Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
Vom Netzwerk:
Sektor«, sagte sie. »Er hat über eine Stunde auf Sie gewartet.«
    »Verdammt«, murmelte Keith, »ich hatte unterwegs einen Unfall und bin hergekommen, so schnell ich konnte. Wäre es möglich, den Captain heute noch irgendwann zu sprechen?«
    »Leider nein. Er wird sich den ganzen Nachmittag im
    amerikanischen Sektor aufhalten.«
    Keith zuckte resigniert die Schultern. »Könnten Sie mir bitte beschreiben, wie ich zum französischen Sektor komme?«
    Als Keith einige Zeit später durch die Straßen eines anderen Sektors in Berlin schlenderte, konnte er seinen gestrigen Erlebnissen nicht viel Neues hinzufügen. Ihm wurde nur immer schmerzhafter bewußt, daß es in dieser Stadt drei Sprachen gab, die er nicht beherrschte. Das war auch der Grund dafür, daß er sich ein Essen bestellte, das er gar nicht wollte, und dazu eine Flasche Wein, die er sich gar nicht leisten konnte.
    Anschließend kehrte er zu dem Automechaniker zurück, um zu sehen, wie weit man mit der Reparatur bereits gekommen war. Die Gaslaternen brannten schon, als er die Werkstatt erreichte, und der einzige Mitarbeiter, der Englisch sprach, war offenbar schon nach Hause gegangen. Keith sah seinen MG in einer Ecke des Innenhofs stehen, noch im gleichen Zustand wie nach dem Unfall. Der eine Mann, der sich noch in der Werkstatt aufhielt, deutete stumm auf die 8 auf seiner Armbanduhr.
    Am nächsten Morgen war Keith um Viertel vor acht wieder in der Werkstatt, doch der Mechaniker, der Englisch sprach, erschien erst um dreizehn nach acht. Er ging ein paarmal um 183
    den MG herum, bevor er düster verkündete: »Eine Woche mindestens, bis ich ihn wieder in Schuß hab’.« Diesmal drückte Keith ihm ein Pfund in die Hand.
    »Aber vielleicht könnte ich es auch in zwei Tagen
    schaffen… hängt alles von der Priorität ab.« Keith mußte einsehen, daß er es sich leider nicht leisten konnte, absolute Priorität zu haben.
    In der überfüllten Straßenbahn ließ er sich seine finanzielle Lage durch den Kopf gehen. Wenn er noch zehn Tage
    überstehen, seine Hotelrechnung und die Wagenreparatur bezahlen wollte, würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als bei der Rückfahrt auf Übernachtungen in Hotels zu verzichten und statt dessen in seinem MG zu schlafen.
    An der inzwischen vertrauten Haltestelle sprang er aus der Straßenbahn, rannte die Treppen hinauf und stand kurz vor neun am Empfang. Diesmal ließ man ihn – mit denselben Zeitungen als Lektüre – zwanzig Minuten warten, bevor die Sekretärin des Direktors sich mit verlegener Miene an ihn wandte.
    »Tut mir sehr leid, Mr. Townsend«, erklärte sie. »Captain Armstrong mußte völlig unerwartet nach England fliegen. Aber Lieutenant Wakeham, seinem Stellvertreter, wird es ein Vergnügen sein, sich mit Ihnen zu unterhalten.«
    Keith verbrachte fast eine volle Stunde mit Lieutenant Wakeham, der ihn immer wieder »alter Junge« nannte, ihm erklärte, weshalb er keine Erlaubnis bekommen könne, sich in Spandau umzusehen, und Witze über Don Bradman riß. Als Keith den Lieutenant verließ, hatte er das Gefühl, mehr über die aktuelle Situation des Kricketsports in England erfahren zu haben als über die Zustände in Berlin. Den Rest des Tages schaute er sich im amerikanischen Sektor um und blieb immer wieder stehen, um sich mit GIs an Straßenecken zu unterhalten.
    Die amerikanischen Soldaten erzählten ihm voller Stolz, daß sie ihren Sektor niemals verließen und auch nicht die Absicht 184
    hätten – erst dann, wenn es zurück in die Staaten ging.
    Am Spätnachmittag rief Keith in der Werkstatt an. Der englischsprechende Mechaniker versprach ihm, daß er seinen Wagen morgen abend abholen könne.
    Am nächsten Tag fuhr Keith mit der Straßenbahn in den russischen Sektor. Er stellte sehr schnell fest, wie sehr er sich mit seiner Annahme getäuscht hatte, daß hier alles ein bißchen besser aussehen würde. Der Labour Club an der Universität zu Oxford würde gewiß nicht glücklich sein zu erfahren, daß die Schultern der Ostberliner noch gekrümmter waren, ihre Köpfe noch gebeugter und ihre Schritte noch langsamer als die ihrer Mitbürger in den Sektoren der westlichen Alliierten und daß die Leute offenbar nicht einmal miteinander redeten, geschweige denn zu Keith. Auf dem Hauptplatz war eine Statue Hitlers durch eine noch größere Lenins ersetzt worden, und steinerne Standbilder Stalins beherrschten jede Straßenecke. Nachdem Keith mehrere Stunden durch trostlose Gassen mit Läden ohne Waren und

Weitere Kostenlose Bücher