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Imperator

Imperator

Titel: Imperator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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verschmolzen nahezu vollkommen miteinander –, dazu ein Halstuch, irgendein purpurrotes und rosafarbenes Gewebe, so leicht wie Nebel.
Sie war so zart, so blass, dass sie nur lose mit der Realität verbunden zu sein schien. Erneut kam er sich mit seinen schwarzen Haaren und der dunklen Haut wie ein Bauerntrottel vor, ein Klumpen Erde, verglichen mit diesem Geschöpf aus Luft und Feuer.
    Severa beobachtete ihn. »Du musst Brigonius sein«, sagte sie trocken.
    Immer noch wie ein Kind auf seinem Meilenstein hockend, starrte er das Mädchen an. Mühsam kam er auf die Beine, und eine Staubwolke stieg um ihn empor. Die Augen der Tochter weiteten sich, als sie sah, wie groß er war. »Verzeihung«, sagte er.
    »Ich bin Claudia Severa. Meine Tochter, Lepidina.«
    Das Mädchen wandte sich schüchtern ab. Er versuchte, seine Aufmerksamkeit auf Severa zu richten. »Wie hast du mich erkannt?«
    »Das war nicht schwer«, sagte Severa. »Ich habe nur nach dem Bart Ausschau gehalten. Die Cantiacer sind glatt rasiert, weißt du, wie alle guten Römer!«
    »Ich, äh …«
    Das Mädchen sprach zum ersten Mal. »Du scheinst von mir fasziniert zu sein, Brigantius.«
    »Brigonius. Ich bin Brigant. Mein Name ist Brigonius …«
    »Gefällt dir mein Halstuch?« Sie berührte es. Seine Farbe passte perfekt zu dem Grau ihrer Tunika, und es warf reflektiertes Sonnenlicht auf die weiche weiße Haut ihres Halses.
    Erneut konnte er den Blick nicht von ihr wenden. »Ein solches Material habe ich noch nie gesehen.«

    »Wie könntest du auch. Das ist Seide. Sie kommt aus einem Land im Fernen Osten, noch jenseits der Parther. Niemand weiß, wie sie gemacht wird – stell dir das vor!«
    Jetzt sah er, dass ihr Halstuch von einer kleinen Spange gehalten wurde: ein Gebilde aus gebogenem, sich kreuzendem Silberdraht, vielleicht ein stilisierter Fisch. »Das ist ein hübsches Schmuckstück. Der Fisch.«
    Severa hatte offensichtlich nichts von der Spange gewusst. Sie funkelte ihre Tochter wütend an. »Versteck das, du dummes kleines Ding!«
    Widerwillig verhüllte Lepidina die Spange.
    Severa ging um Brigonius herum und musterte ihn von oben bis unten, als wäre er ein Pferd. »Nun, du bist offenbar ein von der Sinneslust verwirrter Narr, wie alle Männer. Aber du bist hinlänglich gesund, und du scheinst ehrlich zu sein. Ich glaube, wir werden miteinander ins Geschäft kommen, du und ich. Aber zuerst müssen wir den Kaiser begrüßen. Fährst du mit uns nach Rutupiae? In der Kutsche ist noch Platz.«
    Lepidina, die jetzt auf mädchenhafte Weise freundlich war, hängte sich bei ihm ein. Sie war weich und wohlriechend, wie eine duftende Wolke. »O ja, bitte. Wir haben Obst und Wein. Das wird bestimmt lustig!«
    So fand Brigonius sich zwischen Mutter und Tochter im Schatten des Kutschendachs wieder.
    Die Kutsche reihte sich in den Verkehrsstrom Richtung
Rutupiae ein. Der Sklave führte Brigonius’ Pferd. Als sie über die flache Küstenebene rollten, stieg Brigonius schon bald ein erster Hauch salziger Meeresluft in die Nase, und er erspähte die strahlend weißen Schultern des Monuments in Rutupiae, ein Wahrzeichen, das in allen Richtungen meilenweit sichtbar war. Währenddessen füllte sich die Luft in der Kutsche mit dem anregenden Duft von Kosmetika, und die Frauen nötigten ihm einen wohlschmeckenden leichten Wein und in gemahlenen Pfeffer getunkte Erdbeeren auf.
    »Wir haben von euren Problemen gehört«, sagte Severa.
    »Problemen?«
    »Der Aufstand in Brigantien. Solche Dinge sprechen sich bis nach Rom herum, weißt du!«
    »Aufstand ist ein zu großes Wort dafür«, wehrte Brigonius ab. »Es hat mit einem Krawall in der Nähe von Vindolanda angefangen. Wegen einer Ungeschicklichkeit eines Dekurios.« Tatsächlich hatte der Offizier einen brigantischen Arbeiter geschlagen, den er fälschlich des Diebstahls bezichtigt hatte. »Ehe man sich’s versah, gab es überall Ärger. Ein paar junge Leute haben die Gelegenheit für ihre kleinen, schäbigen Banditenaktionen genutzt.«
    »Ich dachte, es wäre ernster«, sagte Severa.
    »Oh, die Armee musste ausschwärmen.« Nachdem man die Soldaten aus ihren Bordellen und Badehäusern geholt hatte, waren sie wie üblich mit maximaler Gewalt gegen die Rebellen vorgegangen und hatten
Köpfe eingeschlagen, ein paar Dörfer niedergebrannt und einen Haufen Frauen und Kinder in die Sklaverei verschleppt. »Sie haben die Probleme rasch beseitigt.«
    »Ich verstehe nicht, weshalb die Leute überhaupt gegen die

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