Imperator
Rücken. »Ich weiß gar nicht, warum du so ein ernstes Gesicht machst, Brittunculus «, sagte er. »Mir scheint, der Statthalter hat gerade einen zusätzlichen Berg von deinen Steinen bestellt.«
XVIII
Es dauerte einen weiteren Monat bis zum letzten Akt des Nachspiels der Rebellion.
Die Hinrichtung sollte außerhalb des Lagers von Banna stattfinden. Jeder, der nicht mehr als einen halbtägigen Fußmarsch entfernt lebte, wurde aufgefordert, daran teilzunehmen, ebenso wie die Führer der civitas .
Zur festgelegten Stunde verließ Brigonius das Lager. Er gesellte sich zu einer trübsinnigen Versammlung von etwa hundert Personen, Männer, Frauen und Kinder, die um das auf dem Boden liegende Kreuz herumstanden. Der Augusttag war ungewöhnlich warm: Es sei eine römische Hitze, sagte Karus, eine schwere Hitze, die einem jede Lust raube und die Gedanken zerfließen lasse, die Hitze der Eroberer.
Zu Brigonius’ Überraschung war auch Severa erschienen, zusammen mit Karus. »Euch beide hätte ich hier nicht erwartet. Ich wusste nicht, dass ihr Geschmack an solchen Spektakeln findet.«
»Ich ganz bestimmt nicht«, sagte Karus mit grauem Gesicht. »Für mich ist das so etwas wie eine grimmige Pflicht. Manchmal gehört es zu meinen Aufgaben, die Todesstrafe zu fordern. Ich finde, ich sollte mir hin
und wieder ins Gedächtnis rufen, was das nach sich zieht.«
Severas Miene war ausdruckslos. Sie war in einen weißen Mantel gehüllt. »Was mich betrifft, so fand ich, dass ich die Folgen eines törichten Krawalls, der meine Pläne derart beeinträchtigt hat, bis zur Neige auskosten sollte. Allerdings hatte ich angenommen, dass meine Tochter hier wäre. Schließlich verehrt sie einen Gott, der auf diese Weise gestorben ist. Man sollte meinen, sie betrachte das hier als Teil ihrer theologischen Ausbildung.«
»Du bist zu streng mit dem Mädchen«, sagte Karus leise. »Dies ist nicht der richtige Ort für sie, weißt du. Du zerstörst ihre Seele.«
»Ich glaube, ich kenne meine Tochter.«
Karus betrachtete sie. »Früher habe ich dich bewundert. Ich habe dich begehrt – ich bin sicher, du weißt das. Und deine Intelligenz hat mich in Erstaunen versetzt; dein Blick hat Jahrhunderte durchdrungen. Aber vielleicht hat dich deine Distanz von der Geschichte deiner Menschlichkeit beraubt, Severa. Vielleicht hast du etwas von der manipulativen Kälte des Webers in deinem Herzen …« Aber seine Worte verklangen, und in Severas wütendem Blick lag nur Verachtung für diesen Mann, der ihr engster Verbündeter gewesen war.
Was Brigonius betraf, so hatte er Severa nichts zu sagen. Irgendwie kam ihm die Gesellschaft dieser bösartigen, zielstrebigen Frau an diesem schrecklichen Tag angemessen vor.
Es gab einen kleinen Tumult. Brigonius drehte sich
um und sah eine Gruppe von Soldaten, die einen Gefangenen aus dem Lager schleiften. Sie ragten über ihm auf; er war nur ein Junge. Brigonius und seine Gefährten mussten beiseitetreten, um die Gruppe durchzulassen. Einen Moment lang sah der Junge Brigonius in die Augen. Es war Similis, Tullios britannischer Sklave. Der Junge schien Brigonius zu erkennen, der ihm einmal gedankt hatte, weil er ihm Wein gebracht hatte. Dann ging der Moment vorüber, und die Verbindung zwischen ihren Seelen zerriss.
Die Soldaten stießen den Jungen energisch zu Boden. Sie banden ihm die Arme ans Kreuz. Dann legten sie einen Fuß über den anderen und trieben einen langen eisernen Nagel hindurch, um beide Füße aufrecht am Kreuz zu befestigen. Es war ein außerordentliches Geräusch, als treibe jemand einen Spieß in eine Schweinehälfte. Der Junge blieb stumm; er keuchte heftig, voller panischer Angst. Wie Brigonius gehört hatte, war das Festnageln seltsamerweise mit relativ geringen Schmerzen verbunden. Mit einiger Anstrengung richteten die Soldaten das Kreuz grunzend auf und steckten seinen Fuß in ein Loch im Boden. Als das Kreuz in Position geruckelt wurde, glaubte Brigonius, das Fleisch in den Füßen des Jungen zerreißen zu hören. Jetzt begannen die Schreie.
»Oh, habt Erbarmen!«, sagte Karus, aber es war ein Flüstern, zu leise, als dass die Soldaten es hören konnten.
»Erbarmen?«, sagte Severa düster. »Das Leiden ist notwendig. Nicht für ihn und das Verbrechen, das er
begangen hat, sondern für uns, damit wir künftig nicht gegen die Gesetze verstoßen.«
»Aber er hat gar kein Verbrechen begangen«, empörte sich Karus. »Das ist ja so maßlos ungerecht an der ganzen
Weitere Kostenlose Bücher