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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Armee kämpfen wollen «, sagte Lepidina. »Ich meine, was wäre, wenn sie gesiegt hätten? Also, ohne die Armee …« Ihre Stimme verklang, und sie sah ihn mit leerer Miene, großen Augen und offenem Mund an, wie ein Kind.
    Sie hatte ein erstaunlich behütetes Leben geführt, sann Brigonius. Er verspürte den Drang, sie zu beschützen  – einen Drang, der zweifellos vom Begehren herrührte, aber trotzdem echt war, dachte er.
    »Nicht jeder mag die Römer«, erwiderte er sanft. »Ihre Steuern, ihre Aushebungen zur Zwangsarbeit …«
    »Du magst sie bestimmt«, sagte Lepidina scharf. »Du verkaufst ihnen deinen Stein.«
    »Das heißt nicht, dass sie meine Freunde sind.« Er grinste. »Ich nehme mir ein Beispiel an meinem Vater und presse die Römer bis zum Weißbluten aus, wenn ich kann.«
    Severa nickte – beifällig, wie ihm schien. »Hast du viel von deinem Vater gelernt?«
    »Er ist vor ein paar Jahren gestorben.«
    »Dennoch stützt du dich noch immer auf seine Erfahrungen, während du allmählich deine eigenen erwirbst. Eine vernünftige Strategie. Wir alle sind von der Vergangenheit geprägt, nicht wahr, Brigonius?
Tatsächlich säßen wir jetzt nicht hier, wenn es nicht tief reichende historische Verbindungen zwischen uns gäbe.«
    »In deinem Brief sprichst du von deiner Großmutter, die Brigantin war, aber nach Rom gegangen ist.«
    »Agrippina, ja. Sie ist vor meiner Geburt gestorben, aber meine Mutter hat mir alles über sie erzählt. Ein faszinierendes Leben! Jemand sollte es aufschreiben. Und du musst wissen, Brigonius, sie kannte deinen Urgroßvater, der Cunedda hieß …«
    »Wie mein Vater.«
    »Ja. Und dessen Vater vor ihm. Angeblich kannten sich Agrippina und Cunedda zur Zeit von Claudius’ Einmarsch in Britannien. Deine Angehörigen waren Catuvellaunen, Brigonius. Die Familie meiner Großmutter besaß einen Anteil an einem Steinbruchunternehmen. In ihren späteren Jahren übertrug Agrippina ihn deiner Familie – dem Sohn jenes ersten Cunedda. So kam deine Familie zu ihrem Anteil an diesem Unternehmen und zog nach Brigantien, um es in Besitz zu nehmen. In gewissem Sinn stehst du also in meiner Schuld, nicht wahr?«
    Brigonius, der sich manipuliert fühlte, war sich da nicht so sicher.
    Lepidina hörte das alles offenkundig nicht zum ersten Mal. »Ich glaube, sie waren mehr als Freunde«, sagte sie spitzbübisch. »Agrippina und ihr Cunedda. Weshalb sonst ein solch extravagantes Geschenk? Ich glaube, sie haben sich geliebt!« Mit großen Augen flüsterte sie: »Was meinst du, Brigantius – Brigonius?
Überschreitet die Liebe die Generationen, steht die Liebe außerhalb der Zeit?«
    Es war natürlich nur ein Spiel. Aber er verspürte eine warme Aufwallung im Innern.
    Die Geräusche draußen wurden lauter. Lepidina bückte sich und schaute unter der Plane hinaus. »Rutupiae!« , sagte sie. »Wir sind gleich da.«

III
    Bald darauf blieb die Kutsche im dichten Verkehr stecken. Die drei Passagiere stiegen aus – Brigonius zügig, die Frauen voller Eleganz –, ließen den namenlosen Sklaven mit der Kutsche zurück und gingen zu Fuß weiter.
    Die Luft vom Meer war frisch, die Sonne strahlte. Auf der Straße wimmelte es von Bürgern und ihren Fahrzeugen, Sklaven und Tieren. Alle strömten zur Küste, wo die Straße am Fuß des mächtigen Triumphbogens endete. Kinder rannten den Erwachsenen aufgeregt um die Beine, und das Stimmengewirr zahlloser Gespräche erhob sich aus der langsam vorrückenden Menge. Straßenhändler verkauften Fleischstücke an Spießen, Austern – eine Spezialität von Rutupiae –, Andenken und Plunder zur Begrüßung des Kaisers, Fähnchen in kaiserlichem Purpur und Miniaturen des ernsten, bärtigen Gesichts, das den Menschen durch die Münzen so vertraut geworden war.
    Brigonius übernahm mit seinen breiten Schultern die Führung, und die drei bahnten sich ihren Weg durch das Gedränge. Brigonius überragte die meisten; vielleicht ernährten sich die Briganten besser als diese den Römern gehörenden Cantiacer. Seine Stimmung
hob sich; die Fröhlichkeit der Menge steckte ihn an. »Es hat etwas von einem Fest«, sagte er.
    »Natürlich«, erwiderte Severa. »Darum geht es ja. Die Kaiser haben sich an Feiertagen immer der Menge gezeigt, in den Amphitheatern. Nun lässt sich dieser neue Kaiser in den Provinzen sehen – ich glaube, er möchte von einem Ende seines Reiches zum anderen reisen, als wäre es ein einziges riesiges Amphitheater.«
    »Warum?«
    »Nun, er

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