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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Schaulustigen hinter dem vertrauten Absperrseil, das am Saaleingang zwischen den beiden Türpfosten gespannt war. Natürlich waren wir alle Anhänger von Pompeius, und je mehr die Senatoren ihn verhöhnten, desto lauter bejubelten wir ihn. Es dauerte eine Zeit lang, bis der präsidierende Konsul für Ruhe gesorgt hatte.
    Die neuen Konsuln in jenem Jahr waren Pompeius ' alter Freund Glabrio und der Aristokrat Calpurnius Piso (nicht zu verwechseln mit dem anderen Senator gleichen Namens, der erst später eine tragende Rolle in unserer Geschichte spielen wird - falls mir die Götter die Kraft schenken, sie zu vollenden). Wie verzweifelt Pompeius ' Lage war, konnte man daran erkennen, dass Glabrio es vorgezogen hatte, der Sitzung fernzubleiben, als sich in offenen Widerspruch zu dem Mann zu begeben, von dem er seinen Sohn zurückerhalten hatte. Also führte Piso den Vorsitz. Ich sah ihren Gesichtern an, dass Hortensius, Catulus, Isauricus, Marcus Lucullus - der Bruder des Befehlshabers über die Legionen im Osten - und alle anderen Mitglieder der patrizischen Fraktion angriffsbereit waren. Die Einzigen, die keinen Widerstand mehr leisten konnten, waren die drei Metellus-Brüder: Quintus diente als Statthalter auf Kreta, und seine beiden jüngeren Brüder waren - als wollte das Schicksal seine Gleichgültigkeit gegenüber dem kleinlichen Ehrgeiz des Menschen demonstrieren - kurz nach dem Verres-Prozess am Fieber gestorben.
    Am beunruhigendsten war jedoch, dass sogar die pedarii - die anspruchslose, geduldige, schwerfällige Masse der Senatsmitglieder, auf deren Wohlwollen Cicero besondere Mühe verwendet hatte - auf Pompeius ' Größenwahn feindselig oder im besten Fall mit trägem Desinteresse reagierten. Was Crassus anging, der lümmelte mit verschränkten Armen und lässig ausgestreckten Beinen gegenüber auf der Konsulnbank in der ersten Reihe und betrachtete Pompeius mit bedrohlich gelassenem Gesichtsausdruck. Der Grund für seine Kaltblütigkeit lag auf der Hand. Direkt hinter ihm saßen - wie zwei Preisbullen, die er gerade auf einer Auktion ersteigert hatte - zwei der in diesem Jahr amtierenden Volkstribunen, Roscius und Trebellius. Das war Crassus ' Art, aller Welt zu zeigen, dass er mit seinem Geld nicht nur eine, sondern gleich zwei Vetostimmen eingekauft hatte, und dass die lex Gabinia, egal, wie sehr Pompeius und Cicero sich auch bemühen mochten, nie durchgehen würde.
    Piso nahm sein Privileg, als Erster reden zu dürfen, in Anspruch. »Als Redner der behäbige, gelassene Typ«, wie ihn Cicero viele Jahre später gönnerhaft beschrieb. An jenem Tag klang er allerdings weder behäbig noch gelassen. »Wir wissen genau, was du im Schilde fuhrst!«, sagte er gegen Ende seiner flammenden Rede mit donnernder Stimme zu Pompeius. »Du setzt dich über deine Kollegen im Senat hinweg und inthronisierst dich als eine Art zweiter Romulus - du tötest den Bruder, um allein herrschen zu können. Aber du tätest gut daran, dich an Romulus ' Schicksal zu erinnern, der seinerseits von seinen eigenen Senatoren ermordet wurde, die seinen Körper zerstückelten und die Leichenteile mit sich nach Hause trugen.« Die Aristokraten sprangen begeistert auf, und ich erwischte gerade noch einen Blick auf Pompeius ' massiges Profil. Stocksteif schaute er geradeaus, offenbar unfähig zu begreifen, was da vor sich ging.
    Als Nächster sprach Catulus, dann Isauricus. Der Übelste war allerdings Hortensius. Nach dem Ende seiner Amtszeit als Konsul vor knapp einem Jahr hatte er sich kaum noch auf dem Forum blicken lassen. Sein innig geliebter Schwiegersohn Caepio, Catos älterer Bruder, war vor kurzem im Militärdienst in Kleinasien verstorben und hatte Hortensius ' Tochter als Witwe zurückgelassen. Es hieß, dass den »Tanzmeister« und seine Beine allmählich die Kräfte verließen. Jetzt erweckte er allerdings den Eindruck, als ob ihn Pompeius ' übers Ziel hinausschießender Ehrgeiz wiederbelebt und in die Arena zurückgetrieben habe. Seine Rede erinnerte mich daran, wie grandios er bei einem sorgfältig geplanten Anlass wie diesem auftrumpfen konnte. Er drosch keine Phrasen und ließ sich auch nicht zu Pöbeleien hinreißen, sondern formulierte in wohlgesetzten Worten die alten Grundsätze der Republik: dass die Macht immer geteilt werden müsse, dass ihr Grenzen zu setzen seien und dass sie jährlich von Neuem durch Wahlen bestätigt werden müsse. Und obwohl er persönlich nichts gegen Pompeius habe, ihn im Gegenteil für das Amt

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