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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ihrem Landekopf aus. Der Streit drehte sich zu großen Teilen darum, wer an all dem die Schuld trug. War es töricht von den Fürsten gewesen, in ihrer Angriffslust den Waffenstillstand zu brechen? Hätten sie sich besser auf die Invasion vorbereiten und auf die Warnungen ihrer Kundschafter hören sollen? Agrippina konnte sich nicht dazu durchringen, den Fürsten Vorwürfe zu machen; sie hatten immerhin versucht, mit der Aufstellung einer Streitmacht zu reagieren. Und obwohl sie selbst die Römer weitaus besser kannte, als die beiden Söhne Cunobelins es taten, hatte sie nicht geglaubt, dass es tatsächlich eine Invasion geben würde.
    Niemand brannte auf einen Kampf. Zwar war dieser Ort nach Camulos, einem Kriegsgott, benannt. Doch trotz all der Messer in den Gürteln und der Schwerter an den Wänden der Holzhäuser, trotz all der Mythen vom catuvellaunischen Kriegervolk waren dies Bauern. Agrippina sah, dass einige von ihnen schon jetzt unruhig wurden, dass sie es kaum erwarten konnten, diesem nutzlosen Geschwätz zu entrinnen und wieder an ihr Tagwerk zu gehen. Aber ihre Fürsten waren nervös, weil man sie wegen ihrer mangelnden Vorbereitung kritisierte, und suchten nun Streit.
    Schließlich stand Nectovelin auf. Selbst die Fürsten verstummten, als der riesige Krieger darauf wartete, dass Stille einkehrte. »Nach dem, was ich höre, bin ich froh, dass ich mich heute Nacht ausgeschlafen habe,
statt all dieses Geschwafel über mich ergehen zu lassen. Die Frage ist nicht, wer schuld ist, sondern wie wir die Römer wieder loswerden, nachdem sie nun einmal hier sind.«
    »Der alte Mann hat recht.«Die Unterbrechung kam von einem der Druiden, einem dünnen jungen Mann in einem formlosen schwarzen Gewand. Er sprach mit dem Akzent des Westens, der Siluren oder Ordovicer. »Dieses Land ist heilig. Es darf nicht entweiht werden.«
    Nectovelin war verärgert. »Jeder weiß, was ihr für ein Spiel treibt, Priester. Die Römer haben deinesgleichen aus Gallien vertrieben, und ihr seid hierher geflohen, weil ihr nirgends anders hin könnt. Jetzt sind die Römer wieder hinter euch her, und ihr wollt unser Blut vergießen, um eure eigene feige Haut zu retten. Ist es nicht so?«
    Agrippina fand, dass Nectovelin ungerecht war. Die Gesetze der Priester machten es ihnen unmöglich, sich der römischen Herrschaft zu unterwerfen. Auf ihre Weise besaßen die Druiden durchaus eine – wenn auch selbstmörderische – Integrität.
    Und dieser junge Mann bewies nun, dass er nicht umsonst Priester war. Leise fragte er: »Würdest du ohne den Beistand deiner Götter gegen die römischen Legionen kämpfen?«
    »Wer bist du, Junge«, brüllte Nectovelin, »dass du dich zwischen mich und meine Götter stellst?«
    »Ach, sei still, du Rabauke.« Eine stämmige Bäuerin namens Braint erhob sich. Ihr schmutziges Haar
ähnelte einem verräucherten alten Strohhaufen. Sie war ein Koloss von einer Frau, so muskulös wie ein Mann, aber Agrippina wusste, dass sie sechs Kinder großgezogen hatte und seit dem Tod ihres Mannes ganz allein eines der größten Gehöfte in der Umgebung bewirtschaftete. »Ich werde sagen, was keiner von euch Männern sich vor diesen großmäuligen Fürsten zu sagen traut: Wir sollten um Frieden bitten.«
    Nach einem kurzen, schockierten Schweigen kamen leise Entgegnungen. »Wenn die Römer Frieden schließen, dann nur zu ihren eigenen Bedingungen – das wäre Kapitulation!« – »Wir können nicht gegen sie kämpfen. Sie verfügen über die Mittel und Güter eines ganzen Kontinents, wir nur über ein paar Bauernhöfe.«  – »Kapitulation? Cassivellaunus hat Caesar ins Meer getrieben. Das schaffen wir auch! …«
    Zu Agrippinas Überraschung stand Cunedda auf. Er gehörte zu den Jüngsten hier, aber sein Status als Angehöriger von Cunobelins Familie brachte ihm eine kurze Stille ein. »Bei allem Respekt vor Braint, ich glaube nicht, dass Frieden möglich ist. Dazu sind die Dinge schon zu weit gediehen. Und wir Catuvellaunen sind in großer Gefahr. Die Römer wissen bestimmt, dass wir ihr stärkster Feind sind, und wir haben mehr zu verlieren als alle anderen. Denkt nach: Wenn wir kämpfen und verlieren, werden uns die Römer unserer Macht berauben.«
    »Und wenn wir kämpfen und siegen?«, knurrte Nectovelin.
    »Dann kommen die Römer zurück, und ihre Rache
wird schrecklich sein. Sie können es sich nämlich nicht leisten, vor den von ihnen unterworfenen Völkern schwach zu erscheinen.«
    Caratacus schürzte

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