Imperium
zweite … nun ja, ich würde es nicht gerade Schock nennen, aber es war doch entschieden beunruhigender als eine simple Überraschung. Die Römischen Spiele wurden wie immer von den kurulischen Ädilen veranstaltet, von denen einer Caesar war. Wie bei Antonius Hybrida setzte man auch in ihn keinerlei Erwartungen, weil jeder wusste, dass er sich immer in finanziellen Engpässen befand. Aber Caesar riss das Spektakel gleich ganz an sich und verkündete auf seine arrogante Art, dass diese Spiele nicht nur zu Ehren Jupiters, sondern auch zu Ehren seines toten Vaters stattfänden. Schon Tage vorher errichteten seine Arbeiter auf dem Forum Kolonnaden, wo die Menschen flanieren und staunen konnten, welche wilden Tiere er importiert und welche Gladiatoren er eingekauft hatte - nicht weniger als dreihundertzwanzig Kampfpaare in Silberrüstungen: so viele wie nie zuvor bei öffentlichen Spielen. Er veranstaltete Bankette, hielt Umzüge ab, führte Theaterstücke auf, und am Morgen der eigentlichen Spiele erwachten die Bürger Roms und stellten fest, dass er auf dem Gelände des Kapitols über Nacht eine Statue von Marius, dem Helden der Populären, hatte aufstellen lassen - der großen Hassfigur der Aristokraten.
Catulus ließ daraufhin umgehend den Senat einberufen und stellte den Antrag auf sofortige Entfernung der Statue. Caesar war jedoch dermaßen populär in Rom, dass es der Senat nach seiner ätzenden Gegenrede nicht wagte, die Angelegenheit weiter zu verfolgen. Jedem war klar, dass es nur einen Mann gab, der Caesar das Geld für eine derartig verschwenderische Inszenierung hatte leihen können: Crassus. Ich weiß noch, dass Cicero nach den Römischen Spielen in genauso niedergeschlagener Stimmung nach Hause kam wie nach Hybridas Spielen des Apollo. Das lag nicht an Caesar, denn es war unwahrscheinlich, dass der sechs Jahre Jüngere jemals in einer Wahl gegen ihn antreten würde, sondern daran, dass Crassus eindeutig etwas im Schilde führte und Cicero keine Ahnung hatte, was das war. In jener Nacht schilderte mir Cicero eine Nummer des Unterhaltungsprogramms. »Ein bedauernswerter Bursche, irgendein Krimineller, wurde nackt in die Mitte der Arena geführt. Seine einzige Waffe war ein Holzschwert. Dann haben sie einen Panther und einen Löwen auf ihn losgelassen, die sicher seit Wochen kein Stück Fleisch mehr gesehen hatten. Der Bursche hat den Leuten wirklich eine anständige Vorstellung geboten. Er hat sich den einzigen Vorteil zunutze gemacht, den er hatte - seinen Verstand. Er ist hierhin gesaust, dahin gesaust, und eine Zeit lang hat es ganz so ausgesehen, als könnte er es schaffen, dass die beiden Raubtiere nicht ihm, sondern sich gegenseitig an die Gurgel gingen. Die Menge hat ihn angefeuert. Aber dann ist er ein einziges Mal gestolpert, und die beiden Bestien haben ihn in Stücke gerissen. Ich habe nach links geschaut, zu Hortensius und den anderen Aristokraten, alle haben gelacht und applaudiert, und dann nach rechts, wo nebeneinander Crassus und Caesar gesessen haben. Und ich habe mir gedacht: Tja, Cicero, der Mann da unten, das bist du.«
Seine persönlichen Beziehungen zu Caesar waren immer freundlich, nicht zuletzt deshalb, weil Caesar seine Witze mochte. Aber er hatte ihm nie vertraut, und jetzt, da er ihn verdächtigte, mit Crassus zu paktieren, begann er etwas mehr Abstand zu halten. Es gibt noch eine Geschichte über Caesar, die ich erwähnen sollte. Etwa um die gleiche Zeit wurde Palicanus bei Cicero mit dem Anliegen vorstellig, ihn bei seiner eigenen Bewerbung für das Konsulat zu unterstützen. Ach ja, der arme Palicanus! Er war ein warnendes Beispiel dafür, wie einem die Politik mitspielen kann, wenn man zu sehr von der Gunst eines bedeutenden Mannes abhängt. Er war erst Pompeius ' treuer Volkstribun und dann sein treuer Prätor gewesen, hatte aber - nachdem Pompeius das Sonderkommando erhalten hatte - nie seinen Anteil an der Beute bekommen. Aus einem einfachen Grund: Es gab nichts mehr, was Palicanus dafür noch hätte anbieten können; er war einfach leer, ausgepresst. Ich stelle mir vor, dass er Tag für Tag in seinem Haus saß und seine monströse Pompeius-Büste anschaute oder allein vor seinem Wandgemälde von Pompeius als Jupiter zu Abend aß - im Ernst, seine Chancen auf das Konsulat waren ungefähr so groß wie meine. Aber Cicero wollte ihm die Abfuhr so freundlich wie möglich beibringen. Er sagte, er könne kein Wahlbündnis mit ihm eingehen, aber er würde versuchen, ihm in der
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