Imperium
Sharpe hatte zurücklassen müssen.
»Und was soll ich dann mit dieser Akte machen?«
»Schließen Sie sie im großen Safe ein. Falls ich sie wieder brauche, sage ich es Ihnen.«
Als der Chefredakteur der London Evening Post um ein privates Gespräch mit Keith Townsend ersuchte, erhielt er eine sofortige Zusage. In der Fleet Street wußte man, daß
Armstrongs Personal jederzeit bei Townsend willkommen war, sofern der Betreffende etwas Interessantes über seinen Chef zu berichten hatte. Doch diese Möglichkeit hatten bisher wenige genutzt: Falls Armstrong die Sache zu Ohren kam, mußte der Übeltäter sofort seinen Schreibtisch räumen und fand nie wieder Arbeit bei irgendeiner von Dicks Zeitungen.
Es war lange her, daß ein Mann in einer Spitzenposition wie Don Sharpe sich direkt mit Keith Townsend in Verbindung 532
gesetzt hatte. Townsend vermutete, daß Mr. Sharpe bereits wußte, daß seine Tage gezählt waren und sich sagte, er habe nichts zu verlieren. Aber wie viele andere vor ihm, hatte Sharpe darauf bestanden, daß sie sich auf neutralem Boden trafen.
Bei solchen Anlässen mietete Townsend stets die Fitzalan-Suite im Howard Hotel. Es lag ganz in der Nähe der Fleet Street; trotzdem verirrten sich nur sehr selten neugierige Journalisten dorthin. Ein Anruf Heathers beim Chefportier wurde mit absoluter Diskretion behandelt – wie alles andere auch.
Sharpe erzählte Townsend in allen Einzelheiten von dem Gespräch zwischen ihm und seinem Chef, gleich nach dem gestrigen Lunch Armstrongs mit Ray Atkins. Dann wartete Sharpe auf die Reaktion seines Gegenüber.
»Ray Atkins«, murmelte Townsend.
»Ja, der Minister für Industrie.«
»Der Mann, der die endgültige Entscheidung treffen wird, wer den Citizen bekommt.«
»Genau. Deshalb dachte ich mir, Sie würden das gern sofort erfahren«, sagte Sharpe.
»Und Armstrong hat den Ordner mit den Recherchen
behalten?«
»Ja. Aber ich würde nur ein paar Tage brauchen, mir
Duplikate sämtlicher Unterlagen zu beschaffen. Wenn Sie die Story auf der Titelseite des Globe brächten, wird das Kartellamt Armstrong nicht mehr als zukünftigen Eigentümer des Citizen in Erwägung ziehen, da bin ich sicher.«
»Mag sein«, sagte Townsend. »Gut. Sobald Sie alles
beisammen haben, schicken Sie es mir. Markieren Sie das Päckchen in der unteren linken Ecke mit K.R.T., dann geht es ungeöffnet direkt an mich.«
Sharpe nickte. »Geben Sie mir eine Woche, im Höchstfall vierzehn Tage.«
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»Und sollte ich Eigentümer des Citizen werden, können Sie sich darauf verlassen, daß Sie eine Stellung bei der Zeitung bekommen, wann immer Sie möchten.«
Sharpe wollte gerade fragen, welche Art von Stellung Keith sich vorstellte, als dieser hinzufügte: »Bleiben Sie noch zehn Minuten im Hotel.« Als Keith auf die Straße trat, tippte der Chefportier an den Rand seiner Mütze. Keith wurde zur Fleet Street zurückgefahren. Er war nun sicher, daß der Citizen ihm in den Schoß fallen würde.
Ein junger Portier des Hotels, der die beiden Herren getrennt hatte kommen und nun getrennt hatte gehen sehen, wartete, bis sein Chef seine Teepause nahm, bevor er ein Telefongespräch führte.
Zehn Tage später kamen zwei Umschläge in Townsends Büro an, auf deren unteren linken Ecke in fetter Schrift K.R.T. stand.
Heather legte sie ungeöffnet auf den Schreibtisch ihres Chefs.
Der erste Umschlag stammte von einem ehemaligen
Angestellten der New York Times, der die komplette Liste aller Buchhandlungen sandte, die ihre Verkaufszahlen für die Bestsellerliste meldeten. Gut angelegte zweitausend Dollar, ging es Townsend durch den Kopf, als er die Liste zur Seite legte und den zweiten Umschlag öffnete. Er kam von Don Sharpe und enthielt seitenlange Recherchen über die außerberuflichen Aktivitäten des Ministers für Handel und Industrie.
Eine Stunde später war Townsend überzeugt, daß er auch seine zweite Million zurückbekam – und daß Armstrong es bitter bereuen würde, das Geheimnis des Ministers nicht an die große Glocke gehängt zu haben. Er griff nach dem Telefon und erklärte Heather, daß er ein Päckchen habe, das sofort per Eilpost nach New York geschickt werden müsse. Nachdem Heather das betreffende versiegelte Päckchen geholt hatte, rief Townsend den Chefredakteur des Globe an und ersuchte ihn, umgehend zu ihm zu kommen.
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Er schob ihm den zweiten Umschlag über die Tischplatte zu.
»Wenn Sie das erst gelesen haben, werden Sie wissen, wie der morgige
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