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Imperator 04 - Die Götter des Krieges

Imperator 04 - Die Götter des Krieges

Titel: Imperator 04 - Die Götter des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conn Iggulden
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würde alles, was er erreicht hatte, wieder zerfallen. Seine Tochter konnte den Respekt des Senats nicht einklagen, und ihrem Sohn würde es vielleicht, wie dem Alexanders, nicht erlaubt sein, viel länger zu leben. Er hatte Octavian als seinen Erben eingesetzt, doch er konnte nicht sicher sein, ob der junge Mann wirklich das Zeug dazu hatte, in der Schlangengrube Rom zu bestehen. Wenn er ehrlich war, konnte er nicht glauben, dass irgendjemand die Begabung hatte, auf dem von ihm Erreichten aufzubauen. Er war so weit gekommen, doch wenn er es nicht schaffte, männliche Nachkommen zu zeugen, war das alles nicht genug.
    Aus der Ferne drang der Lärm der Stadt an sein Ohr. In der Stille des Tempels lastete sein Alter schwer auf ihm.
    Ptolemäus’ Leiche lag feierlich aufgebahrt in einem mit Gold getäfelten Raum. Überall waren Bildnisse von Horus und Osiris zu sehen, als er sich auf seinen Todesweg machte. Seine kalte Haut war gewaschen und gereinigt worden, anschließend hatte man seine linke Seite geöffnet und die Organe entfernt. Auf die Mitglieder des Königshauses wartete kein jenseitiges Gericht. Sobald die Rituale beendet waren, würde Ptolemäus seinen Platz an der Seite der anderen Götter einnehmen, als Gleicher unter Gleichen.
    Als Julius zur Leiche des jungen Königs geführt wurde, fand er es heiß und stickig in dem Raum. Aus den roten Herzen gewaltiger Kohlenbecken kringelten sich süßlich duftende Rauchsäulen. Ptolemäus’ Körper war mit Salznatron gefüllt worden, um das Fleisch auszutrocknen. Der bittere Geruch vermischte sich mit dem Qualm, und Julius wurde schwindelig. Alexanders Grab war vergleichsweise kalt gewesen, war aber den Tatsachen des Todes wesentlich besser angepasst.
    Kleopatra kniete vor der Leiche ihres Bruders und betete. Julius stand da und beobachtete sie. Er wusste, dass er es nicht über sich bringen würde, einen Feind zu ehren, der den Tod einiger seiner treuesten Männer zu verantworten hatte. Die Augen des Jungen waren zugenäht worden, seine Haut glänzte von klebrigen Ölen. Angesichts der vier Gefäße, die um ihn standen, hätte Julius am liebsten gewürgt, denn er wusste, was sie enthielten. Er konnte diesen Prozess nicht begreifen, oder die Ehrerbietung, die Kleopatra zur Schau stellte. Auch sie war von der Armee ihres Bruders bedroht worden, trotzdem ehrte sie ihn im Tod mit Ritualen, die fast zwei Monate andauern würden, ehe er endlich in seinem Grabmal zur letzten Ruhe gebettet wurde.
    Die Königin betete in der Sprache ihres Volkes in einem rhythmischen Singsang, und Julius sah, dass ihre Augen klar und ruhig waren. Er hatte sie seit dem Tag, an dem Ptolemäus gestorben war, nicht weinen sehen und wusste, dass er sie immer noch nicht verstand. Ihre Armee war aus Syrien zurückgekehrt, um den Königspalast zu sichern, und schon jetzt hatte es vereinzelte Zwischenfälle zwischen den Römern und den von der Wüste abgehärteten Kriegern gegeben. Julius hatte sich gezwungen gesehen, drei seiner Männer auszupeitschen, weil sie in betrunkenem Zustand in der Stadt Streit vom Zaun gebrochen und dabei zwei Tote zurückgelassen hatten. Zwei weitere mussten noch bestraft werden, weil sie im Spiel mit Kleopatras Soldaten gezinkte Würfel benutzt und ihnen nicht nur ihre Waffen, sondern auch alles Silber abgenommen hatten, das sie bei sich trugen.
    Das Warten stellte seine Geduld auf eine harte Probe, als sich die Rituale des Todes ihrem Ende zuneigten. Julius hatte gedacht, der Junge würde bald begraben sein, denn er wusste, was die Sommersonne auch einem königlichen Leichnam antun konnte. Stattdessen krochen die Tage mit betäubender Langsamkeit dahin, und er wurde ebenso ruhelos wie seine Männer.
    Octavian hatte seinen Standpunkt klar gemacht. Er wollte nach Rom zurück und den Lohn einstreichen, den sie sich alle verdient hatten. Auch Julius spürte, wie die Stadt ihn über das Land und Meer rief. Er wollte noch einmal unter ihren Toren hindurch- und über das Forum reiten. Er hatte alles erreicht, wovon er als Knabe jemals geträumt hatte. Seine Feinde waren Staub und Asche, trotzdem wartete er noch.
    Er sah zu, wie Kleopatra mit einem neuen Ritual begann und mit einem Kienspan Weihrauch in Tongefäßen anzündete. Tod und Leben lagen hier in Alexandria zu dicht beisammen. Die Menschen schienen sich ihr ganzes Leben lang auf den Tod vorzubereiten, und sie lebten in der Gewissheit einer anderen Existenz. Das machte sie zwar fatalistisch, bescherte ihnen aber eine

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