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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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war froh, dass ich gleich wieder verschwinden konnte. Schon jetzt war die Rede so ausgeufert, dass er mindestens zwei Tage gebraucht hätte, um sie vorzutragen. Später hörte ich, wie er auf und ab ging und ihr daraus vorlas. Mir wurde plötzlich klar, dass sie ihm eine Art Generalprobe des Prozesses abverlangte, bevor sie ihm noch mehr Geld vorschoss. Anscheinend hatte ihr Ciceros Vorstellung gefallen, denn am nächsten Morgen sorgte Philotimus dafür, dass uns ein Kredit von weiteren fünfzigtausend Sesterzen eingeräumt wurde. Cicero empfand den Vorgang als Demütigung, jedenfalls beschäftigte er sich nach meiner Erinnerung seit jener Zeit zunehmend mit dem Thema Geld, einem Thema, das ihn davor nie auch nur im Geringsten interessiert hatte.
    Ich bin jetzt schon bei meiner achten Rolle Hieratica und habe das Gefühl, dass ich Zeit vergeude. Ich muss meiner Geschichte etwas Beine machen, sonst werde ich entweder über meiner Arbeit sterben oder langweile den Leser zu Tode. Man sehe mir also nach, wenn ich die nächsten vier Monate im Eiltempo abhandle. Cicero war genötigt, noch harter als sonst zu arbeiten. Morgens musste er sich als Erstes um seine Klienten kümmern. (Natürlich waren durch die Sizilienreise eine Menge Fälle aufgelaufen, die jetzt abgearbeitet sein wollten.) Dann musste er sowohl vor Gericht wie auch im Senat erschienen, die beide tagten. Im Senat hielt er sich bedeckt, vor allem, weil er nicht in ein Gespräch mit Pompeius Magnus verwickelt werden wollte, in dessen Verlauf dieser ihn vielleicht bitten könnte, die Anklage gegen Verres wie auch seine Kandidatur für das Ädilatsamt fallen zu lassen, oder - noch schlimmer - ihm seine Hilfe anbieten könnte, wodurch er dem mächtigsten Mann Roms zu Dank verpflichtet wäre. Und das war eine Verpflichtung, die er unbedingt vermeiden wollte. Nur wenn an öffentlichen Feiertagen und während Sitzungspausen Gerichte und Senat nicht zusammentraten, konnte er sich ganz auf den Verres-Fall konzentrieren. Dann sichtete und straffte er Beweismaterial und instruierte Zeugen. Wir schafften nach und nach über einhundert Sizilier nach Rom, die fast alle zum ersten Mal in der Stadt waren und jemanden brauchten, der sie an die Hand nahm - was meine Aufgabe war. Ich wurde zu einer Art Einmannreiseunternehmer, der dauernd in der Stadt unterwegs war, damit seine Kunden nicht Verres ' Spionen in die Fänge gerieten oder sich betranken oder in Schlägereien verwickelt wurden - ein heimwehkranker Sizilier, das darf man mir glauben, ist kein einfacher Kunde. Ich war erleichtert, als Frugi aus Syrakus eintraf und mir zur Hand gehen konnte. (Vetter Lucius blieb in Sizilien, damit der Nachschub an Beweisen und Zeugen nicht ins Stocken geriet.) Und schließlich nahm Cicero auch seine Besuche in den Hauptquartieren der Wahlbezirke wieder auf, um für seine Wahl zum Ädil zu trommeln, was er meist am frühen Abend in Begleitung von Quintus erledigte.
    Hortensius war ebenfalls aktiv. Mittels seines Sprachrohrs Dasianus hielt er den Gerichtshof für Erpressungen mit seiner öden Anklage auf Trab. Sein Vorrat an Gerissenheit war wirklich unerschöpflich. Zum Beispiel kannte seine Freundlichkeit gegenüber Cicero keine Grenzen. Wann immer sie im Senaculum des Senats auf die Eröffnung der Sitzung warteten, begrüßte er ihn und nahm ihn für ein paar vertrauliche Worte über die allgemeine politische Lage beiseite. Anfangs fühlte Cicero sich geschmeichelt, doch dann erfuhr er, dass Hortensius und seine Anhänger das Gerücht streuten, die Geschworenen und Cicero hätten sich mit einer riesigen Summe dafür bestechen lassen, die Anklage absichtlich scheitern zu lassen - deshalb auch die Vertraulichkeiten in aller Öffentlichkeit. Als unseren überall in der Stadt in Mietskasernen eingepferchten Zeugen die Gerüchte zu Ohren kamen, gerieten sie in Panik wie Hühner, wenn der Fuchs um den Stall streicht. Cicero musste jeden einzelnen besuchen und beruhigen. Als Hortensius das nächste Mal mit ausgestreckter Hand auf ihn zuging, drehte er sich einfach um. Hortensius lächelte und zuckte mit den Achseln - was soll ' s, für ihn lief ohnehin alles nach Wunsch.
    Ich sollte an dieser Stelle vielleicht noch etwas mehr über jenen bemerkenswerten Mann erzählen, den »König der Gerichtshöfe«, wie ihn seine Anhänger nannten, dessen Rivalität mit Cicero die römische Anwaltschaft eine Generation lang in Atem hielt. Die Grundlage seines Erfolgs war sein Gedächtnis. In seinen mehr

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