Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
entwickelten in der Folge schwere neurologische Erkrankungen: Autismus, zerebrales Anfallsleiden und Entwicklungsverzögerung mit Krampfanfällen. Die übrigen Kinder erholten sich, manche schon nach Minuten, andere erst nach mehreren Monaten (DuVernoy 2000). Die Häufigkeit lag bei einer HHE auf 4000 bis 5000 Impfungen. Vorausgegangen war in 93 Prozent ein Impfstoff mit Keuchhustenkomponente.
Bei der Zulassungsstudie des Sechsfachimpfstoffs Hexavac ereignete sich eine HHE unter 3800 geimpften Kindern (Aventis 2000). Zwischen 2001 und 2011 wurden dem Paul-Ehrlich-Institut 116 HHE s gemeldet, bei 103 Fällen war die Keuchhustenkomponente beteiligt. Der Pneumokokkenimpfstoff Prevenar führte in einer Studie, in der zeitgleich weitere Standardimpfstoffe verabreicht wurden, zu einer HHE unter 107 geimpften Kindern (Rennels 1998). Sechs Meldungen zu HHE nach der Pneumokokkenimpfung gingen zwischen 2001 und 2011 beim Paul-Ehrlich-Institut ein.
Apnoe und das Impfproblem bei Frühgeborenen
Bei zu früh geborenen Säuglingen kann es sich als folgenschwer erweisen, den Impfkalender nach dem tatsächlichen Geburtstermin und nicht nach dem berechneten Termin auszurichten. Je jünger und leichter Kinder bei einer Impfung sind, umso wahrscheinlicher erleiden sie in den folgenden Tagen Zustände von Atemstillstand (Apnoe) und bedrohlichem Abfall der Herzfrequenz (Bradykardie). Die unabhängige Nachauswertung der TOKEN -Studie des Robert-Koch-Instituts ergab für Frühgeborene ein sechsfach erhöhtes Risiko, innerhalb von drei Tagen nach einer Fünf- oder Sechsfachimpfung zu sterben (Ehgartner 2011).
Botham (1997) erfasste in seiner Studie bei 12 Prozent der geimpften Frühgeborenen Apnoen, bei weiteren 11 Prozent verschlechterten sich vorbestehende Apnoen. Bei jedem dritten der betroffenen Kinder war vorübergehend eine Sauerstoffbehandlung notwendig.
Das Team von Slack (1999) berichtet von vier Frühgeborenen, die nach der »zeitgerechten« Diphtherie-Tetanus-Keuchhusten- und Hib-Impfung schwere Apnoen erlitten und reanimiert werden mussten, eines von ihnen musste anschließend 36 Stunden kontrolliert beatmet werden. In den elf Tagen vor der Impfung waren drei dieser Kinder völlig unauffällig gewesen, eines war nur durch gelegentliches Absinken der Sauerstoffkonzentration im Blut aufgefallen. Die Autoren schreiben:
»Aus unserer Erfahrung wird deutlich, dass manche Frühgeborene durch Impfungen der Gefahr lebensbedrohlicher Apnoen ausgesetzt werden … Das Risiko schwerer Apnoen dürfte bei Kindern, die vor der 30. Schwangerschaftswoche geboren wurden, bei 8 Prozent liegen. Nach unserer Meinung sind weitere größere Studien notwendig, um das Risiko exakt zu bestimmen.«
Sen (2001) beobachtete bei 33 Prozent der Frühgeborenen, die in den ersten 70 Lebenstagen geimpft wurden, schwere Nebenwirkungen
(major events)
mit Apnoen und Bradykardien. Kinderärzte an der Kinderklinik in Memphis registrierten bei jedem sechsten Frühgeborenen in den beiden Tagen nach der Impfung Atmungs- oder Kreislaufprobleme und bei vielen auch erhöhte Entzündungszeichen im Blut (Pourcyrous 2007).
Die Bedenken werden weder von den US -amerikanischen Behörden noch von der deutschen STIKO geteilt. In den deutschen Impfempfehlungen heißt es: »Frühgeborene sollten unabhängig von ihrem Geburtsgewicht entsprechend dem empfohlenen Impfalter geimpft werden.« Das Komitee für Infektionskrankheiten der amerikanischen kinderärztlichen Akademie ist der Meinung: »Alle routinemäßig in der Kindheit empfohlenen Impfungen sind auch für Früh- und Mangelgeborene sicher.«
Zumindest was sehr kleine Frühgeborene betrifft, haben die Zulassungsbehörden inzwischen reagiert. In der juristisch bindenden Fachinformation aller Säuglingsimpfstoffe muss folgende Anmerkung stehen:
»Das potenzielle Risiko von Apnoen und die Notwendigkeit einer Überwachung der Atmung über 48–72 Stunden sollte im Rahmen der Grundimmunisierung von sehr unreifen Frühgeborenen (geboren vor der vollendeten 28. Schwangerschaftswoche) in Betracht gezogen werden. Dies gilt insbesondere für diejenigen, die in der Vorgeschichte Zeichen einer unreifen Atmung gezeigt haben.«
Angesichts des Aufwands und der Kosten hätten die für die Frühgeborenen verantwortlichen Ärzte diese Maßgabe am liebsten wieder vom Tisch. Der Vorstand der Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin bemüht sich bei den Zulassungsbehörden um eine erneute
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