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Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung

Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung

Titel: Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hirte
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Embryopathie immerhin 2 bis 8 Prozent (Enders 2011).
    Die Ausrottungspolitik
    Die Weltgesundheitsorganisation fordert die Ausrottung (»Elimination«) der Röteln in Europa und Nord- und Südamerika bis zum Jahr 2015 ( WHO 2005). Alle gebärfähigen Frauen sollen einen Impfschutz haben und auch keiner Infektionsgefahr mehr ausgesetzt sein. Die WHO stellt dabei frei, mit Einzel- oder Kombinationsimpfstoffen vorzugehen. Zur Überprüfung der Rötelnsituation fordert die WHO eine Meldepflicht für Rötelnerkrankungen, wie sie in Deutschland seit 2012 besteht.
    Die meisten europäischen Länder verfolgen das Ziel der Ausrottung von Röteln und Masern mit der MMR -Impfung für Kleinkinder und empfehlen zwei Impfungen mit einem Mindestabstand von vier Wochen. Durch die über 90-prozentige Durchimpfung der Kinder sind die Röteln in den meisten westlichen Ländern äußerst selten geworden. In Deutschland wird die Zahl der Erkrankungen auf jährlich 70 bis 640 Fälle geschätzt (Gärtner 2011).
    Das Verschwinden der Röteln in einer voll »durchgeimpften« Bevölkerung hat jedoch seine Tücken. In Ländern wie Schweden, Ungarn, Slowakei oder USA , in denen schon seit über 20Jahren praktisch alle Kinder gegen Röteln geimpft werden, werden zwar kaum noch Röteln oder Rötelnembryopathien registriert. Die Immunität der Schwangeren verschlechtert sich jedoch, weil die natürliche Boosterung durch das Wildvirus ausbleibt. Mit zunehmendem Abstand zur Impfung sinken die Impfantikörper ab, teilweise auf Werte, die keinen sicheren Schutz mehr befürchten lassen.
    Mehr als 8 Prozent der schwedischen Frauen, die als Kleinkind geimpft worden sind, haben keine nachweisbaren Röteln-Antikörper (Kakoulidou 2010). In den USA liegt der Anteil sogar bei 10 Prozent (LeBaron 2009) – ähnlich hoch wie in Deutschland vor Einführung der Impfung. Die Situation ist labil, und in Schweden wird die Einführung einer dritten Rötelnimpfung angedacht, um Rötelnausbrüche bei Erwachsenen zu verhindern.
    In Deutschland profitieren die Frauen noch von der »Impfmüdigkeit« der achtziger und neunziger Jahre. Da die Rötelnviren damals noch zirkulierten, haben die meisten der heute Zwanzig- bis Vierzigjährigen entweder noch Röteln gehabt, oder sie wurden geimpft und durch Rötelnkontakt »geboostert«. Über 97 Prozent der deutschen Frauen im gebärfähigen Alter haben ausreichend Röteln-Antikörper im Blut (Enders 2011). Die Anzahl der erfassten Rötelnembryopathien ist seit den frühen neunziger Jahren konstant niedrig. Seit 2001 wird jährlich durchschnittlich ein Fall gemeldet – es handelt sich meist um Kinder ungeimpfter Migrantinnen (Gärtner 2011). Mehr ist nicht zu erreichen.
    Die intensivierte MMR -Impfkampagne der letzten Jahre wird jedoch ähnlich wie in Schweden für künftige Schwangere von Nachteil sein. Die Indizien sprechen eine eindeutige Sprache: Durch zu vieles bzw. zu frühes Impfen verschlechtert sich die Immunität der Schwangeren. Der Versuch, die Röteln zu eliminieren, schafft bei Hunderttausenden junger Frauen eine bedenkliche Abwehrlücke (Enders 2011). Ein Virenimport durch Touristen oder Migranten kann jederzeit Ausbrüche in dieser Risikogruppe verursachen.
    Es stellt sich die Frage, ob die optimale Strategie nicht darin liegt, die Ausrottungsbemühungen aufzugeben. Die zweimalige Impfung aller Mädchen zum Zeitpunkt der Pubertät würde für einen optimalen Schutz im gebärfähigen Alter sorgen. Sie würde wieder Rötelnerkrankungen unter Kindern zulassen, durch die der Impfschutz erwachsener Frauen geboostert wird, und würde damit Durchbruchsinfektionen während einer Schwangerschaft verhindern.
    Nebenwirkungen des Rötelnimpfstoffs
    Die Rötelnimpfung ist eine Impfung mit abgeschwächten, aber immunologisch aktiven Viren. Das Rötelnvirus kann bei Impflingen im Rachenspülwasser nachgewiesen, bis zu 90Tage nach der Impfung ausgeschieden und auf die Umgebung übertragen werden ( CDC 1998). In der Schwangerschaft ist die Impfung daher kontraindiziert.
    Auch in der Stillperiode sollte sie vermieden werden: Bei zwei Dritteln von in der Stillperiode geimpften Frauen findet sich das Virus in der Muttermilch (Stevenson 1996).
    Allgemeinsymptome
    Bei bis zu 10 Prozent der Geimpften kommt es in den 14Tagen nach der Impfung zu Fieber, Krankheitsgefühl, Kopfschmerzen und/oder Magen-Darm-Beschwerden. Bei jedem Siebten schwellen innerhalb von vier Wochen die Lymphknoten im Nacken an, gelegentlich begleitet von einem

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