Imperium
befand, sagte er kein Wort mehr. Hier lenkte er meine Aufmerksamkeit auf etwas Seltsames: auf Militärposten, die kleine Parzellen bewachten, die wie Holzlagerplätze aussahen. An vier oder fünf dieser Plätze, die in regelmäßigen Abständen von etwa einer halben Meile auftauchten, waren wir schon vorbeigekommen. Und auf jedem weiteren schien größere Betriebsamkeit zu herrschen als auf dem vorherigen. Es wurde gehämmert, gesägt, gegraben. Cicero sagte mir schließlich, worum es sich dabei handelte. Die Soldaten zimmerten Kreuze. Kurz darauf kam uns eine Kolonne von Crassus ' Fußsoldaten entgegen, die Richtung Rom marschierte. Wir mussten am Straßenrand halten, um sie vorbeizulassen. Den Soldaten folgte eine lange Gefangenenprozession, Hunderte besiegter Rebellensklaven mit auf dem Rücken gefesselten Händen, eine ausgemergelte, graue Geisterarmee, die einem Schicksal entgegenstolperte, dessen Vorbereitungen wir gerade gesehen hatten, von dem sie selbst aber wahrscheinlich noch nichts wussten. Unser Kutscher murmelte einen Zauberspruch, um uns das Böse vom Leib zu halten, ließ die Peitsche über den Flanken der Pferde schnalzen, und in der nächsten Sekunde sprengten wir davon. Etwa eine Meile weiter begann das Töten; in kleinen Gruppen an beiden Straßenseiten wurden die Gefangenen an die Kreuze genagelt. Ich versuche die Bilder zu verdrängen, aber gelegentlich tauchen sie in meinen Träumen wieder auf. Vor allem ein Motiv sehe ich immer wieder vor mir: wenn die Soldaten das Holzkreuz mit dem angenagelten, schreienden Opfer mit Seilen in die Senkrechte hieven und dieses dann mit einem dumpfen Schlag in das dafür ausgehobene tiefe Loch fahrt. Außerdem erinnere ich mich an den Augenblick, als wir eine Hügelkuppe überquerten und in eine lange Allee aus Kreuzen blickten, die in der Hitze des Spätvormittags schimmerte und sich Meile um Meile schnurgerade dahinzog. Die Luft schien zu zittern von dem Stöhnen der Sterbenden, dem Brummen der Fliegen, dem Kreischen der kreisenden Krähen.
»Deshalb hat er mich also hier rausgelockt«, murmelte Cicero wütend. »Er will mich einschüchtern.« Sein Gesicht war schneeweiß. Wenn es um Schmerz und Tod ging, war Cicero sehr empfindlich, sogar bei Tieren, weshalb er es möglichst vermied, die Spiele zu besuchen. Ich nehme an, dass das auch der Grund für seine Abneigung gegen alles Militärische war. In seiner Jugend hatte er lediglich die Mindestzeit an Militärdienst abgeleistet und war kaum in der Lage, ein Schwert zu rühren oder eine Lanze zu schleudern. Während seiner ganzen Karriere musste er sich den höhnischen Vorwurf des Drückebergers gefallen lassen.
Bei Meilenstein achtzehn stießen wir auf das Kernstück von Crassus ' Legionen. Wie bei jeder Armee im Feld wehte uns der Geruch von Staub, Schweiß und Leder entgegen. Das neben der Straße aufgeschlagene Lager war von einem Graben und Schutzwällen umgeben. Standarten flatterten über dem Tor, neben dem Crassus ' Sohn Publius, damals noch ein forscher Jungoffizier, schon wartete, um uns zum Zelt des Generals zu geleiten. Dort verabschiedeten sich gerade ein paar andere Senatoren von dem unverwechselbaren Crassus. Der »alte Glatzkopf«, wie seine Soldaten ihn nannten, trug trotz der Hitze den scharlachroten Umhang des Befehlshabers. Er war die Leutseligkeit in Person, wünschte den scheidenden Besuchern eine sichere Heimreise und begrüßte uns ebenso freundlich - sogar mich, dessen Hand er so herzlich schüttelte, als sei ich selbst ein Senator und nicht irgendein Sklave, der unter anderen Umständen vielleicht schreiend an einem seiner Kreuze hinge. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, was genau mich damals an ihm so beunruhigt hatte, so war es vermutlich Folgendes: diese urteilslose und unvoreingenommene Freundlichkeit, mit der er dir selbst dann gegenübertreten würde, wenn er sich gerade entschlossen hätte, dich zu töten. Laut Cicero war er mindestens zweihundert Millionen Sesterzen schwer, aber er unterhielt sich mit jedermann so ungezwungen wie ein Bauer, der an seinem Weidezaun lehnte, und sein Haus in Rom war so bescheiden und schlicht wie sein Armeezelt.
Er bat uns hinein - mich auch, er bestand darauf und entschuldigte sich für das grausige Schauspiel an der Via Appia, das er aber für unumgänglich halte. Besonders stolz schien er auf die logistische Leistung zu sein, entlang dreihundertfünfzig Meilen Straße - vom Ort der siegreichen Schlacht bis vor die Tore Roms - sechstausend
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