohlen. Sie stießen einander in der Dunkelheit in die Rippen und lächelten. Cäsar hatte über seine Feinde triumphiert, und sie waren dabei gewesen.
Jetzt wartete Julius in der Nähe der schweren Türen und blickte zum Mond hinauf. Er hörte das Schnauben eines römischen Pferdes und spähte nach der Ursache des Geräusches, dort, wo er ein paar Schatten umherhuschen sah. Die Pferde waren mit gutem Getreide gefüttert worden, das beste Futter, das sie seit Wochen bekommen hatten. Auch der Palast selbst war mit allerbesten Vorräten aus Zypern, Griechenland und sogar Sizilien angefüllt. Römisches Gold hatte Gewicht auf den Kais Alexandrias.
Trotz der Anspannung konnte Julius nicht leugnen, dass er Spaß an der Sache hatte. Auch Ciro, Brutus und Regulus hatten inzwischen nach Ägypten übergesetzt. Er hatte seine Generäle wieder um sich und fühlte sich lebendig wie schon lange nicht mehr.
Brutus, an Julius’ Seite, konnte den Frohsinn der anderen nicht teilen. In den langen Wochen der Verfolgung war sein gebrochener Arm geheilt, aber die Muskeln waren immer noch zu schwach, um eine solche Unternehmung durchzustehen. Er sehnte sich danach, mit ihnen zu ziehen, sehnte sich danach, dass es wieder so wäre wie früher. Es gab Momente, in denen er alles vergessen konnte, was geschehen war. Dann stellte er sich vor, sie wären wieder in Gallien oder Spanien, und Vertrauen und Freundschaft verbänden sie miteinander. Doch er bemerkte sehr wohl die misstrauischen Blicke der Männer, mit denen sie ihn an seinen neuen Status erinnerten. Sie verweigerten ihm den Luxus, daran auch nur im Mindesten zu zweifeln. Er spürte, dass Octavian ihn beobachtete und starrte ins Leere, bis dieses Gefühl verschwand. Wenn erst einmal seine Kraft wiederhergestellt war, würde sich alles ändern, dafür würde er schon sorgen. Bis dahin jedoch akzeptierte er, dass er zurückbleiben und bis zu ihrer Rückkehr den Palast verbarrikadieren würde.
Das Gesicht der Nacht draußen zugewandt, bemerkte Julius Kleopatra nicht sofort. Leise und ohne Vorankündigung betrat sie die überfüllte Eingangshalle und schlängelte sich durch die überraschten Soldaten hindurch. Julius drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um sie lächeln zu sehen, nachdem einer der Männer einen leisen, bewundernden Pfiff ausgestoßen hatte und seine Kameraden um ihn herum lachten. Er vermochte nicht zu sagen, wie, aber sie hatte es geschafft, ein neues Gewand zu finden, das unwesentlich weniger enthüllte als das, welches sie bei ihrem ersten Zusammentreffen getragen hatte. Ihre geschmeidigen Bewegungen hatten etwas Mädchenhaftes, obwohl ihre Augen älter wirkten. Ihr Haar wurde von einer goldenen Spange zurückgehalten, und ihre Beine und ihr nackter Bauch zogen bewundernde Blicke auf sich, als sie zwischen den Soldaten hindurchschritt.
Julius spürte, wie er bei ihrem Näherkommen errötete, und wusste, dass seine Soldaten jetzt ihre eigenen Schlüsse über sein plötzliches Interesse an Ägypten zogen. Seine Generäle hatten die Königin schon kennen gelernt, aber auch sie standen wie angewurzelt da, als sie sich auf der Stelle umdrehte und sich den Soldaten zuwandte.
»Ich habe viel von dem römischen Mut gehört«, begann sie mit leiser Stimme, »und ich weiß die Ehre zu schätzen, die mir durch Eure Hilfe zuteil wird. Ihr werdet die Dankbarkeit einer Königin kennen lernen, wenn ich meinen Thron wiederhabe.«
Sie verbeugte sich vor den rauen Kriegern Roms, und in diesem Moment wären die Männer für sie überallhin gegangen. Sie hatten Anstand genug, keine Bemerkungen über ihre Schönheit zu machen, die so bescheiden vor sie hingetreten war, doch ein tiefes, zustimmendes Gemurmel, beinahe ein Knurren, breitete sich raunend im ganzen Palast aus.
»Es ist Zeit«, sagte Julius und sah die Königin mit einem eigenartigen Blick an.
Als sie sich zu ihm umdrehte, glänzte ihre Haut im Zwielicht, und ihre Augen strahlten im Mondschein. Noch bevor er reagieren konnte, machte sie einen Schritt auf ihn zu und küsste ihn leicht auf den Mund. Er spürte, wie er wieder vor Verlegenheit errötete. Sie war nicht einmal halb so alt wie er, und er spürte deutlich das Grinsen und die viel sagenden Blicke, die die Männer untereinander wechselten.
Julius räusperte sich und versuchte, seine Würde wiederzuerlangen. »Ihr habt eure Befehle, meine Herren.
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