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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Prätor in ihrem Haus begrüßen zu dürfen. Aber Afranius stammte weder aus einer ehrbaren Familie, noch verfügte er über jedwede Kinderstube. Er besaß doch tatsächlich die Unverschämtheit, sie zu fragen, ob sie gern tanze. Und als sie entsetzt zurückwich, erklärte er, dass er selbst nichts lieber täte. Dann zog er seine Toga hoch, entblößte seine Beine und wollte von ihr wissen, ob sie schon jemals ein stattlicheres Paar Waden gesehen habe.
    Das waren Pompeius ' Repräsentanten in Rom, und ihnen haftete immer etwas vom Geruch und den Manieren eines Feldlagers an. Sie waren ungeschlacht bis zur Brutalität - aber vielleicht musste man das sein, wenn man vorhatte, was sie vorhatten. Palicanus ' Tochter Lollia - ein schlampiges junges Ding, eine Zumutung in Terentias Augen - begleitete die Gruppe gelegentlich, da sie mit Aulus Gabinius verheiratet war. Auch er gehörte zu Pompeius ' Parteigängern aus Picenum und diente damals unter dem General in Spanien. Gabinius war das Verbindungsglied zu den Legionskommandeuren, die ihn mit Informationen über die Loyalität in der Truppe versorgten. Das war entscheidend, denn es hatte keinen Sinn, wie Afranius sich ausdrückte, zur Wiederherstellung der Macht des Volkstribunats eine ganze Armee nach Rom zu schaffen, nur um schließlich festzustellen, dass die Legionen freudig zu den Aristokraten überliefen, wenn nur die Höhe der Bestechungssumme stimmte.
    Ende Januar traf Gabinius ' Nachricht ein, dass die letzten Rebellenhochburgen in Uxama und Calagurris gefallen seien und Pompeius nun bereit sei, seine Armee in Richtung Heimat in Marsch zu setzen. Cicero hatte seit Wochen die pedarii unter den Senatoren bearbeitet, hatte sie in Senatspausen immer wieder beiseite genommen, um sie davon zu überzeugen, dass die aufständischen Sklaven im Norden Italiens eine zunehmende Gefahr für ihre Geschäfts- und Handelsinteressen darstellten. Seine Überzeugungsarbeit sollte sich lohnen. Als das Thema im Senat diskutiert wurde, stimmte das Haus trotz des erbitterten Widerstands der Aristokraten und der Anhänger Crassus ' mit knapper Mehrheit dafür, Pompeius ' spanische Armee nicht aufzulösen, sondern sie ins Mutterland zurückzubeordern, um Spartacus ' Truppen im Norden zu zerschlagen. Mit diesem Votum hatte Pompeius das Konsulat so gut wie sicher, und Cicero kehrte am Abend jenes Tages mit einem Lächeln auf den Lippen nach Hause zurück. Gewiss, er war von den Aristokraten, die ihn inzwischen mehr verachteten als jeden anderen Mann in Rom, brüskiert worden. Der präsidierende Konsul, der unglaublich hochnäsige Publius Cornelius Lentulus Sura, hatte sogar seinen Versuch, sich zu Wort zu melden, absichtlich ignoriert. Aber was machte das schon? Er gehörte zum inneren Kreis von Pompeius Magnus, und jeder Idiot weiß, dass man in der Politik am schnellsten vorwärtskommt, wenn man sich in der Nähe des Mannes an der Spitze einnistet.
    Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass wir in diesen hektischen Monaten Sthenius aus Thermae vernachlässigt haben. Oft tauchte er schon morgens auf und drückte sich in der Hoffnung auf eine Unterredung den ganzen Tag in der Nähe des Senators herum. Er wohnte immer noch in Terentias verwahrloster Mietskaserne, und er hatte nicht viel Geld. Rom konnte er nicht verlassen, da seine Immunität an den Stadtmauern endete. Seit Oktober hatte er sich nicht mehr rasiert, nicht mehr die Haare schneiden lassen und - nach seinem Geruch zu urteilen - auch nicht mehr die Kleidung gewechselt. Es war nicht direkt Wahnsinn, aber doch hochgradige Besessenheit, die er ausstrahlte, wenn er durch die Straßen wanderte, unablässig Papyrusfetzen zu kleinen Kügelchen zusammenknüllte, damit herumspielte und sie schließlich auf den Boden warf.
    Cicero ließ sich immer neue Ausreden einfallen, um ihn nicht sprechen zu müssen. Zweifellos war er der Meinung, seiner Verpflichtung nachgekommen zu sein. Aber es war nicht nur das. Die Politik ist wie ein Hohlkopf vom Land: Sie kann sich jeweils nur auf eine Sache auf einmal konzentrieren. Der arme Sthenius war einfach unwichtig. Das im Augenblick einzig interessante Thema war die bevorstehende Auseinandersetzung zwischen Crassus und Pompeius. Im Spätfrühling hatte Crassus im Absatz Italiens die Hauptkräfte von Spartacus ' Rebellen besiegt, Spartacus getötet und sechstausend Gefangene gemacht. Danach hatte er seine Truppen Richtung Rom in Marsch gesetzt. Kurz darauf überschritt Pompeius die Grenze und beendete

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