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Implantiert

Implantiert

Titel: Implantiert Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kühe, drei genetisch veränderte Eizellen von jeder Kuh. Jede dieser Zellen teilte sich, ohne dass sie befruchtet worden wäre. Sobald sich diese Zelle genau wie eine befruchtete Zelle (eine sogenannte Zygote ) in zwei Tochterzellen teilte, wurde sie zu einem Embryo, einem wachsenden Organismus. Jeder Embryo befand sich in einer Petrischale voller Nährlösung und Elementen des Immunsystems, die von derselben Kuh stammten: Makrophagen, natürliche Killerzellen
und T-Lymphozyten. Diese Elemente waren gewissermaßen ein Spezialkräftekommando des Körpers, das Viren, Bakterien und andere Krankheitserreger ausschalten sollte.
    Die »72« stand für die Anzahl der Embryos, die noch immer am Leben und noch nicht von den gefräßigen weißen Blutzellen zerstört worden waren.
    Jian sah zu, wie die Anzeige auf 68/150 sprang.
    Rhumkorrf schien vor Wut zu zittern, und jedes Mal, wenn die Zahl weiter fiel, steigerte sich die Frequenz dieses Zitterns ein wenig. Er war kaum größer als Jian, doch sie war mindestens einhundert Pfund schwerer. Hinter seiner dicken, schwarz gerahmten Brille wirkten seine Augen sehr groß, und es war, als quollen sie aus ihren Höhlen. Je wütender er wurde, umso heftiger zitterte er. Je mehr er zitterte, umso mehr rutschten seine quer über den Kopf gekämmten Haare zur Seite und legten seinen glänzenden, fast kahlen Schädel frei.
    65/150.
    »Das ist lächerlich«, sagte Erika. Ihr gepflegter holländischer Akzent war voller Abscheu. Jian starrte auf die immer so sittenstreng auftretende Frau. Sie hasste Hoel – nicht nur, weil diese ein richtiges Miststück war, sondern auch, weil sie so hübsch und so feminin aussah, was man von Jian nicht gerade behaupten konnte. Hoel trug ihr silbergraues Haar zu einem straffen Knoten gebunden, wodurch ihr hochmütiges Gesicht völlig frei lag. Man sah die Fältchen, die eine Frau von zweiundvierzig Jahren unweigerlich hatte, doch keine davon erinnerte auch nur im Entferntesten an eine Lachfalte. Hoels Haut war so bleich, dass Jian sich oft fragte, ob diese Frau während der letzten dreißig Jahre jemals etwas anderes gesehen hatte als das Innere eines tageslichtlosen Labors.
    61/150.

    »Zeit?«, fragte Rhumkorrf.
    Jian, Tim und Erika sahen automatisch auf ihre Uhren, doch die Frage galt nur Erika.
    »Einundzwanzig Minuten, zehn Sekunden«, sagte sie.
    »Holt die Versager vom Bildschirm«, sagte Rhumkorrf mit zusammengebissenen Zähnen. Wortlos gab Tim Feely die entsprechenden Befehle ein. Die schwarzen Rechtecke verschwanden. Einundsechzig jetzt viel größere Rechtecke blieben zurück.
    Tim war Jians Assistent, ein Biologe mit beeindruckenden Fähigkeiten in Bioinformatik. Natürlich besaß er nicht Jians Niveau, doch sein multidisziplinärer Ansatz bildete eine Brücke zwischen Jians Geschicklichkeit am Computer und Erikas biologischem Fachwissen. Er war größer als Rhumkorrf, aber nur etwas. Jian hasste es, immer der massigste Mensch im Raum zu sein, obwohl zwei Männer und zwei Frauen an dem Projekt beteiligt waren.
    Jian konzentrierte sich auf eines der Rechtecke. Der winzige, hilflose Embryo bestand aus einem grauen, fast durchsichtigen Zellhaufen, der von einem weißlichen Kreis umgeben war. Sobald er sechzehn Zellen umfasste, lautete die Bezeichnung nicht mehr Embryo, sondern Morula, entsprechend dem lateinischen Wort für Maulbeere, denn in diesem Zustand ähnelte er einer solchen Frucht. Üblicherweise dauerte es einige Tage, bis ein Säugetier-Embryo das Morula-Stadium erreichte, doch Jians Kreaturen brauchten dafür nur zwanzig Minuten.
    Wenn man die Morula sich selbst überließ, teilte sie sich weiter, bis aus ihr eine hohle Zellkugel wurde, die man als Blastozyste bezeichnete. Doch um weiter zu wachsen, musste sich eine Blastozyste im Uterus des Muttertiers einnisten. Und das war vollkommen unmöglich, solange das Immunsystem
der Kuh den Embryo als schädigenden Fremdkörper betrachtete.
    54/150.
    Jian konzentrierte sich auf ein einzelnes Rechteck. Links der Morula glitt ein Makrophage ins Bild. Er bewegte sich wie eine Amöbe, während er seine Pseudopodien ausbildete und damit umhertastete.
    Überall auf dem wandgroßen Monitor verschwanden blinkend weiße Rechtecke, und Schwärze trat an ihre Stelle.
    48/150.
    »Verdammt«, zischte Rhumkorrf. Jian wunderte sich, dass seine Aussprache so deutlich war, obwohl er seine Zähne so heftig zusammenbiss.
    Chemikalien steuerten das Verhalten des Makrophagen: Er kam in seiner Umgebung mit

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