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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Imperator!« Jubel brandete auf, das Tor wurde aufgerissen, und flankiert von seinen Leibwächtern erschien Crassus. Er nahm den mit Federn geschmückten Helm ab, gab ihn einem seiner Liktoren, wischte sich die Stirn ab und schaute sich um. Sein Blick fiel auf Cicero. Er neigte leicht den Kopf und lächelte ihn, wie es seine Art war, unbefangen an. Ich glaube, dass dies einer der seltenen Momente war, in denen ich Cicero vollkommen sprachlos sah. Dann warf sich Crassus - auf ziemlich majestätische Weise, muss ich zugeben - den scharlachroten Umhang über die Schulter und betrat mit festem Schritt die Villa Publica, während Cicero sich kraftlos auf seinen Hocker fallen ließ.
    Immer wieder ist mir dieser merkwürdige Aspekt der Macht aufgefallen: Wenn man ihr körperlich am nächsten ist, weiß man oft am wenigsten, was sich gerade abspielt. Zum Beispiel habe ich erlebt, wie Senatoren sich genötigt sahen, den Senatssaal zu verlassen und ihre Sklaven auf den Gemüsemarkt zu schicken, um zu erfahren, was in der von ihnen vermeintlich regierten Stadt eigentlich vorging. Oder ich habe von Generälen gehört, die trotz zahlreicher Legaten und Kundschafter gezwungen waren, vorbeikommende Schäfer abzufangen, um sich das Neueste vom Schlachtfeld erzählen zu lassen. So erging es an jenem Nachmittag auch Cicero, der von dem Raum, in dem Rom tranchiert wurde wie ein Brathühnchen, keine zehn Schritte entfernt auf einem Hocker saß und sich von Quintus berichten lassen musste, was der von einem Beamten auf dem Forum erfahren und was dieser wiederum von einem Senatsschreiber gehört hatte.
    »Sieht schlecht aus«, sagte Quintus, obwohl man das schon an seinem Gesichtsausdruck ablesen konnte. »Pompeius Konsul, die Rechte des Volkstribunats wiederhergestellt, kein Widerstand der Aristokratie. Als Gegenleistung - und jetzt pass auf - als Gegenleistung Hortensius und Quintus Metellus mit voller Rückendeckung durch Pompeius Konsuln im nächsten Jahr. Ablösung von Verres als Statthalter von Sizilien, neuer Statthalter Lucius Metellus - Lucius Metellus! Und jetzt der Gipfel: Crassus - Crassus! - zweiter Konsul neben Pompeius, Auflösung beider Armeen am Tag des Amtsantritts.«
    »Aber ich hätte dabei sein müssen«, sagte Cicero und starrte tief bestürzt zur Villa. »Ich hätte dabei sein müssen!«
    »Marcus«, sagte sein Bruder mit trauriger Stimme und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Keiner von denen wollte, dass du dabei bist.«
    Wie betäubt war Cicero angesichts des Ausmaßes des Umschwungs - er selbst ausgeschlossen, seine Feinde belohnt, Crassus zum Konsul befördert. Doch dann schüttelte er sich, stand auf und ging wütend Richtung Tür. Vielleicht hätte einer von Pompeius ' Wachsoldaten seiner politischen Karriere nur wenige Sekunden später durch das Schwert ein Ende gesetzt, denn ich glaube, in seiner Verzweiflung war er damals fest entschlossen, sich den Weg zum Verhandlungstisch zu erzwingen und seinen Anteil einzufordern. Doch es war schon zu spät. Die mächtigen Männer hatten ihren Handel besiegelt und verließen gerade die Villa. Ihre hektischen Berater kamen als Erste, dann die Wachen, die auf den Boden stampften, als ihre Herren durch die Tür traten. Crassus erschien als Nächster, dann trat Pompeius aus dem Halbdunkel. Alle wussten sofort, wen sie vor sich hatten. Nicht nur wegen der Aura der Macht, die die Luft bei jeder seiner Bewegungen aufzuladen schien, sondern auch wegen seiner Züge. Er hatte ein breites Gesicht mit weit auseinanderstehenden Backenknochen und dichtes, welliges Haar, das sich zu einer Tolle aufschwang, die an den Bug eines Schiffes erinnerte. Das Gesicht strahlte Gewicht und Führungskraft aus, es passte zu den breiten Schultern und dem kräftigen Brustkorb. Er hatte den Oberkörper eines Ringers. Mir war jetzt klar, warum man ihn in seiner Jugend, als er für seine Skrupellosigkeit berühmt war, den jungen Schlächter genannt hatte.
    Und so defilierten sie an uns vorüber, der alte Glatzkopf und der junge Schlächter. Ohne ein Wort zu wechseln, ohne sich auch nur anzuschauen, gingen sie auf das Tor zu, das sich für sie öffnete. Sofort setzten sich die Senatoren in Bewegung und hefteten sich an ihre Fersen, und auch wir wurden mit der Menge auf den Platz vor der Villa Publica hinausgeschwemmt und prallten dort auf eine Wand aus Hitze und Lärm. Es waren sicher zwanzigtausend Menschen, die sich an jenem Nachmittag auf dem Marsfeld versammelt hatten und die jetzt in

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