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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Notizen zu machen, und der junge Cato, der nie ein Freund von seichtem Geplauder gewesen war, kam sofort zur Sache. Er brauche einen guten Anwalt, sagte er, und Ciceros Auftritt vor den Volkstribunen habe ihm gefallen, denn auch er halte es für eine Ungeheuerlichkeit, wenn sich ein Mann wie Verres über die altehrwürdigen Gesetze stelle. Um es kurz zu machen: Er war mit seiner Cousine Aemilia Lepida verlobt, einem bezaubernden jungen Mädchen, dessen kurzes achtzehnjähriges Leben schon von Tragödien gezeichnet war. Als sie dreizehn war, ließ sie ihr damaliger Verlobter, der arrogante junge Aristokrat Scipio Nasica auf erniedrigende Weise sitzen. Als sie vierzehn war, starb ihre Mutter, als sie fünfzehn war, ihr Vater. Als ein Jahr später auch noch ihr Bruder starb, stand sie völlig allein da.
    »Das arme Mädchen«, sagte Cicero. »Wenn sie deine Cousine ist, dann war ihr Vater Aemilius Lepidus Livianus, der vor sechs Jahren Konsul gewesen ist. Und der war der Bruder deiner kürzlich verstorbenen Mutter Livia, richtig?« (Wie viele Radikale verfügte auch Cicero über erstaunlich detaillierte Kenntnisse der Aristokratie.)
    »Richtig.«
    »Na dann, Cato, meinen Glückwunsch zu dieser ausgezeichneten Partie. Mit dem Blut dieser drei Familien in den Adern, die nächsten Verwandten allesamt tot, ist sie sicher die reichste Erbin von ganz Rom.«
    »Das stimmt«, sagte Cato bitter. »Genau das ist das Problem. Ihr ehemaliger Freier, Scipio Nasica, ist gerade aus Spanien zurückgekommen, wo er in der Armee von Pompeius-dem-sogenannten-Großen gekämpft hat. Und als er gehört hat, dass ihr Vater und Bruder gestorben sind und wie reich sie auf einmal ist, hat er gleich seinen alten Anspruch geltend gemacht.«
    »Naja, aber die Entscheidung liegt ja wohl bei der jungen Dame, oder?«
    »Sicher«, stimmte Cato zu. »Sie war damit einverstanden.«
    »Tja«, sagte Cicero und lehnte sich zurück. »Das ist natürlich ein Problem. Aber wenn deine Cousine mit fünfzehn zur Waise geworden ist, dann hat man doch sicher einen Vormund bestellt. Rede doch mit ihm. Kraft seines Amtes kann er die Heirat wahrscheinlich verbieten.Wer ist der Vormund?«
    »Ich.«
    »Du? Du bist der Vormund der Frau, die du heiraten willst?«
    »Ja. Ich bin ihr nächster männlicher Verwandter.«
    Cicero stützte das Kinn auf die Hand und musterte seinen künftigen Klienten - das wirre Haar, die nackten schmutzigen Füße, die Tunika, die er wahrscheinlich seit Wochen nicht mehr gewechselt hatte. »Und was soll ich jetzt für dich tun?«
    »Ich will, dass du rechtliche Schritte gegen Scipio und, wenn nötig, auch gegen Lepida einleitest. Der Spuk muss ein Ende haben.«
    »Diese rechtlichen Schritte … willst du die in deiner Eigenschaft als zurückgewiesener Freier oder als Vormund des Mädchens eingeleitet wissen?«
    »Egal.« Cato zuckte mit den Achseln. »Beides.«
    Cicero kratzte sich am Ohr. »So grenzenlos auch mein Vertrauen in die Herrschaft des Rechts ist«, sagte er vorsichtig, »so begrenzt ist doch mein Erfahrungsschatz mit jungen Damen. Aber selbst ich, Cato, selbst ich habe meine Zweifel, ob man mit einem Prozess das Herz eines Mädchens gewinnen kann.«
    »Das Herz eines Mädchens?«, wiederholte Cato. »Was hat das Herz eines Mädchens damit zu tun? Das ist eine Frage des Prinzips.«
    Und des Geldes, hätte man hinzufugen können, wenn es sich um irgendeinen anderen Mann gehandelt hätte. Aber Cato genoss das luxuriöseste Privileg der sehr Reichen: Geld interessierte ihn nur wenig. Er hatte jede Menge geerbt und verschenkte es, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden. Nein: Immer war es das Prinzip gewesen, das Cato getrieben hatte - das nie nachlassende Bestreben, beim Prinzip keinen Kompromiss zu dulden.
    »Wir müssten zum Gericht für Veruntreuungen gehen«, sagte Cicero, »und Klage wegen Bruchs des Eheversprechens einreichen. Wir müssten beweisen, dass du mit Lepida einen Vertrag hattest und dass folglich Lepida eine Betrügerin ist. Wir müssten beweisen, dass Scipio ein hinterhältiger, geldgieriger Schuft ist. Ich müsste beide in den Zeugenstand rufen und in Stücke reißen.«
    »Dann tu es«, sagte Cato mit glänzenden Augen.
    »Und am Ende würden wir wahrscheinlich trotzdem verlieren. Nichts lieben Geschworene mehr als unglücklich Verliebte und Waisenkinder - und mit beidem kann Lepidia dienen. Du würdest dich nur zum Gespött von ganz Rom machen, Cato.«
    »Was kümmert mich das Geschwätz der Leute?«, sagte Cato

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