Implantiert
jüngere besaß: Er sah gefährlich aus. Die dünne Narbe, die sich von seiner linken Augenbraue über seine linke Wange zog, trug sehr zu dieser Wirkung bei. Und wenn sich Magnus so konzentrierte wie gerade jetzt, wobei er ins Nichts starrte und sein kühles Gehirn alle Informationen verarbeitete, sah Dantés kleiner Bruder absolut unheimlich aus.
Magnus klappte das Telefon zusammen und schob es lässig in die Innentasche seines maßgeschneiderten Freizeitjacketts. Dann lehnte er sich wieder zurück und schob sein linkes Bein über sein rechtes Knie.
»Die Station von Novozyme in Dänemark ist in die Luft geflogen.«
»In die Luft geflogen? Haben Tierschützer eine Bombe geworfen?«
»Es war etwas Größeres«, sagte Magnus. »Unsere kleine Freundin, die NSA-Hackerin, ist nicht sicher, aber sie glaubt, dass es eine in der Luft gezündete Brandbombe war.«
Danté atmete langsam aus. Er musste nicht fragen, was das bedeutete. Es gab nur einen Grund, warum man ein Milliarden Dollar teures Forschungsinstitut niederbrannte: Ein Virus war von einer Spezies auf die andere übergesprungen. »Was ist mit Matal und seinen Leuten?«
»Tot«, sagte Magnus. »Er war in der Station. Auch die wichtigsten übrigen Mitarbeiter sind tot.«
Danté nickte. Novozyme war Genadas Hauptkonkurrent. Matal war Novozymes Antwort auf Claus Rhumkorrf gewesen. Eine neue Forschungseinrichtung konnte man wieder aufbauen, doch ein Talent wie Rhumkorrf oder Matal war
nicht zu ersetzen. In der von einer Goldgräberstimmung erfassten Branche, die sich mit Xenotransplantation beschäftigte, spielte Novozyme nun keine Rolle mehr.
»Wir profitieren davon«, sagte Danté. »Novozyme ist nicht mehr mit im Spiel.«
Magnus deutete ein Lächeln an. »Ich fürchte, das ganze Spiel ist aus. Für alle. Die G8 arbeiten zusammen, um alle Einrichtungen dichtzumachen. Farm Girl sagt, dass Fischer die Operation leitet, und er wird mit uns anfangen.«
Farm Girl. Der Codename für ihre Verbindung bei der NSA. Sie würde nie ihren wahren Namen preisgeben. Nur Magnus sprach mit ihr. Farm Girls Informationen waren immer zuverlässig, und sie hatte Recht: Wenn Fischer ihnen in die Quere kam, hatten sie jede Menge Probleme.
Wut, Ärger und Besorgnis brandeten auf in Dantés Brust. Fischer hatte sich schon einmal mit Genada beschäftigt. Damals hatte Galina Poriskova versucht, die Experimente mit Leihmüttern an die Öffentlichkeit zu bringen. Danté hatte P. J. Colding und Tim Feely eingestellt, um das Chaos aufzuräumen und sämtliche Beweise verschwinden zu lassen. Wenn die beiden nicht erfolgreich gewesen wären, hätte Fischer die Firma dichtgemacht und wahrscheinlich dafür gesorgt, dass Danté und Magnus ins Gefängnis kamen.
Magnus’ Lächeln verschwand, und sein Gesicht war wieder völlig ausdruckslos. »Irgendwie ironisch, oder?«
»Was ist ironisch?«
»Dass sie unsere Firma wegen eines Virus dichtmachen wollen, der von einer Art auf die andere übergesprungen ist, wo unsere Forschungen doch gerade so angelegt sind, dass das niemals passieren kann. Wenn du diesen Aspekt nur nicht geheim gehalten hättest, Danté, dann würden uns die G8 in Ruhe lassen.«
»Wir konnten unsere Methode nicht öffentlich machen. Hätten wir das getan, hätten Novozyme, Monsanto und andere versucht, sie zu kopieren.«
Magnus zuckte mit den Schultern und hob die Augenbrauen – eine Geste, die und wenn schon bedeutete.
Das alles war schlimm, aber vielleicht auch nicht so schlimm. Danté würde einen Ausweg finden. »Was ist, wenn wir es ihnen jetzt sagen? Ich kann Fischer anrufen, oder besser noch, ich kann dafür sorgen, dass Colding ihn anruft. Die beiden kennen sich schon lange.«
Magnus lachte. »Die beiden sind nicht gerade Pokerkumpel. Außerdem ist es jetzt sowieso zu spät. Sie werden nicht glauben, dass unsere Methoden sicher sind, nicht nach dem Zwischenfall bei Novozyme. Es ist vorbei.«
Danté holte tief Luft. Dann atmete er langsam und kontrolliert aus. Es gab immer eine Möglichkeit. Er hatte Genada nicht zu einer der größten Biotechnologiefirmen der Welt gemacht, indem er herumsaß und darauf wartete, dass etwas passierte. Er war erfolgreich gewesen, weil er immer einen Schritt vorausgedacht hatte.
»Wir haben gewusst, dass es möglicherweise so weit kommen würde«, sagte Danté. »Deshalb haben wir das Flugzeug.«
Magnus starrte mehrere Sekunden lang vor sich hin. Seine rechte Hand rieb über seinen linken Unterarm, und der Stoff seines Jacketts
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