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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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totalen Krieg stieß in ihrem zornerfüllten Innersten auf Widerhall; sie sehnte sich danach, römisches Blut fließen zu sehen.

IX
    Narcissus gelangte zu einer Erhebung, die sich neben dem Weg dahinzog. Er trennte sich von seinen Begleitern und trieb sein Pferd die Anhöhe hinauf. Von dort schaute er zur Kolonne zurück.
    Er hätte es keinem der Offiziere, nicht einmal seinem Verbündeten Vespasian eingestanden, aber eine römische Armee auf dem Marsch war ein fantastischer Anblick. Die Legionäre zogen in einem endlosen Strom vorbei, ihre metallene Rüstung glänzte unter der wässrigen britannischen Sonne, und die Standartenträger identifizierten jede Einheit. Außerdem war die Armee laut . Die Landschaft erbebte unter dem leisen Donnern vieler tausend Füße, das vom amphitheaterartigen Gemurmel einer großen Zahl von männlichen Stimmen, dem Scheppern von Metall auf Metall und den schneidenden Klängen von Signalhörnern überlagert wurde.
    Die Männer waren schwer beladen. Jeder von ihnen trug neben seinen Waffen und seiner Rüstung umfangreiches Gepäck mit diversen Utensilien: Säge, Korb, Axt, Wasserflasche, Sichel, Kette, Spaten, Teller und Pfanne sowie eine Dreitagesration. Narcissus hatte die Männer über diese Last murren hören; sie nannten sich »Marius’ Packesel«, nach Gaius Marius, dem
großen Feldherrn, der die römische Art der Kriegsführung nicht unwesentlich geprägt hatte. Aber dies bedeutete, dass jede Einheit auf Kommando kampfbereit war – oder bereit, eine Befestigungsanlage auszuheben oder eine Brücke zu bauen – und die Armee insgesamt nicht durch einen langen Gepäckzug belastet wurde.
    Abseits der aus Legionären bestehenden Hauptkolonne gingen oder ritten die Hilfstruppen. Die für spezielle Kampfaufgaben ausgebildeten Fußsoldaten – die Steinschleuderer, Speerwerfer und Lanzenkämpfer, die Bogenschützen mit ihren Kettenpanzern und Bogen – marschierten wie die Legionäre, während berittene Einheiten die Kolonne zum Schutz der Fußtruppen flankierten. Die meisten Angehörigen dieser Auxiliartruppen waren in den Provinzen oder sogar in den jenseits von ihnen gelegenen barbarischen Ländern rekrutiert worden, und mit ihren exotischen Helmen, Umhängen und Tuniken waren sie bunte Farbkleckse in der tristen britannischen Landschaft. Tatsächlich stammten jetzt auch viele Legionäre aus den Provinzen, eine große Veränderung seit Caesars Zeiten, und wenn die jeweiligen Kohorten nahe genug waren, hörte Narcissus das Geplapper fremder Zungen. Diese römische Armee war ein gewaltiges Völkergemisch; ihre Soldaten stammten aus aller Herren Länder, von Gallien bis Asien, von Germanien bis Afrika, und dennoch arbeiteten sie alle einträchtig unter dem Befehl eines guten Römers zusammen.
    Und die marschierenden Männer wirbelten eine Staubwolke auf, in der sich die Sonne fing, sodass sich
ein Lichtband schnurgerade über die sanft gewellte britannische Landschaft erstreckte.
    Vespasian kam herbeigetrabt. »Du solltest dich nicht einfach so von der Kolonne entfernen, Sekretär. Vergiss nicht, wir befinden uns in Feindesland.«
    »Oh, ich stelle gern einmal deine Wachsamkeit auf die Probe, Legat. Und welch ein Anblick!«
    »Wohl wahr. Die armen kleinen Britannier.« Brittunculi . »Die Legionen werden sie zermalmen wie Pfefferkörner in einem Mörser.«
    »Nun, es ist ein organisatorisches Wunderwerk«, sagte Narcissus. »Als wäre eine ganze Stadt auf dem Marsch.«
    »Aulus Plautius ist nun einmal äußerst penibel.«
    »Seine Feinde behaupten, er sei nichts anderes als penibel«, sagte Narcissus leise.
    Vespasian zog die Augenbrauen hoch. »Willst du auch meine Loyalität auf die Probe stellen? Ich nehme an, das ist deine Aufgabe. Ich folge jedenfalls lieber einem Mann wie Plautius als einem Caesar. Wir brauchen Planung und Kontrolle, nicht Genialität – Einsatz für die Sache, nicht für sich selbst.«
    Narcissus dachte darüber nach. Tatsächlich kannte er Aulus Plautius ein wenig besser, als Vespasian wahrscheinlich vermutete. Die Plautier hatten eine etwas verworrene Beziehung zur kaiserlichen Familie. Eine Tochter des Vetters von Plautius’ Vater war die erste Gemahlin des Kaisers Claudius gewesen – und ihre Mutter wiederum eine enge Freundin von Livia, der manipulativen und gefährlichen Gattin des Augustus.
Aulus Plautius war also von seiner Person her eine gute Wahl für dieses äußerst wichtige Vorhaben, und wie es sich ergab, eignete er sich dank seiner

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