Imperium
Derzeit jedoch sieht es ganz so aus, als gäbe es nur zwei verzweifelte Verkäufer.«
»Was habe ich dann noch für Alternativen?« fragte
Armstrong, während sie zur Limousine gingen.
»Er hat uns so gut wie keine Alternative gelassen«, erklärte E.
B. »Ich muß einen Dritten finden, der bereit ist, Ihre Anteile am Star zu kaufen – und das rasch, ehe Armstrong sich gezwungen sieht, seine Aktien auf den Markt zu werfen.«
»Warum?« fragte Townsend.
»Weil ich das Gefühl habe, daß Mr. Armstrong sich in noch größeren Schwierigkeiten befindet als Sie – was schon eine Kunst für sich ist.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Ich habe Armstrong keine Sekunde aus den Augen
gelassen. Kaum waren die Reden beendet, konnte er gar nicht schnell genug an unseren Tisch kommen.«
»Und was beweist das?«
»Daß er nur einen Gedanken hatte: Ihnen seine Star-Aktien anzudrehen.«
Ein dünnes Lächeln flog über Townsends Züge. »Kaufen
wir sie doch«, schlug er vor. »Wenn ich seine Anteile in die Hände bekäme, könnte ich…«
»Mr. Townsend, denken Sie nicht einmal daran!«
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FINANCIAL TIMES
1. November 1991
Aktien der Zeitungskonzerne im freien Fall
Townsend stieg in die Maschine nach Honolulu, als Elisabeth Beresford bereits den halben Atlantik überflogen hatte.
Während der vergangenen drei Wochen war Townsend den
schlimmsten Prüfungen seines Lebens unterzogen worden –
und wie bei allen Prüfungen dauerte es noch eine Zeitlang, bis die Ergebnisse bekanntgegeben wurden.
E. B. hatte Keith über jeden Aspekt eines jeden Geschäfts ausgefragt, mit dem er je zu tun gehabt hatte; sie hatte sich eingehend damit befaßt und die kleinsten Details nachge-forscht. Sie wußte jetzt mehr über Keith als seine Mutter, seine Frau, seine Kinder und das Finanzamt zusammen. Tatsächlich fragte sich Keith, ob es irgend etwas über ihn gab, was E. B.
nicht wußte – von seinen Erlebnissen im Schulpavillon mit der Tochter des Direktors einmal abgesehen. Und falls er auch dafür hätte bezahlen müssen, würde E.B. zweifellos darauf bestehen, die genauen Einzelheiten der Transaktion zu erfahren.
Wenn er des Abends völlig erschöpft in seine Wohnung
kam, ging er mit Kate die aktuelle Lage durch. »Ich bin mir nur in einer Sache sicher«, wiederholte er mehrmals. »Ob ich überlebe oder nicht, liegt völlig in den Händen dieser Frau.«
Sie hatten den ersten Schritt abgeschlossen: E. B. hatte sich vergewissert, daß Keiths Unternehmen grundsätzlich solvent war. Dann hatte E. B. sich sogleich dem zweiten Schritt zuge-wandt: dem Verkauf von Aktiva. Als sie Townsend mitteilte, daß Mrs. Summers ihre Anteile am New York Star zurück-erwerben wollte, hatte er sich, wenngleich widerstrebend, damit einverstanden erklärt. Aber zumindest gestattete E. B.
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ihm, im Besitz der Aktienmehrheit des Melbourne Courier und der Adelaide Gazette zu bleiben. Er mußte jedoch den Perth Sunday Monitor und den Continent abstoßen, um die Sydney Chronicle behalten zu können. Auch seine Minderheitsbe-teiligung an seinen australischen Fernsehkanälen – sowie alle Tochtergesellschaften der Multi Media, die keine Gewinne versprachen – mußte er aufgeben, um weiterhin die TV News herausgeben zu können.
Gegen Ende der dritten Woche hatte E. B. den Striptease beendet, und Keith stand nun fast nackt da. Und das alles wegen eines einzigen Anrufs. Er fragte sich, wie lange diese Worte ihn noch verfolgen würden:
»Dürfte ich mich erkundigen, welche Summe Ihnen
vorschwebt, Mr. Townsend?«
»Ja, Herr Botschafter. Drei Milliarden Dollar.«
E. B. brauchte Keith nicht zu erinnern, daß erst noch die Pressemitteilung in Erwägung gezogen werden müsse, ehe sie zum dritten Schritt übergehen konnte.
Sooft sie diese Pressemitteilung auch aufsetzten und neu formulierten, an der Aussage änderte sich nichts. Die Global Corporation mußte einen Vergleich nach Paragraph 11 des Bundeskonkursgesetzes anmelden und das Liquidationsver-fahren einleiten. Townsend hatte in seinem Leben kaum unangenehmere zwei Stunden verbracht. Er sah bereits die Schlagzeile des Citizen vor sich:
»TOWNSEND BANKROTT!«
Als sie sich auf die Formulierung der Pressemitteilung geeinigt hatten, war E. B. bereit, sich dem nächsten Schritt zuzuwenden. Sie fragte Townsend, von welchen Banken er seiner Meinung nach am ehesten Verständnis für seine Lage erwarten konnte. Keith zählte sogleich sechs Kreditinstitute auf; dann fügte er weitere fünf hinzu, mit
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