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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Schritte von der Stelle entfernt, wo wir jetzt stehen. Und wir können nichts dagegen tun!«
    »Vielleicht doch«, sagte Agrippina. Auf einmal flogen ihre Gedanken. Vielleicht war es die Prophezeiung, die ihren Verstand in Schwung brachte. »Cunedda.
Ich habe eine Idee. In der Scheune gibt es doch bestimmt unterirdische Vorratsgruben.«
    Er runzelte die Stirn. »Und?«
    »Meinst du, dass die Römer von ihnen wissen? Vielleicht ist ihnen gar nicht klar, dass das Gebäude ein Getreidespeicher ist. Wenn wir uns dort hineinschleichen könnten …«
    Allmählich verstand er. »Und uns in den Gruben verstecken. Soll der Kaiser ruhig kommen. Und dann …«
    Und dann, dachte Agrippina, konnten sie einen Schlag führen, der die ganze Welt erbeben lassen würde. Jähe Hoffnung sprühte Funken in ihrer Brust.
    Auch Cuneddas Lebensgeister schienen zum ersten Mal seit der Schlacht wieder gänzlich erwacht zu sein. »Braint hatte recht, Agrippina. Vielleicht braucht es eine Frau, um gegen die Römer zu kämpfen!«
    Sie legte ihm einen Finger auf die Lippen. »Pst. Wir dürfen nicht riskieren, dass jemand uns hört. Gehen wir zu Nectovelin. Wir werden seine Hilfe brauchen.« Und sie musste die Prophezeiung wieder in seinen Kleiderhaufen stecken, bevor er diese elenden Hühner fertig gerupft hatte.
    Aufgeregt, entflammt von ihrem geheimen Plan, eilten die beiden Hand in Hand zu Braints Haus zurück.

XIX
    Mitten in der Nacht fiel es Agrippina, Nectovelin und Cunedda nicht schwer, sich in die alte Scheune zu schleichen. Wie Agrippina erwartet hatte, gab es dort tatsächlich eine Vorratsgrube im Boden. Die drei stiegen hinunter und brachten eine Armeslänge unter der Bodenfläche eine Decke aus Holzbrettern an. Nachdem sie sicher begraben waren, füllten Freunde von Braint das verbliebene Loch mit Erdreich auf, stampften es ordentlich fest und bedeckten dann den Boden mit Stroh.
    Kein Catuvellaune wäre auf diese List hereingefallen. Aber die Römer hatten sich das Innere des Gebäudes noch gar nicht angesehen und wussten wahrscheinlich nichts über catuvellaunische Scheunen, und die Möglichkeit, dass sie nicht misstrauisch sein würden, wenn sie hineinschauten und eine durchgehende Bodenfläche sahen, wog das Risiko auf.
    Nun mussten Agrippina und ihre Gefährten nur noch den Rest der Nacht und einen ganzen weiteren langen Spätsommertag in diesem Loch im Boden durchstehen. Es war nicht tief genug, dass sie aufrecht sitzen konnten, und so lagen die drei aneinandergeschmiegt da »wie drei Welpen eines Wurfs«, sagte
Nectovelin. Nach ein paar Stunden fand Agrippina selbst Cuneddas Nähe unangenehm.
    Sie hatten reichlich Wasser dabei, und während sich in dem luftdichten Loch allmählich eine erstickende Hitze aufstaute, tranken sie einen großen Teil davon. Nectovelin hatte Gefäße zum Urinieren mitgebracht. Er hatte sogar etwas zu essen dabei – getrocknetes Brot, Dinge, die keinen Geruch von sich gaben, der den Argwohn eines schafsköpfigen römischen Soldaten erregen würde, wie er sagte. Agrippina verstand nicht, wie er in einer solchen Situation essen konnte, aber Nectovelin erklärte, er wolle nicht, dass ihr Magenknurren die Römer aus ihrem Schlummer weckte. Nectovelins Gedärm gab zwar keine Geräusche von sich, wohl aber giftige Gase, was nicht gerade zu ihrem Wohlbefinden beitrug.
    Sie hatten also nichts zu tun, als in der zunehmend stinkenden Dunkelheit zu liegen und zu warten. Zu warten und nachzudenken.
    Agrippina konnte die Prophezeiung nicht vergessen. Am liebsten hätte sie mit Cunedda und Nectovelin darüber gesprochen, aber sie wusste, dass es unmöglich war. Doch je mehr sie die Bedeutung der rätselhaften Zeilen zu ergründen versuchte, desto mehr fragte sie sich, was der Text wohl über ihre Aussichten auf einen Sieg an diesem Tag aussagte – und je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr Furcht sammelte sich in ihrem Herzen. Drei mächt’ge Kaiser .
    Am späten Vormittag, nach ihrem Zeitgefühl zu urteilen, krachte und knallte es oben plötzlich, und man
hörte Hämmern und Splittern, durchsetzt von Pfiffen und fröhlichen Flüchen auf Lateinisch, Germanisch und Gallisch. Die Legionäre rüsteten die Scheune für den Aufenthalt des Kaisers aus. Agrippina lag stocksteif da, voller Angst, dass ein Husten oder Niesen sie verraten würde, und machte sich Sorgen, irgendein fetter Soldat könnte in ihr Loch durchbrechen. Danach kam eine Pause, die sich wahrscheinlich über die Mittagszeit erstreckte.

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