Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
1:10000 bis 20000 (Gbe 2002, RKI 2006). Zwischen 1991 und 1995 wurden in Deutschland 27 Todesfälle gemeldet bei damals noch mehr als 100000 Erkrankungen pro Jahr. Seit 1998 werden jährlich ein bis zwei Todesfälle registriert.
Die neueren Statistiken zeigen jedoch einen Wiederanstieg der Sterblichkeit, der vermutlich mit dem veränderten Alter der Erkrankten zu tun hat: In Nordrhein-Westfalen gab es 2006 unter den 1750 Masernfällen zwei tödliche Verläufe: ein Kind im Alter von zwei Monaten, ein anderes mit zwei Jahren. In Italien kam es 2002/03 unter 24000 Erkrankten zu drei Todesfällen – darunter zwei Säuglinge – und zu 13 Fällen von Enzephalitis. 2009/10 erkrankten bei einem Masernausbruch in Bulgarien mehr als 24000 Menschen (über 90 Prozent bulgarische Roma), 24 davon starben. Im Jahr 2011 wurden in ganz Europa über 30000 Masernfälle registriert, mehr als die Hälfte davon in Frankreich. Es gab 27 Fälle von Enzephalitis und acht Todesfälle.
Eine unvergleichlich höhere Bürde tragen jedoch die Entwicklungsländer mit bis zu 170000 Maserntoten pro Jahr. Unter- oder mangelernährte Kinder haben ein mindestens 400-faches Risiko für Komplikationen und Todesfälle, verglichen mit Kindern aus guten sozialen Verhältnissen (Nightingale 1999). Dies scheint unter anderem an der Vitamin-A-Unterversorgung zu liegen. Die WHO empfiehlt bei masernkranken Kindern aus schlechten sozioökonomischen Verhältnissen die Gabe von je 200000 IE Vitamin A an zwei aufeinanderfolgenden Tagen; das wären jeweils sieben Kapseln Vitamin A 30000 IE Jenapharm. Ein erhöhtes Risiko haben auch HIV- Infizierte und Patienten mit Tuberkulose.
Die Sterblichkeit bei Masern steigt auf das Vielfache, wenn das Fieber medikamentös gesenkt wird (Witsenburg 1992). Die Empfehlung zur Fiebersenkung, die in vielen Lehrbüchern zu lesen ist, muss daher revidiert werden. Leider fehlen Untersuchungen über die soziale Situation, den Ernährungszustand und die Altersstruktur der Patienten mit Masernkomplikationen und über die Abhängigkeit der Komplikationen von therapeutischen Maßnahmen. Ein Forschungsprojekt zu Komplikationen der Masernerkrankung, das das anthroposophisch orientierte Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke zusammen mit dem Robert-Koch-Institut durchführte, musste 2004 unter anderem wegen der fehlenden Kooperationsbereitschaft der Bundesbehörde abgebrochen werden. Es sollten wohl Ergebnisse verhindert werden, die die Ausrottungsstrategie in Frage stellen könnten. Zwischenauswertungen zeigten nämlich deutlich weniger Masernkomplikationen bei anthroposophisch oder homöopathisch orientierter Behandlung (Schmitt-Troschke 2005).
Die subakute sklerosierende Panenzephalitis ( SSPE ) ist eine sehr seltene, aber dramatische Spätfolge von Masern, die praktisch zur Zerstörung des Gehirns und immer zum Tod führt. Sie ist vor allem Folge von Masern in den ersten zwei Lebensjahren, weil in diesem Alter das Virus weniger zuverlässig beseitigt wird (Bellini 2005). Seit der breiten Akzeptanz der Masernimpfung werden die SSPE -Erkrankungen zwar insgesamt seltener. Das relative SSPE -Risiko ist jedoch deutlich angestiegen, weil Masern in den ersten beiden Lebensjahren häufiger geworden sind. Während vor der Impfära nur einer von 100000 Masernkranken von SSPE betroffen war, liegt das Risiko heute bei 1:10000 und höher (Campbell 2007).
Bisher gibt es keinen gesicherten Fall von SSPE durch das Masernimpfvirus. Untersucht man Kinder, die nach einer Masernimpfung an SSPE erkrankt und gestorben sind, findet man bei der Obduktion regelmäßig Erbmaterial von Wildviren im Nervengewebe.
Positive Aspekte der Masern
Die Masern üben offenbar einen positiven Effekt auf das Immunsystem aus. Die Arztkontakte wegen Infektanfälligkeit nehmen nach Masern deutlich ab (Kummer 1992). In der Dritten Welt senken die Masern langfristig das Risiko von Parasitenbefall und Malaria (Rooth 1992). Kinder, die Masern durchgemacht haben, leiden seltener an allergischen Erkrankungen; die Masernimpfung bietet diesen Schutz nicht (Shaheen 1996, Flöistrup 2006, Kucukosmanoglu 2006, Rosenlund 2009).
Eine bekannte positive Folge der Masern ist die heilende Wirkung auf chronische Erkrankungen wie Schuppenflechte (Chakravati 1986) oder nephrotisches Syndrom, eine schwere chronische Nierenerkrankung. Auch Epilepsie kann durch Masern ausheilen (Yamamoto 2004), ebenso eine durch Nahrungsmittelallergie bedingte Neurodermitis (Kondo 1993).
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