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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Männer gekreuzigt zu haben, ohne dass es, wie er sich ausdrückte, zu »gewalttätigen Zwischenfällen« gekommen sei. Siebzehn Kreuzigungen pro Meile, also alle einhundertsiebzehn Schritte ein Kreuz - er hatte ein phänomenales Gedächtnis für Zahlen. Das Kunststück dabei sei, keine Panik unter den Gefangenen aufkommen zu lassen, sonst hätte man gleich noch eine Schlacht am Hals. Man habe also jede Meile - manchmal auch alle zwei oder drei Meilen, um keinen Verdacht zu erregen - die entsprechende Zahl gefangener Sklaven anhalten lassen und dem Rest der Kolonne befohlen weiterzumarschieren, um erst, als diese außer Sichtweite gewesen sei, mit den Kreuzigungen zu beginnen. So habe man mit einem Minimum an Störungen - schließlich sei die Via Appia die meistbenutzte Straße in ganz Italien - den maximalen Abschreckungseffekt erzielt.
    »Ich bezweifle, dass sich in Zukunft noch viele Sklaven gegen Rom erheben werden«, sagte Crassus und schaute mich lächelnd an. »Na, was glaubst du?«, fragte er mich. Als ich leidenschaftlich verneinte, zwickte er mich in die Backe und verstrubbelte mir das Haar. Als er mich berührte, glaubte ich, meine Haut würde verschrumpeln. »Ist er zu verkaufen?«, fragte er Cicero. »Gefällt mir, der Bursche, ich mache dir einen guten Preis. Mal sehen …« Er nannte eine Summe, die mindestens das Zehnfache des normalen Preises betrug, und einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete ich, Cicero würde annehmen und mich aus seinem Leben verbannen - ein Schicksal, das ich nicht ertragen hätte.
    »Er ist nicht zu verkaufen, zu keinem Preis«, sagte Cicero. Die Fahrt hatte ihm zugesetzt, seine Stimme klang ein wenig heiser. »Und um jedes Missverständnis von vornherein auszuschließen, Imperator, ich habe meine Unterstützung Pompeius Magnus zugesichert.«
    »Pompeius Magnus?«, frotzelte Crassus. »Pompeius der Große? Verglichen mit wem?«
    »Darauf möchte ich lieber nicht antworten«, sagte Cicero. »Vergleiche können so ekelhaft sein.« Darauf zuckte sogar ein so unerbittlich leutseliger Mensch wie Crassus kaum merklich zurück.
    Es gibt Politiker, die können es nicht ertragen, sich zusammen in ein und demselben Raum aufzuhalten, selbst wenn es im Interesse beider wäre, sich zu verständigen. Es wurde mir schnell klar, dass Cicero und Crassus zu dieser Sorte gehörten. Das ist eine Tatsache, die die Stoiker nicht begreifen, wenn sie behaupten, dass Vernunft und nicht Emotionen die Hauptrolle in menschlichen Beziehungen spielen sollten: Ich fürchte, dass das Gegenteil richtig ist und dass das auch immer so sein wird, sogar oder vielleicht gerade in der angeblich so kühl abwägenden Welt der Politik. Und wenn schon in der Politik keine Vernunft herrscht, wo soll man sie dann finden? Crassus hatte Cicero zu sich bestellt, um seine Freundschaft zu gewinnen. Und Cicero war mit dem Vorsatz gekommen, sich Crassus ' Wohlwollen zu erhalten. Da jedoch beide ihre gegenseitige Abneigung nicht verbergen konnten, wurde das Treffen ein Desaster.
    »Kommen wir gleich zur Sache, einverstanden?«, sagte Crassus, nachdem er Cicero gebeten hatte, Platz zu nehmen. Er legte seinen Umhang ab, übergab ihn seinem Sohn und ließ sich auf dem Sofa nieder. »Zwei Dinge sind es, Cicero, um die ich dich bitten möchte. Das Erste ist die Unterstützung meiner Kandidatur für das Amt des Konsuls. Ich bin jetzt vierundvierzig, also mehr als alt genug, und ich glaube, dass ich in diesem Jahr an der Reihe bin. Das Zweite ist ein Triumph. Für beides bin ich bereit zu zahlen, egal, wie hoch dein Marktwert gerade ist. Wie du weißt, mache ich normalerweise nur Exklusivverträge, aber angesichts deiner schon eingegangenen Verpflichtungen werde ich mich wohl mit der Hälfte von dir begnügen müssen.« Dann verneigte er sich leicht und rügte hinzu: »Ein halber Cicero ist immer noch doppelt so viel wert wie bei den meisten anderen der ganze Mann.«
    »Sehr schmeichelhaft, Imperator«, erwiderte Cicero, dem die Andeutung sauer aufstieß. »Vielen Dank. Meinen Sklaven kann man nicht kaufen, aber mich schon, meinst du das? Vielleicht erlaubst du mir, dass ich darüber nachdenke.«
    »Was gibt es da nachzudenken? Bei den Konsulatswahlen hat jeder Bürger zwei Stimmen. Gib eine mir und die andere, wem immer du willst. Du brauchst nur dafür zu sorgen, dass deine Freunde ebenso handeln. Sag ihnen, dass Crassus nie vergisst, wer ihm gefällig war. Und genauso wenig, wer ihm nicht gefällig war.«
    »Ich fürchte, ich

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