Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
Vom Netzwerk:
in Flottenverbänden, hatten Admiräle und verfügten über furchterregende Waffen wie vergiftete Pfeile und Griechisches Feuer! Aus Angst, als unzuverlässig verschrien zu werden, wagte niemand im Senat zu widersprechen - auch dann nicht, als entlang der Straße zum Meer eine Serie von Leuchttürmen gebaut wurde, deren Signalfeuer angezündet werden sollten, falls auf die Mündung des Tiber zuhaltende Piratenschiffe gesichtet würden. »Das ist absurd«, sagte Cicero an jenem Morgen zu mir, als wir hinausfuhren, um uns diese sichtbarsten Symbole der nationalen Bedrohung anzuschauen. »Als ob ein Seeräuber mit Verstand auch nur im Traum daran dächte, zwanzig Meilen einen offenen Fluss hochzusegeln, um eine befestigte Stadt anzugreifen!« Bestürzt schüttelte er den Kopf darüber, wie mühelos skrupellose Politiker eine verängstigte Bevölkerung steuern konnten. Aber was konnte er tun? Seine Nähe zu Pompeius verurteilte ihn zum Schweigen.
    Am siebzehnten Dezember begannen die Saturnalien, das Fest des Saturn, das eine Woche dauerte. Es war aus naheliegenden Gründen nicht der fröhlichste Feiertag, und obwohl die Cicero-Familie an den üblichen Ritualen festhielt, Geschenke verteilte, uns Sklaven sogar einen Tag freigab und ein gemeinsames Mahl mit uns einnahm, war doch keiner mit dem Herzen bei der Sache. Lucius war immer die Seele solcher Festtage gewesen, und er war jetzt nicht mehr unter uns. Ich glaube, Terentia hatte die Hoffnung gehegt, schwanger zu sein, was sich aber nicht bewahrheitet hatte, und sie machte sich ernstlich Sorgen darüber, dass sie keinen Sohn mehr bekommen würde. Pomponia nörgelte wie üblich an Quintus herum und ließ keinen Zweifel daran, dass sie ihn als Ehemann für einen hoffnungslosen Fall hielt. Sogar die kleine Tullia konnte die Stimmung nicht heben.
    Cicero selbst verbrachte fast die ganzen Saturnalien in seinem Arbeitszimmer und brütete über Pompeius ' ungeheurem Ehrgeiz und dessen Folgen für das Land und seine eigene politische Karriere. Bis zu den Wahlen für die Prätur waren es kaum noch acht Monate, und er hatte zusammen mit Quintus schon eine Liste mit den wahrscheinlichen Kandidaten zusammengestellt. Wer von diesen Männern auch immer gewählt werden würde, mit den gleichen Rivalen musste Cicero im Kampf ums Konsulat rechnen. Die beiden Brüder diskutierten stundenlang alle möglichen Varianten, und dabei gewann ich den Eindruck, den ich allerdings nicht zum Ausdruck brachte, dass sie die Weisheit ihres Vetters doch sehr vermissten. Cicero hatte zwar oft gewitzelt, er bäte Lucius schon deshalb gern um einen politisch klugen Ratschlag, um dann das genaue Gegenteil zu tun, aber Lucius war doch auch eine Art Fixstern gewesen, an dem sich Cicero hatte orientieren können. Jetzt hatten die beiden Brüder nur sich selbst, und trotz ihrer gegenseitigen Wertschätzung trafen sie zusammen nicht immer die klügsten Entscheidungen.
    In dieser Atmosphäre - es war der achte oder neunte Januar, das Fest der Latiner war vorüber, und der ernsthafte Politikbetrieb kam wieder in Gang - stieg Gabinius schließlich auf die Rostra und forderte ein neues Oberkommando. Ich spreche hier, das sollte ich vielleicht erklären, von der alten Rostra der Republik, die sich sehr von dem erbärmlichen verzierten Fußschemel unterschied, der heute in Gebrauch ist. Diese uralte, inzwischen zerstörte Plattform war das Herz der römischen Demokratie: eine lange, geschwungene Rednerbühne, etwa zwölf Fuß hoch, voller Statuen von Helden aus dem Altertum. Von dieser Rostra sprachen die Volkstribunen und Konsuln zum Volk. Die Rückseite war dem Senatsgebäude zugewandt, die Vorderseite blickte kühn über die größte freie Fläche des Forums hinweg. Aus dem wuchtigen Mauerwerk ragten die Rammsporne oder »Schnäbel« von sechs Schiffen - jene rostra, die der Bühne ihren Namen gegeben hatten (die Schnäbel waren Beutestücke aus einer Seeschlacht gegen die Karthager vor dreihundert Jahren). Die gesamte Rückseite bildete eine Treppe. Wenn also ein Magistrat das Senatsgebäude oder das Hauptquartier der Volkstribunen verließ, ging er etwa fünfzig Schritte, stieg die Stufen hinauf und stand dann auf der Rostra vor Tausenden von Menschen, die links und rechts von den zwei großen Basiliken und dahinter vom Tempel des Castor eingerahmt wurden. An dieser Stelle stand an jenem Januarmorgen Gabinius und erklärte auf seine ruhige und selbstsichere Art, dass Rom einen starken Mann benötige, der das

Weitere Kostenlose Bücher