Imperium
Zukunft anderweitig behilflich zu sein (was er natürlich nie tat). Am Ende des Gesprächs, Palicanus hatte sich bereits erhoben, wollte Cicero noch eine freundliche Bemerkung machen und bat ihn, doch seine Tochter (die schlampige Lollia, die Frau von Gabinius) von ihm zu grüßen.
»Lass mich bloß mit dieser Hure in Ruhe!«, sagte er. »Du musst doch davon gehört haben? Die ganze Stadt redet schon darüber. Sie lässt sich jeden Tag von Caesar vögeln.«
Cicero versicherte ihm, dass er das nicht gewusst habe.
»Caesar«, sagte Palicanus bitter. »Dieser falsche Bastard. Ich bitte dich, genau dann mit der Frau eines Kameraden ins Bett zu gehen, wenn der tausend Meilen weit weg für sein Vaterland kämpft.«
»Eine Schande«, pflichtete Cicero ihm bei. »Nicht dass ich in solchen Dingen Experte wäre«, sagte er zu mir, nachdem Palicanus gegangen war. »Aber wenn man schon so was macht, dann ist das doch genau der richtige Zeitpunkt.« Er schüttelte den Kopf. »Allerdings … da kommt man schon auf Gedanken. Wenn dir ein Mann deine Frau ausspannt, was würde er dir noch alles abknöpfen?«
Wieder einmal hätte ich ihm fast erzählt, was ich in Pompeius ' Haus gesehen hatte. Und wieder besann ich mich eines vermeintlich Besseren.
An einem klaren Herbstmorgen verabschiedete sich Cicero unter Tränen von Terentia, Tullia und dem kleinen Marcus, und wir verließen die Stadt, um auf große Wahlkampfreise in den Norden zu gehen. Wie üblich blieb Quintus zurück und nahm sich der politischen Interessen seines Bruders an, während Frugi mit dem juristischen Tagesgeschäft betraut wurde. Der junge Caelius Rufus nahm die Abreise zum Anlass, Cicero endlich zu verlassen, um seine Ausbildung im Haushalt von Crassus zu vervollständigen.
Wir reisten in einer Kolonne aus drei vierrädrigen Kutschen, die von jeweils zwei Maultieren gezogen wurden - in einer schlief Cicero, eine andere war zum Arbeitszimmer umgebaut worden, und die dritte war bis unters Dach vollgestopft mit Gepäck und Unterlagen. Danach kamen kleinere Wagen, in denen das Gefolge des Senators untergebracht war: Sekretäre, Diener, Maultiertreiber, Köche und Wer-weiß-ich-noch-alles, darunter mehrere stämmige Männer, die als Leibwachen dienten. Niemand wünschte uns Lebewohl, als wir durch die Porta Fontinalis aus der Stadt hinausfuhren. In jenen Tagen waren die Hügel nördlich von Rom noch ganz mit Pinien bedeckt - abgesehen von dem einen, auf dem Lucullus gerade seinen berüchtigten Palast vollendete. Der patrizische General war inzwischen aus dem Osten zurückgekehrt, konnte die Stadt aber nicht betreten, ohne sein militärisches Imperium und damit auch sein Recht auf einen Triumph zu verwirken. Also wartete er hier draußen inmitten all seiner Kriegsbeute darauf, dass seine aristokratischen Kumpane eine Mehrheit im Senat zustande brächten, die dafür stimmte, dass er als Triumphator in Rom einziehen konnte - was aber Pompeius ' Anhänger, darunter auch Cicero, nach wie vor verhinderten. Allerdings schaute Cicero kurz von seinen Briefen auf, um im Vorbeifahren einen Blick auf den gewaltigen Palast zu werfen, dessen Dach zwischen den Baumwipfeln hervorlugte. Insgeheim hoffte ich, dass wir vielleicht den großen Mann selbst zu Gesicht bekämen, aber natürlich war das nicht der Fall. (Nebenbei bemerkt: Auch der gerade aus Kreta zurückgekehrte Quintus Metellus, der einzige noch lebende der drei Metellus-Brüder, saß vor den Toren Roms fest und wartete auf die Bewilligung seines Triumphes, den ihm der ewig eifersüchtige Pompeius aber ebenso verweigerte. Lucullus ' und Metellus ' missliche Lage war für Cicero Quell ständigen Vergnügens: »Generäle im Verkehrsstau«, nannte er sie. »Beide wollen unbedingt durch den Triumphbogen nach Rom ziehen.«) An der Milvischen Brücke hielten wir an, und Cicero setzte schnell noch einen letzten Abschiedsgruß an Terentia auf. Dann überquerten wir den angeschwollenen Tiber und führen auf der Via Flaminia Richtung Norden.
An jenem ersten Tag kamen wir sehr gut voran und erreichten kurz vor Einbruch der Dunkelheit das etwa dreißig Meilen nördlich von Rom gelegene Ocriculum. Wir wurden von einem prominenten Bürger, der Cicero seine Gastfreundschaft angeboten hatte, empfangen, und am nächsten Morgen auf dem Forum eröffnete der Senator seinen Wahlfeldzug. Das Geheimnis eines effizienten Wahlkampfs liegt in der Qualität der Arbeit, die der Mitarbeiterstab des Kandidaten schon im Voraus geleistet
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