Imperator
ihm an der Küste entlang folgte. Allerdings war der Legat nun zurückgerufen worden, um an den kaiserlichen Feierlichkeiten teilzunehmen.
Und jetzt war es an der Zeit, die letzten Vorbereitungen für Claudius’ Sieg zu treffen.
»Er wird unverzüglich ein Audienzhaus brauchen«, sagte Narcissus. »Die örtlichen Könige – elf, nach unserer letzten Zählung – stehen Schlange, um ihm Gehorsam zu schwören.«
»Meine Soldaten sind gute Bauwerker«, erwiderte Vespasian gewandt. »Wir fertigen gerade die Einzelteile eines angemessenen Gebäudes an; mit genug Männern könnten wir es binnen eines Tages aufstellen lassen. Aber es darf erst nach seiner Ankunft errichtet werden …«
»Natürlich! In einer Stadt, die man noch gar nicht erobert hat, kann man schwerlich ein Audienzhaus errichten; damit würde man das Ganze der Lächerlichkeit preisgeben.«
Sie näherten sich der imposantesten kuhfladenförmigen Holz-und-Lehm-Behausung der Einheimischen. »Ich dachte an dieses hier«, sagte Vespasian.
Narcissus war schockiert. »Du erwartest, dass ein Kaiser in diesem Misthaufen residiert?«
»Das war der … äh … ›Palast‹ des großen Königs
Cunobelin und seiner Söhne, die ihm nachgefolgt sind, Sekretär. So leben die Menschen hier.«
»Mag sein, aber nicht die Römer – und übrigens auch kein Grieche. Wenn es wirklich Cunobelins Haus ist, müssen wir natürlich in der Nähe sein, aber ich werde Claudius nicht in diesem Loch unterbringen.« Narcissus marschierte um das große Haus herum, bis er zu einem kleineren Gebäude gelangte, das für mediterrane Augen konventioneller wirkte, einer Holzhütte mit niedrigem Dach und rechteckigem Grundriss. »Wie wär’s damit?«
Einer der Soldaten hüstelte und wandte den Blick ab; offenbar versuchte er, ein Lachen zu unterdrücken.
»Ich glaube, das ist ein Stall, Sekretär. Oder eine Scheune. Man kann einen Kaiser doch nicht in einer Scheune einquartieren.«
Narcissus’ Stolz war angestachelt. »Ein guter quadratischer Grundriss wird weitaus mehr nach dem Geschmack des Kaisers sein. Ich habe mich entschieden. Lass es säubern, Legat.«
Vespasian verneigte sich mit ausdruckloser Miene. »Wie du wünschst. Ah, da ist Marcus Allius mit den Rekruten.«
Die drei Soldaten kehrten mit ungefähr zwanzig Einheimischen zurück, allesamt Männer, keiner älter als vierzig Jahre. Sicherlich hätten sie die drei Legionäre mühelos überwältigen können, aber sie folgten ihnen so friedlich wie eine Schafsherde. Hinter ihnen kamen allmählich weitere Stadtbewohner herbei, um sich das Schauspiel anzusehen.
Allius bellte ein paar Worte im lokalen Dialekt, Schwertstahl blitzte auf, und die Männer nahmen rasch Aufstellung. Vespasian schritt die grobe Reihe in seiner glanzvollen Rüstung ab; im Kontrast zu diesen schäbigen Einheimischen sah er noch prachtvoller aus. »Bei Jupiter, was für ein trauriger Haufen. Wohlgenährt hätten sie ja meinetwegen sein könnnen, aber auch noch x-beinig, dickbäuchig und halb debil!«
Narcissus murmelte fasziniert: »Sie betrachten uns wie Vieh. Sie wissen nicht, ob sie Angst vor uns haben oder uns um etwas zum Naschen bitten sollen.«
»Tja, wir werden uns mit ihnen begnügen müssen«, sagte Vespasian. »Wir können ihnen über Nacht eine elementare Grundausbildung angedeihen lassen und sie ein wenig in Form bringen, sodass sie andeutungsweise Ähnlichkeit mit einer Kampfgruppe besitzen – jedenfalls in ausreichendem Maße, dass die Chronisten des Kaisers etwas haben, worüber sie schreiben können. Marcus Allius, verstehst du ihr Geplapper gut genug, um ihnen zu erklären, was von ihnen verlangt wird? Sie werden für ihren Auftritt bezahlt, aber nur, wenn sie einigermaßen gut kämpfen. Wir werden versuchen, die Verletzungen möglichst gering zu halten, und nur einige wenige werden ums Leben kommen.«
»Sag ihnen, sie sollen sich das Gesicht anmalen«, verlangte Narcissus.
Vespasian schürzte die Lippen. »Auf dem Schlachtfeld haben wir keine bemalten Gesichter gesehen, Sekretär.«
»Caesar hat von bemalten Gesichtern berichtet,
also werden wir bemalte Gesichter haben. Blau, wenn möglich.« Narcissus, mit den Gedanken jetzt vollständig bei der dramatischen Ausgestaltung der siegreichen Ankunft des Kaisers, war mit dem Aufgebot vor ihm unzufrieden. »Es gab doch auch Frauen auf dem Schlachtfeld, nicht wahr?« Er marschierte kühn auf eine Gruppe von Zuschauern zu, ein Mädchen mit rotblondem Haar, das vielleicht
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