Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
Vom Netzwerk:
gebunden, ob du diese Aufgabe nun übernimmst oder nicht, das möchte ich noch einmal deutlich betonen. Du hast es dir jetzt schon mehr als genug verdient. Ich würde dir nie befehlen, dich in Gefahr zu begeben. Du weißt, wie schlecht es im Augenblick um meine Sache bestellt ist. Du allein musst tun, was du für richtig hältst.«
    Das waren fast genau seine Worte. Wie hätte ich sie auch jemals vergessen können?

KAPITEL XVII
     
    Die Konferenz sollte bei Einbruch der Dunkelheit beginnen, was bedeutete, dass wir keine Zeit mehr zu verlieren hatten. Als die Sonne hinter dem Kapitolshügel versank und ich zum zweiten Mal an diesem Tag den Palatin hinaufging, hatte ich das beunruhigende Gefühl, in eine Falle zu tappen. Wie konnte ich mir oder in diesem Fall auch Cicero sich sicher sein, dass Caelius Rufus nicht die Seiten gewechselt hatte und seine Loyalität jetzt Crassus gehörte? War »Loyalität« nicht ohnehin ein absurdes Wort angesichts des auf wechselhafte, flüchtige Vergnügungen ausgerichteten Charakters meines jungen, launenhaften Begleiters? Jedenfalls konnte man jetzt sowieso nichts mehr ändern. Caelius bog gerade vor mir in einen schmalen Weg ein, der zur Rückseite von Crassus ' Haus führte. Er drückte einen dichten Vorhang aus dicken, verschlungenen Efeuranken zur Seite, hinter dem eine winzige eisenbeschlagene Tür zum Vorschein kam, die vollkommen zugerostet aussah. Trotzdem schwang sie nach einem kurzen, kräftigen Stoß von Caelius ' Schulter geräuschlos auf. Wir sprangen in einen leeren Kellerraum.
    Wie Catilinas Haus war auch dieses sehr alt und im Lauf der Jahrhunderte immer wieder erweitert worden, sodass ich in den labyrinthischen Gängen schon nach kurzer Zeit die Orientierung verlor. Crassus war berühmt dafür, dass er viele äußerst gut ausgebildete Sklaven besaß, die er übrigens als eine Art Arbeitsvermittler auch außer Haus vermietete. Er hatte so viele Sklaven, dass es mir unmöglich erschien, unentdeckt bis in besagten Raum vorzudringen. Aber wenn Caelius in seinen Jahren der juristischen Ausbildung in Rom etwas gelernt hatte, dann war es, wie man irgendwo gesetzwidrig rein- und wieder rauskam. Wir durchquerten einen Innenhof, schlüpften kurz in ein Vorzimmer, um ein Hausmädchen vorbeizulassen, und betraten schließlich einen großen leeren Raum, der mit erlesenen Wandteppichen aus Babylon und Korinth geschmückt war. In der Mitte standen im Halbkreis etwa zwanzig vergoldete Stühle, darum herum zahlreiche schon entzündete Lampen und Kandelaber. Caelius nahm eine der Lampen, ging zügig zu einem schweren wollenen Wandteppich, auf dem Diana mit einem Speer einen Hirsch erlegte, und hob ihn am Rand an. Dahinter verbarg sich eine Nische wie für eine Statue, gerade hoch und tief genug für einen einzelnen Mann, mit einem kleinen, etwa in Mannshöhe vorstehenden Sims, auf den Caelius die Lampe stellte. Als ich laute Männerstimmen hörte, schlüpfte ich schleunigst in die Nische. Caelius legte den Finger an die Lippen, zwinkerte mir zu und hängte den Wandteppich wieder vor die Öffnung. Schnell verklangen seine Schritte, ich war allein.
    Erst war ich vollkommen blind, doch allmählich gewöhnte ich mich an das schwache Licht der Öllampe, die direkt hinter meiner Schulter stand. Vor mir entdeckte ich mehrere winzige Gucklöcher, die man in das dicke Wollgewebe gebohrt hatte und durch die ich den ganzen Raum überblicken konnte. Ich hörte jetzt Schritte, die rasch näher kamen, und plötzlich schob sich vor meine Augen etwas Dunkles, das ich verschwommen als die Rückseite eines verrunzelten, rosafarbenen Glatzkopfes ausmachte. In der nächsten Sekunde dröhnte Crassus ' Stimme so laut in meinen Ohren, dass ich fast nach vorn gestolpert wäre. Er bat seine Gäste mit freundlicher Stimme, doch einzutreten. Dann gab er meine Gucklöcher frei, und andere Männer gingen an mir vorbei und nahmen auf den Stühlen Platz: der behände Catilina, Hybrida mit seinem Säufergesicht, der geschniegelt und gleichgültig-arrogant wirkende Caesar, der untadelige Lentulus Sura, Mucius, der Held des Nachmittags, und zwei berüchtigte Stimmenkäufer. Außerdem erkannte ich einige Senatoren, die das Volktribunat anstrebten. Sie alle schienen bester Laune zu sein, waren zu Scherzen aufgelegt, und Crassus musste erst ein paar Mal in die Hände klatschen, um die Besprechung eröffnen zu können.
    »Meine Herren, vielen Dank, dass ihr gekommen seid«, sagte er, wobei er mit dem Rücken zu mir stand.

Weitere Kostenlose Bücher