Imperator
wirkten sie noch furchteinflößender. Brigonius wurde das Herz schwer, als er an die Streitmacht dachte, die sich ihnen entgegenstellen würde, einen Haufen unzufriedener brigantischer Bauernjungen, aufgehetzt von Hitzköpfen wie Matto, ausgerüstet mit rostigen Waffen, die ihre Großväter seit Cartimanduas Zeiten in Getreidegruben verborgen hielten.
XVII
Einen Monat nach der Niederschlagung des Aufstands reiste Statthalter Nepos aus Londinium an, um sich persönlich ein Bild von den Schäden zu machen.
Nepos klapperte die Kastelle ab, ritt am ganzen Wall entlang und sprach mit seinen höheren Befehlshabern, darunter auch Tullio. Er kehrte für ein paar Tage nach Eburacum zurück, um den Vorsitz bei den Prozessen gegen die mutmaßlichen Rädelsführer des Aufstands zu übernehmen. Und er verkündete mit der Ausgewogenheit klügerer Römer, dass er eine Entschädigung für Bauern in Erwägung ziehe, die größere Ländereien verloren hätten – immer vorausgesetzt, sie könnten beweisen, dass sie nicht am Aufstand teilgenommen hatten.
Dann kam er nach Banna, wo er eine Überprüfung anordnete. Tullio, Annius und ihr Stab wurden einbestellt, ebenso wie höhere Offiziere aus den Kastellen, ein paar Tribunen aus jeder der drei Legionen und der Architekt, Xander, mit seiner Gönnerin Severa, dazu Brigonius und andere örtliche Zulieferer.
Die Stimmung bei der Besprechung war von Anfang an gereizt. »Wie konnte das passieren, Präfekt?«, wollte Nepos von Tullio wissen.
»Es gab Mängel bei der Informationsbeschaffung«, gestand Tullio ein, »aber die haben wir abgestellt. Und die Sicherheitsmaßnahmen waren unzureichend, weshalb wir sie verschärft haben.« Brigonius konnte das bestätigen; die blauen Flecken, die ihm Soldaten an den Toren zugefügt hatten, bewiesen es. »Aber«, fuhr Tullio fort, »wir haben einfach nicht mit einem solchen Angriff gerechnet. Der Wall soll Überfälle aus dem Norden verhindern, nicht aus dem Süden!«
Nepos schüttelte den Kopf. »Es fällt mir immer noch schwer, das zu glauben. Dies hat Auswirkungen auf alles, was wir hier tun. Wenn so etwas noch einmal passiert …«
»Das wird es nicht«, sagte Severa rasch. »Dies war ein kleiner Aufruhr unter unzufriedenen brigantischen Bauern, Statthalter. Wenn sie deine nachsichtigere Politik erst einmal akzeptiert haben …«
Nepos funkelte sie an, bis sie verstummte. »Meiner Ansicht nach bauen wir hier für Jahrhunderte, gute Frau. Vielleicht wird Brigantien ein oder zwei Jahre lang ruhig bleiben. Aber mit der Zeit wird eine neue Generation junger Stiere heranwachsen, die sich einbilden, ihre Großväter seien nicht weit genug gegangen – es wäre nicht das erste Mal. Wir müssen auf alles vorbereitet sein.«
Ein junger Mann in einer auf Hochglanz polierten Paradeuniform stand auf und ergriff das Wort. »Und das ist nicht das Einzige, woran wir denken müssen.« Er verneigte sich vor dem Statthalter. »Mein Name ist Galba Iulius Sabinus, Herr. Ich bin ein Tribun der
Sechsten; mein Legat in Eburacum hat dir seinen Bericht über die neuen militärischen Anordnungen geschickt.«
»Die verdammten Legionen sind gar nicht zum Einsatz gekommen«, knurrte Tullio.
»Aber es hätte durchaus sein können«, sagte Sabinus, auf mühelose Weise Herr der Lage.
Nepos nickte dem Tribun zu. »Ich habe den Bericht gelesen. Du kannst die Ergebnisse zusammenfassen, Iulius Sabinus.«
Sabinus war ein gut aussehender junger Mann mit markanten Zügen und dichtem dunklen Haar. Brigonius dachte, dass er vermutlich ein echter Römer war – als Tribun musste er der Senatorenklasse entstammen, und seine Karriere würde ihn eines Tages vielleicht auf einen Posten wie den von Nepos führen. Brigonius rief sich immer wieder in Erinnerung, dass die Geschehnisse in Britannien für Männer wie Nepos und Sabinus nur eine Episode in einer langen beruflichen Laufbahn waren.
»Wir von der Sechsten, die wir schon vor dem Aufstand Zweifel am praktischen Nutzen des Walls hatten, haben inzwischen eine große Übung veranstaltet, um seine Brauchbarkeit zu prüfen. All dies steht ausführlich im Bericht …«
Das Konzept des Walls sah vor, dass bei größeren Unruhen im Norden die Legionen aus den dahinterliegenden Kastellen zum Einsatz kommen sollten, indem sie durch die Tore ausrückten und dem Feind nördlich des Walls zur offenen Feldschlacht entgegentraten.
Als Einheiten der Sechsten dies ausprobiert hatten, waren sie auf Probleme gestoßen. Zunächst
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