Imperium
Notizen, nicht dass er mir das Wort im Mund umdreht.«
Ich ging, um Crassus zu holen. Und tatsächlich: Er arbeitete sich schon überschwänglich Hände schüttelnd durchs Tablinum, sehr zur Verwunderung der eingeschüchterten Betroffenen. Ich geleitete ihn ins Arbeitszimmer. Die beiden Schreiber verließen den Raum, sodass wir zu viert waren: Crassus, Arrius und Cicero saßen, ich stand zum Mitschreiben in einer Ecke.
»Du hast ein sehr schönes Haus«, sagte Crassus freundlich wie immer. »Klein, aber reizend. Wenn du mal ans Verkaufen denken solltest, gib mir Bescheid.«
»Falls es jemals in Flammen aufgehen sollte«, erwiderte Cicero, »bist du der Erste, der es erfährt.«
»Köstlich«, sagte Crassus, klatschte in die Hände und brach in launiges Gelächter aus. »Nein, im Ernst. Ein bedeutender Mann wie du sollte sich ein größeres Haus zulegen, in einer besseren Gegend. Auf dem Palatin. Ich könnte das arrangieren. Nein, warte«, fügte er schnell hinzu, als Cicero mit dem Kopf schüttelte. »Lehn mein Angebot nicht gleich ab. Sicher, wir hatten unsere Differenzen, gerade deshalb liegt mir ja an einer Geste der Versöhnung.«
»Das ist wirklich sehr nobel von dir«, sagte Cicero. »Aber ich fürchte, die Interessen eines gewissen Herrn stehen zwischen uns.«
»Nicht unbedingt. Ich verfolge mit Bewunderung deine Karriere, Cicero. Du verdienst den Platz, den du dir in Rom erarbeitet hast. Meines Erachtens solltest du im Sommer zum Prätor und in zwei Jahren zum Konsul gewählt werden. Tja, jetzt ist es raus. Möglicherweise könntest du auf meine Unterstützung zahlen. Nun, was sagst du dazu?«
Das war wirklich ein fantastisches Angebot, und in jenem Augenblick lernte ich eine wichtige Lektion über kluge Geschäftsleute - dass nicht konsequente Hinterhältigkeit sie so erfolgreich macht (wie viele ganz selbstverständlich annehmen), sondern eher die Fähigkeit, wenn nötig eine überraschende ja verschwenderische Großzügigkeit an den Tag zu legen. Cicero geriet völlig aus dem Gleichgewicht. Man bot ihm praktisch auf dem Silbertablett das Konsulat an, seinen Lebenstraum, den offen auszusprechen er nicht mal Pompeius gegenüber gewagt hatte aus Angst, er könnte das Misstrauen des großen Mannes erregen.
»Du überwältigst mich, Crassus«, sagte er. Seine Gefühle hatten ihn so übermannt, dass er sich erst mal räuspern musste, bevor er weitersprechen konnte. »Aber das Schicksal hat uns einmal mehr Plätze in verschiedenen Lagern zugewiesen.«
»Nicht unbedingt«, wiederholte Crassus. »Der Tag vor der Abstimmung ist doch sicher der geeignete Zeitpunkt für einen Kompromiss, meinst du nicht auch? Ich erkenne an, dass das Oberkommando Pompeius ' Idee ist. Aber warum sollten wir das Amt nicht aufteilen?«
»Ein aufgeteiltes Oberkommando ist ein Widerspruch in sich.«
»Pompeius und ich haben uns auch schon das Konsulat geteilt.«
»Sicher, aber das Konsulat ist ein gemeinsames Amt, das auf dem Prinzip der Teilung der Macht basiert. Einen Krieg zu führen, wie du selbst viel besser weißt als ich, ist etwas vollkommen anderes. Im Krieg ist schon die kleinste Uneinigkeit an der Spitze tödlich.«
»Das Kommando ist so riesig, da ist doch leicht Platz für zwei«, sagte Crassus aufgeräumt. »Pompeius bekommt den Osten, ich den Westen. Oder Pompeius das Meer und ich das Land. Oder umgekehrt, mir völlig egal. Der Punkt ist, dass wir zusammen die Welt beherrschen können, wenn wir dich, Cicero, als Verbindungsglied haben.«
Ich bin mir sicher, dass Cicero mit einem drohenden, aggressiven Crassus gerechnet hatte, also einer Taktik, mit der umzugehen er in seiner langen Tätigkeit in den Gerichtshöfen gelernt hatte. Die unerwartete Großzügigkeit dagegen brachte ihn völlig durcheinander, nicht zuletzt deshalb, weil Crassus ' Vorschlag sowohl vernünftig wie auch patriotisch war. Zudem wäre er auch für Cicero die ideale Lösung, weil er sich so die Freundschaft aller Lager sichern könnte. »Ich werde ihm dein Angebot auf jeden Fall unterbreiten«, versprach Cicero. »Noch vor Einbruch der Dunkelheit wird er es in Händen halten.«
»Das bringt mir überhaupt nichts«, sagte Crassus gereizt. »Wenn ich nur einen Boten bräuchte, dann hätte ich auch Arrius in die Albaner Berge schicken können. Hab ich recht, Arrius?«
»Habsolut.«
»Nein, Cicero, du musst es ihm persönlich beibringen.« Er beugte sich vor und leckte sich mit der Zunge über die Lippen; wenn Crassus über Macht sprach,
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