Imperator 04 - Die Götter des Krieges
würde im Dunkeln verrichtet werden müssen, was wiederum unweigerlich Unfälle zur Folge hätte.
Die drei Männer, die Cäsar geschickt hatte, um mit Pompeius zu verhandeln, bereiteten ihm weitaus mehr Sorgen.
Was gab es in diesem fortgeschrittenen Stadium der Auseinandersetzungen noch zu besprechen? Eine Kapitulation, noch bevor der erste Speer geworfen worden war, ganz sicher nicht. Labienus verzog im Dunkeln das Gesicht und überlegte, ob er der Gruppe ein paar Männer seiner Kavallerie entgegenschicken sollte, um sie einfach verschwinden zu lassen. Er befürchtete keine Konsequenzen, denn wenn die Leichen gut versteckt wurden, glaubte Pompeius garantiert an eine Verzögerungstaktik. Labienus hatte treu ergebene Männer, die er mit der Aufgabe betrauen konnte, die Parlamentäre im Dunkeln zu töten. Zurückbleiben würde nur ein weiteres kleines Rätsel, das bald wieder vergessen wäre.
Die Alternative bestand darin, das, was seiner Ansicht nach Pompeius’ Angst vor dem Feind war, noch weiter zu schüren. Seit der Meldung, der Feind sei bei Oricum gelandet, schien Pompeius’ Zuversicht, die Labienus bei ihren ersten Treffen so für ihn eingenommen hatte, völlig verflogen zu sein. Labienus war aufgefallen, dass Pompeius wiederholt die Hand auf den Magen gepresst hatte, und er fürchtete, dass die Krankheit sehr viel mehr als nur die Stimmung und Gesundheit des Feldherrn in Mitleidenschaft zog. Pompeius war für sie alle sichtbar gealtert, und Labienus sah sich einer Rolle als Stellvertreter gegenüber, die er sich so ganz bestimmt nicht vorgestellt hatte.
Er wollte gerade ein paar seiner Männer zu sich herüberwinken, als sich einer der Späher wieder zum Rapport meldete. Die drei Reiter waren bereits bis auf eine Meile herangekommen und wurden nun ins Lager eskortiert. Verärgert ließ Labienus die Hand sinken; durch sein eigenes Zögern war die Chance nun verstrichen. Vielleicht lag darin ja das Geheimnis der Genialität Cäsars, dachte er, und ein ironisches Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Wer sich mit ihm konfrontiert sah, legte sich selbst Fallstricke in dem dauernden Bemühen zu erraten, was er wohl als Nächstes vorhatte. Labienus fragte sich, ob Cäsar sich wohl einmal als genauso verwundbar herausstellen würde, wie es Pompeius zu sein schien. Der Anblick der um ihn her emporwachsenden Soldatenstadt der Männer, die sie aus dem Norden hierher geführt hatten, verlieh ihm neue Zuversicht. Wie gerissen Cäsar auch sein mochte, er hatte selbst auch noch nie römischen Legionen in ihrer geballten Kampfstärke gegenübergestanden. Auf einen Angriff wie den ihren hatte ihn Gallien mit Sicherheit nicht vorbereitet.
Als die drei Reiter schließlich eintrafen, hatte das Lager bereits Gestalt angenommen. Tausende von Legionären hatten Gräben gezogen und zwei Mannslängen hohe Wälle aufgeschaufelt. Im Umkreis mehrerer Meilen war jeder Baum gefällt, zurechtgestutzt, abgesägt und schließlich an der richtigen Stelle festgebunden worden. Dämme aus Erde und Grassoden stützten die Stämme und sicherten sie gegen Feuer und feindliche Geschosse. In nur wenigen Stunden entstand aus dem Nichts ein Lager, eine sichere Zuflucht, in der auch mitten in der Wildnis Ordnung herrschte. Im nächtlichen Wind roch Labienus den Duft gekochten Fleisches, und sein leerer Magen fing an zu knurren. Doch seine eigenen Bedürfnisse würden noch eine Weile hintanstehen müssen, also kämpfte er die körperlichen Ermüdungsanzeichen nieder.
Labienus sah zu, wie die drei Reiter durch die Linien der Späher hindurch ins Lager geführt wurden, und erkannte die Insignien der Zehnten Legion sowie die Rüstung der Zenturionen. Julius hatte erfahrene Männer geschickt, um mit Pompeius zu reden. Man hatte sie dazu gezwungen, mit gezückten Klingen im Rücken durch die Verteidigungswälle zu gehen, und Labienus beobachtete sie mit zusammengekniffenen Augen. Auf seinen Befehl hin nahm man ihnen die Pferde ab, und sie wurden sofort mit Soldaten umstellt.
Labienus schritt über den gefrorenen Boden auf sie zu. Als er näher kam, blickten die Männer einander an, und ihr Anführer hob die Stimme.
»Wir kommen auf Befehl von Gaius Julius Cäsar, Konsul von Rom«, sagte er. Selbstsicher stand der Zenturio da, so als sei er keineswegs von Männern umringt, die ihn bei der ersten falschen Bewegung sofort niederstrecken würden.
»Du erscheinst mir ein wenig zu schroff für eine diplomatische Aufgabe, Soldat«, erwiderte Labienus.
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