Imperium
offen?«
»Weil, meine liebe Terentia, die Aristokraten alle so denken wie du. Die würden das niemals unterstützen. Erst sind es die großen Staatsgüter, die zerschlagen und verteilt werden, und dann nehmen sie sich die privaten Ländereien der Herren vor. Mit jedem Stück Land, das Caesar und Crassus unter die Leute bringen, haben sie einen Klienten mehr. Wenn den Patriziern erst mal die Kontrolle über das Land entgleitet, dann sind sie am Ende. Außerdem, was glaubst du wohl, wie Catulus oder Hortensius darauf reagieren würden, von einer Zehnerkommission herumkommandiert zu werden, die das Volk gewählt hat? Das Volk! Das wäre für die Herren gleichbedeutend mit Revolution - Tiberius Gracchus, das gleiche Spiel noch mal von vorn.« Cicero warf das Notizbuch wieder auf den Esstisch. »Nein, um den Status quo zu erhalten, würden die Aristokraten das tun, was sie schon immer getan haben - intrigieren, bestechen, meucheln.«
»Und zwar mit vollem Recht!« Terentia schaute ihn finster an. Ihre Fäuste waren geballt. Fast rechnete ich damit, dass sie ihn schlagen würde. »Sie hatten recht, als sie die Volkstribunen entmachtet haben, genauso wie es richtig war, zu versuchen, Pompeius, diesem Emporkömmling aus der Provinz, Einhalt zu gebieten. Und wenn du noch etwas Verstand hast, dann gehst du jetzt zu den Aristokraten und sagst: ›Das hier sind Crassus ' und Caesars Pläne - unterstützt mich, und ich werde dem ein Ende machen.‹«
Cicero stöhnte wütend auf und ließ sich auf die Liege fallen. Eine Zeit lang schwieg er. Plötzlich hob er den Blick und schaute Terentia an. »Himmel, Terentia«, sagte er leise, »du bist tatsächlich ein schlaues Weib.« Er sprang auf und küsste sie auf die Wange. »Mein wunderbares, schlaues Weib - du hast völlig recht. Oder besser, halb recht, es ist gar nicht nötig, dass ich irgendetwas unternehme. Ich überlasse das einfach Hortensius. Tiro, wie lange brauchst du, um eine saubere Abschrift von deinem Protokoll anzufertigen - nicht vom ganzen Protokoll, nur von den wichtigsten Punkten, gerade so viel, dass Hortensius ' Neugier geweckt wird?«
»Ein paar Stunden«, antwortete ich. Sein dramatischer Stimmungsumschwung verwirrte mich.
»Schnell, schnell!«, sagte er. Ich konnte mich nicht erinnern, ihn jemals so überdreht gesehen zu haben. »Los, hol mir Feder und Papyrus!«
Ich holte ihm beides, er tauchte die Schreibfeder ins Tintenfass, dachte kurz nach und fing dann an zu schreiben, wobei Terentia und ich ihm über die Schulter schauten.
Von: Marcus Tullius Cicero
An: Quintus Hortensius Hortalus
Sei gegrüßt!
Meine patriotische Pflicht gebietet mir, dir vertraulich das Protokoll eines Treffens zukommen zu lassen, das am gestrigen Abend im Hause des M, Crassus stattgefunden hat, an dem neben dem Hausherrn . G. Caesar, L. Catilina, G. Hybrida, P. Sura und einige Kandidaten für das Volkstribunat teilgenommen haben, deren Namen dir allesamt bekannt sind. Ich werde heute im Senat das Wort ergreifen und einige dieser Personen zur Rede zu stellen. Solltest du an einer eingehenden Erörterung der Angelegenheit interessiert sein, so stehe ich dir hinterher im Haus unseres gemeinsamen Freundes T. Pomponius Atticus zur Verfügung.
Das sollte reichen«, sagte er und blies über die feuchte Tinte. »Und du, Tiro, machst jetzt eine so vollständige Kopie deiner Notizen, wie es dir in der kurzen Zeit möglich ist. Wichtig sind die Passagen, bei denen ihnen mit Sicherheit das Patrizierblut in den Adern gefriert. Bis spätestens eine Stunde vor Sitzungsbeginn bringst du deine Abschrift zusammen mit meinem Brief persönlich Hortensius - persönlich, ist das klar, keinem Sekretär. Und dann schick einen von deinen Burschen zu Atticus, und lass ihm ausrichten, dass ich ihn noch kurz sprechen möchte, bevor ich in den Senat gehe.« Er gab mir den Brief und eilte aus dem Zimmer.
»Soll Sositheus oder Laurea die Klienten einlassen?«, rief ich ihm hinterher, denn ich hörte schon Stimmen auf der Straße. »Und wann sollen die Türen geöffnet werden?«
»Keine Klienten heute Morgen!«, rief er zurück, als er schon halb die Treppe oben war. »Wenn sie wollen, können sie mich in den Senat begleiten. Du hast jetzt genug zu tun, und ich muss mich um meine Rede kümmern.«
Seine Schritte hallten durchs Haus, bis er in seinem Zimmer verschwunden war. Terentia berührte die Stelle auf ihrer Wange, wo Cicero sie geküsst hatte, und schaute mich verwirrt an. »Rede?«,
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