Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
Massen wieder nach draußen zu schieben und ich grinste.
Es waren erstaunlich viele Kinder hier. Mindestens sechs im Alter zwischen acht und elf Jahren. Ich hatte angenommen, dass es ein Mindesteintrittsalter gab, also war ich verwundert. Mein Blick wanderte weiter und blieb an einem Pärchen hängen. Der Junge hatte von hinten seine Arme um seine Freundin geschlungen und sie fest an sich gezogen. Sie sahen so friedlich aus und der Zeit entrückt, dass ich sie sofort hasste. Vermutlich würden sie an jeder Ecke herumknutschen und alle mit ihren Liebesbekundungen belästigen. Zumindest mich. Die ich nicht neidisch war. Und nicht plötzlich doch wieder wütend darüber, dass ich Colin und Anna so einfach hatte ziehen lassen. Und unentschieden ob mich eher sein oder ihr (gleichwohl begründetes) Desinteresse an mir mehr verletzte. Man konnte eben nur eine gewisse Zeit lang versuchen, sich selbst etwas vorzumachen.
Ben war meinem Blick gefolgt und sah mich jetzt an, als ich die Zähne zusammenbiss. „Ich… bin gegen den blöden Pfosten gestoßen“, log ich und Ben tat mir den Gefallen, das Stirnrunzeln aus seinem Gesicht zu verbannen und so zu tun, als glaubte er mir.
„Dass die aber auch einfach so plötzlich aus dem Nichts auftauchen müssen!“ schimpfte er und fuhr im nächsten Augenblick mit einem entsetzten Quieken zurück, direkt gegen mich. Wir hatten mittlerweile den Eingangsbereich erreicht, in dem an den Seiten Zellentüren angebracht waren. Einige ratterten unvermutet in ihren Angeln, bei anderen bewegte sich quietschend der Türknauf nach links und rechts und bei der direkt neben Ben war ein Monitor angebracht, der zunächst nichts und dann urplötzlich das zu einem Grauen erregenden Grinsen verzerrte Gesicht eines Mannes mit langen, verfilzten Haaren zeigte, der laute Beschimpfungen und Verwünschungen ausstieß. Dann war er wieder verschwunden, um in einer Wiederholungsschleife auf sein nächstes Opfer zu warten.
Einige der Leute um uns herum lachten, obwohl sie selbst zusammengefahren waren, doch Ben sah das völlig gelassen. „Ohne Erschrecken ist es ja unlustig“, kommentierte er lapidar und legte damit so etwas wie den Grundstein für unseren weiteren Aufenthalt.
Knapp zwei Stunden später hatte ich gequietscht und gezuckt und mit den Zähnen geklappert und so viel Spaß gehabt wie schon lange nicht mehr. Ben war unglaublich! Er hatte sich wie ein kleiner Junge über fast jeden Spezialeffekt und mir war es auch nicht sehr gut gelungen, meine Rolle aufrecht zu erhalten. Colin hätte die Tour maximal bis zur Hälfte interessiert und dann hätte er vermutlich einfach den Rückweg angetreten. Meine Begeisterung stand der meines Begleiters keinen Deut nach. Das einzige, worunter er gelitten hatte, war das Verbot, Fotos und Filme zu machen, doch er hatte sich tapfer daran gehalten, auch wenn er der einen oder anderen Kulisse sehnsüchtig nachgeblickt hatte. Im Großen und Ganzen hatten mich der Dungeon und (ein weiteres Mal) Bens Gesellschaft meine Sorgen und Probleme für eine längere Zeit vergessen lassen. Ich hatte den Spaß gehabt, den ich mir gewünscht hatte, und genoss endlich wieder meinen Urlaub.
Im Shop zeigte sich, dass auch ich wahre Shopping-Queen-Qualitäten besitzen konnte, weil ich fast den halben Laden leer kaufte. Gut, es waren nur etwa zehn Artikel, aber im Geiste nahm ich den Rest auch noch mit.
„Die nächste Halloween Party kann kommen?“ zog Ben mich auf und ich nickte begeistert.
„Ich meine, hast du die Kelche gesehen, die sich selbst wieder mit Kunstblut nachfüllen? Und die Schlüsselanhänger mit Särgen? Und die Keksförmchen mit Totenkopfmotiven? Und die Girlande mit –“
Ben lachte und wies auf den Laden und sich, wohl um zu sagen, dass er auch hier war und Augen im Kopf hatte und ich zuckte verlegen die Schultern.
„Hast du auch das hier gesehen?“ fragte er dann und hielt mir bei dem ‚das‘ eine der gruseligsten Clownzombiemasken vors Gesicht, die ich je gesehen hatte.
Meine Hände schnellten panisch vorwärts und ich schlug ihm das grässliche Teil aus den seinen. Es flog in hohem Bogen in die gegenüberliegende Ecke, wo es mit der Nase gegen das dort stehende Plastikskelett klatschte, das nach hinten und gegen eine Plastikdose mit Gummiaugäpfeln stieß. Natürlich kippte sie um. Natürlich verteilten sich die Bälle über dem Boden und natürlich musste ein hereinkommender Junge fast darauf ausrutschen. Der Augapfelflummi rutschte dabei
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