Imperium
Citizen einen Platz finden würde. Außerdem – wer interessiert sich schon für seine Eßgewohnheiten? Solche Stories werden uns jeden Tag angeboten. Und weil wir sie zurückweisen, bleibt uns überdies das halbe Dutzend gerichtlicher Verfügungen erspart, die für gewöhnlich die Folge einer Veröffentlichung sind.« McAlvoy und sein Team verließen die Sitzung in der Annahme, sie hätten Armstrong überzeugen können, nicht den gleichen Weg einzuschlagen wie der Globe.
Ihre Überzeugung hielt jedoch nur solange an, bis die Umsatzzahlen des nächsten Quartals auf Armstrongs
Schreibtisch landeten. Ohne sich zuvor mit jemandem darüber zu beraten, griff Dick nach dem Telefon und verabredete sich mit Kevin Rushcliffe, dem stellvertretenden Chefredakteur des Globe.
Rushcliffe traf noch am selben Nachmittag bei Armstrong Communications ein. Einen größeren Unterschied wie
zwischen ihm und Alistair McAlvoy hätte es gar nicht geben können. Gleich bei ihrer ersten Begegnung redete Rushcliffe 561
mit Dick, als wären sie alte Freunde. Er ratterte seine Worte wie Maschinengewehrsalven heraus, so daß Armstrong ihn kaum verstehen konnte. Rushcliffe erklärte ihm, was er umgehend ändern würde, wäre er der Chefredakteur des
Citizen. »Die Leitartikel sind zu nichtssagend. Man muß den Lesern mit ein, zwei Zeilen seine Gefühle zeigen. Keine Wörter mit mehr als drei Silben, und keine Sätze mit mehr als zehn Worten. Versuchen Sie nie, die Leser zu beeinflussen.
Glauben Sie mir – die Leute wollen nur vorgesetzt bekommen, was sie schon kennen.« Ein von diesen offenen Worten
geschockter und deshalb ungewöhnlich nachdenklicher
Armstrong erklärte dem jungen Mann, er müsse als
stellvertretender Chefredakteur beim Citizen anfangen, »denn McAlvoys Vertrag läuft noch sieben Monate«.
Doch beinahe hätte Dick seinen Entschluß, Rushcliffe
einzustellen, doch noch zurückgenommen, als der junge Mann aufzählte, was er außer seinem Gehalt noch erwartete. Dick hätte diesen Forderungen bestimmt nicht so ohne weiteres nachgegeben, hätte er Rushcliffes Vertragskonditionen beim Globe gekannt oder gewußt, daß Bruce Kelly nicht die Absicht hatte, diesen Vertrag nach Ablauf Ende des Jahres zu verlängern. Drei Tage später schickte Dick eine Notiz in McAlvoys Büro und teilte ihm mit, daß er Kevin Rushcliffe als seinen Stellvertreter eingestellt habe.
McAlvoy erwog einen Protest, daß man ihm einfach den
ehemaligen stellvertretenden Chefredakteur des Globe zuteilte, bis seine Frau ihn daran erinnerte, daß seine Pensionierung in sieben Monaten bei vollem Ruhegeld fällig wurde und nun wirklich nicht die rechte Zeit war, seine Stellung auf dem Altar der Prinzipien zu opfern. Als McAlvoy am nächsten Morgen in sein Büro kam, ignorierte er einfach seinen neuen Stellvertreter und dessen »Eine-Idee-Pro-Minute« für die morgige Titelseite.
Nach Veröffentlichung einer nackten Schönheit auf Seite drei des Globe wurden zum erstenmal zwei Millionen 562
Exemplare verkauft. McAlvoy erklärte bei der morgendlichen Redaktionskonferenz: »Bei uns erscheinen nackte Frauen nur über meine Leiche!« Niemand wollte ihn darauf aufmerksam machen, daß kürzlich bereits zwei oder drei seiner besten Reporter den Citizen verlassen hatten und zum Globe übergewechselt waren, während nur Rushcliffe den umgekehrten Weg eingeschlagen hatte.
Da Armstrong weiterhin viel Zeit damit zubringen mußte, sich auf einen Übernahmekampf in New York vorzubereiten, hielt er sich, wenngleich widerstrebend, an McAlvoys Urteil –
vor allem deshalb, weil er seinen erfahrensten Redakteur nicht wenige Wochen vor den Parlamentswahlen feuern wollte.
Als Margaret Thatcher mit einer Mehrheit von 144 Stimmen ins Unterhaus zurückkehrte, verbuchte der Globe den Sieg für sich und erklärte, dies würde den Niedergang des Citizen mit Sicherheit beschleunigen. Einigen Kommentatoren entging die Ironie dieser Aussage nicht, und so war da und dort vom
»Niedergang des mündigen Staatsbürgers« zu lesen oder zu hören.
Gleich nachdem Armstrong aus New York zurückgekehrt
war, um in der folgenden Woche an der monatlichen
Vorstandssitzung teilzunehmen, wies Sir Paul auf die noch immer sinkenden Verkaufszahlen der Zeitung hin.
»Während die Auflage des Globe von Monat zu Monat steigt«, warf Peter Wakeham vom anderen Ende des
Konferenztisches ein.
»Und was sollen wir dagegen unternehmen?« fragte der
Vorsitzende und blickte den Hauptgeschäftsführer
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