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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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er endlich kam, war es vollkommen dunkel. Sämtliche Lampen und Kerzen, einschließlich meiner Öllampe, waren heruntergebrannt. Als er den Teppich zur Seite zog, zuckte ich zusammen; wortlos hielt er mir die Hand hin und half mir auf. Zusammen schlichen wir durch das schlafende Haus in den Kellerraum und krabbelten ins Freie. Als ich mit steifen Knochen in der Gasse stand, bedankte ich mich flüsternd.
    »Keine Ursache«, flüsterte er zurück. Im schwachen Mondschein konnte ich das aufgeregte Leuchten in seinen Augen sehen - Augen, die so weit aufgerissen, so hell waren, dass mir klar wurde, das waren nicht nur die Worte eines törichten Großmauls, das war ernst gemeint, als er hinzufügte: »War mir ein Vergnügen.«
     

     
    Es war weit nach Mitternacht, als ich schließlich wieder zu Hause war. Alle schliefen schon bis auf Cicero, der im Speisezimmer auf mich gewartet hatte. Nach den Büchern zu urteilen, die neben der Liege auf dem Boden herumlagen, musste er mich schon seit Stunden erwartet haben. »Und?«, sagte er. Als ich nickte und damit den Erfolg meiner Mission signalisierte, kniff er mir in die Wange und erklärte, dass ich der mutigste und schlaueste Sekretär sei, den je ein Staatsmann gehabt habe. Ich gab ihm die Notizbücher, er schlug das erste auf und hielt es ans Licht. »Klar, deine verdammten Hieroglyphen«, sagte er und zwinkerte mir zu. »Also los, setz dich hin, ich hol dir einen Becher Wein, und dann kannst du mir alles erzählen. Willst du was essen?« Er schaute sich unbeholfen um; die Rolle des Dieners war ihm nicht gerade angeboren. Kurz darauf saß ich ihm gegenüber, vor mir ein voller Becher Wein, ein Apfel und meine Notizbücher - wie ein Schuljunge, der seine Lektion aufsagen soll.
    Die Wachstafeln selbst sind nicht mehr in meinem Besitz, aber Cicero hat die Abschriften, die er davon anfertigen ließ, zusammen mit seinen vertraulichsten Unterlagen aufgehoben. Während ich sie mir jetzt anschaue, wundert es mich nicht mehr, dass ich der Diskussion damals nicht hatte folgen können. Die Verschwörer hatten sich offenbar vorher schon mehrere Male getroffen, denn ihre Beratungen an jenem Abend setzten einiges an Vorwissen voraus. Es wurde viel über Gesetzgebungspläne, Ergänzungen zu Gesetzesentwürfen und Aufteilungen von Verantwortungsbereichen gesprochen. Man darf sich das nicht so vorstellen, dass ich Cicero einfach meine Aufzeichnungen vorlas und wir damit alles verstanden hätten. Wir brüteten viele Stunden über rätselhaften Bemerkungen, die wir drehten und wendeten, bis wir uns schließlich ein klares Bild machen konnten. Immer wieder rief Cicero: »Diese durchtriebenen Schurken, schlau, verdammt schlau!«, stand dann auf, drehte ein paar Runden im Zimmer und setzte sich wieder. Kurz gesagt gliederte sich die Verschwörung, an der Caesar und Crassus seit vielen Monaten gezimmert haben mussten, in vier Teile. Als Erstes strebten sie die Kontrolle über den Staat an, und zwar mit Siegen in allen allgemeinen Wahlen, die ihnen nicht nur beide Konsulate, sondern auch alle zehn Volktribunate plus ein paar Präturen bescheren sollten; Angesichts der täglich schwindenden Unterstützung für Cicero, so die Stimmenkäufer, sei dieses Ziel mehr oder weniger eine vollendete Tatsache. Der zweite Schritt sah vor, dass die Volkstribunen im Dezember ein Gesetz für eine umfassende Landreform einbringen sollten, welches die Auflösung der großen staatlichen Ländereien beinhaltete - vor allem in den fruchtbaren Ebenen Kampaniens - sowie deren sofortige Verteilung als Ackerland an fünftausend städtische Plebejer. Im dritten Schritt sollten im März zehn von Crassus und Caesar angeführte Regierungsbeauftragte gewählt werden, die die Vollmacht erhielten, eroberte Gebiete im Ausland zu verkaufen und mit den daraus erzielten Erlösen per Zwangsenteignung weitere riesige Landgebiete in Italien zu erwerben, um damit ein noch größeres Besiedlungsprogramm zu starten. Als letzte Stufe stand für kommenden Sommer nichts Geringeres als die Annektierung Ägyptens auf dem Programm. Als Vorwand würde das umstrittene, vor etwa siebzehn Jahren verfasste Testament eines seiner toten Herrscher, König Ptolemaios des Soundsovielten, dienen, in dem er angeblich sein gesamtes Herrschaftsgebiet dem römischen Volk vermachte; die Profite auch daraus würden zu weiterem Landerwerb in Italien besagten Regierungsbeauftragten zur Verfügung stehen.
    »Bei allen Göttern, das ist ein als Landreform getarnter

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