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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Archer
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Labour Club nie weiter nach Osten gereist waren als bis Cambridge.
    Auf dem Weg zur Innenstadt hielt Keith mehrmals an, um sich zu erkundigen, wie er zur Siemensstraße käme. Endlich entdeckte er wenige Minuten vor neun die Zentrale der PRISC, der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit und Presseaufsicht im britischen Sektor. Er parkte seinen Wagen und schloß sich dem Strom männlicher und weiblicher Militärangehöriger in verschiedenen Uniformen an, welche die breite Freitreppe hinauf und durch die Drehtür gingen. Ein Schild machte darauf aufmerksam, daß der Fahrstuhl außer Betrieb war; deshalb stieg Keith die fünf Stockwerke zu Fuß hinauf. Obwohl es noch ein wenig zu früh für sein Interview war, meldete er sich am Empfang.
    »Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?« fragte ein Corporal des weiblichen Armeekorps hinter ihrem Schreibtisch. Noch nie zuvor war Keith von einer Frau mit »Sir«
    angeredet worden, und es gefiel ihm nicht.

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    Er zog einen Brief aus der Innentasche seines Jacketts und reichte ihn ihr. »Ich habe um neun einen Termin beim
    Direktor.«
    »Ich glaube nicht, daß er bereits im Hause ist, Sir, aber ich werde mich erkundigen.«
    Sie griff nach dem Telefonhörer und sprach mit einer
    Kollegin.
    »In ein paar Minuten wird sich jemand um Sie kümmern«, erklärte die Frau, nachdem sie aufgelegt hatte. »Bitte, nehmen Sie doch so lange Platz.«
    Aus den paar Minuten wurde fast eine Stunde. Inzwischen hatte Keith beide Zeitungen, die auf dem Tischchen neben ihm lagen, von der ersten bis zur letzten Seite gelesen. Der Berliner war nicht viel besser als Cherwell, die Studentenzeitung in Oxford, von der Keith gar nichts hielt, und Der Telegraf war
    sogar noch schlechter. Da der Direktor der PRISC auf fast jeder Seite erwähnt wurde, konnte Keith nur hoffen, daß niemand ihn nach seiner Meinung fragte, was die Qualität dieses Blattes betraf.
    Endlich kam eine andere Frau und erkundigte sich nach Mr.
    Townsend. Keith sprang auf und ging zum Schreibtisch.
    »Ich bin Sally Carr«, stellte die Frau sich gleichmütig und in breitem Cockneydialekt vor, »die Sekretärin des Direktors.
    Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich habe Ihnen aus Oxford geschrieben«, antwortete Keith und hoffte, sich etwas älter anzuhören, als er war. »Ich bin Journalist bei der Oxford Mail und habe den Auftrag, eine Artikelserie über die Zustände in Berlin zu schreiben. Ich habe einen Termin bei…« Er drehte den Brief um. »… Captain Armstrong.«
    »Oja, ich erinnere mich«, sagte Miss Carr. »Aber Captain Armstrong hält sich heute vormittag im russischen Sektor auf.
    Vor heute nachmittag erwarte ich ihn nicht im Büro. Wenn Sie morgen vormittag noch einmal vorbeikommen könnten, wird er 179
    sich bestimmt gern Zeit für Sie nehmen.« Keith war bemüht, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, und versicherte Miss Carr, er würde morgen um neun Uhr wieder erscheinen. Vielleicht hätte er seinen Plan, mit Armstrong zu sprechen, ganz aufgegeben, hätte man ihn nicht darauf aufmerksam gemacht, daß gerade dieser Captain besser darüber Bescheid wußte, was sich in Berlin tat, als alle Stabsoffziere zusammen.
    Den Rest des Tages schaute Keith sich im britischen Sektor um. Oft blieb er stehen, um sich Notizen über alles zu machen, was er für seinen Artikel gebrauchen konnte: Die Art und Weise, wie die Briten sich gegenüber den Deutschen
    verhielten; die Läden mit den fast leeren Regalen, in denen viel zu viele Kunden etwas zu kaufen versuchten; die langen Schlangen vor sämtlichen Lebensmittelgeschäften; die
    gesenkten Köpfe der vom Krieg demoralisierten Menschen.
    Als irgendwo eine Uhr zwölf schlug, betrat er eine Kneipe voller Soldaten, in der es ziemlich laut zuging, und setzte sich ans Ende der Theke. Als ihn schließlich ein Kellner fragte, was er wünsche, bestellte er ein großes Glas Bier und ein Käsebrot
    – jedenfalls vermeinte er Käse zu bestellen, doch sein Deutsch war nicht so gut, daß er sicher sein konnte. Auf der Theke machte er sich ein paar weitere Notizen. Ihm fiel auf, daß die Kellner erst alle Gäste – aber wirklich alle – in Uniform bedienten und sich bei den Zivilisten Zeit ließen.
    Keith konnte selbst hier, in diesem Lokal erkennen, daß das Klassensystem sogar dann fortbestand, wenn die Briten jemand anderes Stadt besetzt hielten. Einige Soldaten schimpften darüber – in einem Englisch, das Miss Steadman gar nicht gefallen hätte –, wie lange es dauerte, bis

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