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Implantiert

Implantiert

Titel: Implantiert Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tim. Brauchst du wirklich eine dicke alte Frau, die deine Kämpfe für dich austrägt?«
    Tim blieb vollkommen ruhig – bis auf seine rechte Hand, die nach oben wippte und Erika den Mittelfinger zeigte.
    »Das reicht, Mister Feely«, sagte Rhumkorrf. »Wenn Sie nicht genügend im Kopf haben, um zu dieser Arbeit beizutragen, dann sollten Sie wenigstens den Mund halten und Ihr wertloses Gehirn darauf konzentrieren, Ihren kleinen Computer laufen zu lassen.«
    Tim ballte die Fäuste. Jian fühlte mit ihm. Wahrscheinlich war Tim bisher überall, wo er hinkam, der intelligenteste Mensch gewesen, und er hatte sich an diesen Zustand gewöhnt. Hier jedoch war er der dümmste, und Claus sorgte dafür, dass er das nie vergaß.
    »Mir ist klar, dass wir alle frustriert sind«, sagte Rhumkorrf, »aber wir müssen lernen, in ganz neue Richtungen zu denken. Wir stehen kurz vor dem Durchbruch, habt ihr nicht auch das Gefühl?«
    Sein glubschäugiger Blick wanderte durch den ganzen Raum und entlockte den anderen ein verspätetes Nicken. Sie standen wirklich kurz vor einem Durchbruch, und gerade das konnte einen verrückt machen. Jian schaffte es einfach
nicht, das fehlende Puzzleteil zu finden. Sie war fast so weit, dass sie sich deswegen wieder in die Zeit zurücksehnte, in der sie noch keine Medikamente genommen hatte – Tage, an denen ihr Ideen freier und schneller gekommen waren. Aber das ging nicht mehr. Sie wusste nur zu gut, wohin das führte.
    Rhumkorrf nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. »Ich möchte, dass ihr alle über etwas nachdenkt.« Er setzte die Brille wieder auf. »Wir haben eine Stunde gebraucht, um dieses Experiment durchzuführen. In dieser Stunde sind mindestens vier Menschen an Organversagen gestorben. Vier Menschen, die überlebt hätten, wenn es möglich gewesen wäre, das Organ zu ersetzen. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden sterben fast einhundert Menschen. Vielleicht solltet ihr das im Kopf behalten, bevor ihr wieder aneinander herumnörgelt.«
    Jian, Tim und sogar Erika sahen zu Boden. »Was auch immer nötig sein sollte«, sagte Rhumkorrf, »was auch immer nötig sein sollte, wir werden diese Sache zu einem guten Ende führen. Sicher, der Immunreaktionstest war zum sechzehnten Mal ein Misserfolg. Aber mehr auch nicht. Arbeitet jetzt alle in euren Zimmern weiter. Wenn wir aufhören, einander anzublaffen, dann finden wir vielleicht dieses allerletzte Hindernis und können es eliminieren.«
    Jian nickte, verließ das Labor und ging in ihr kleines Apartment. Sechzehn Immunreaktionstests, sechzehn Misserfolge. Sie musste eine Möglichkeit finden, damit Nummer siebzehn funktionierte, sie musste einfach, denn das Leben von Millionen Menschen hing von ihr ab, von ihr allein.

8. November: Game … over?
    Danté Paglione saß hinter seinem massiven Schreibtisch aus weißem Marmor und blickte abwartend vor sich hin. Sein Bruder Magnus hatte sich in einen der beiden Ledersessel auf der anderen Seite des Tisches zurückgelehnt. Er hielt sein Handy an das linke Ohr gedrückt und hatte die Augen zusammengekniffen. Magnus’ Nasenflügel blähten sich und entspannten sich. Blähten sich und entspannten sich wieder. Mit dem Daumen drehte er unablässig den Grey-Cup-Meisterschaftsring an seiner rechten Hand. Die Bürolichter überzogen Magnus’ rasierten Schädel mit einem Schimmern.
    Auf jeden anderen auf der Welt musste Magnus völlig ruhig wirken. Tatsächlich war er das auch. Immer. Wenigstens äußerlich. Doch Danté kannte Magnus schon sein ganzes Leben lang, und er wusste, wenn etwas an seinem kleinen Bruder nagte.
    »Fahren Sie fort«, sagte Magnus ins Handy.
    Danté sah hinüber zur Bürowand und musterte eine Reihe von Originalzeichnungen Leonardo Da Vincis. Da Vincis Arbeiten verrieten ein Höchstmaß an Kontrolle, Ruhe und methodischer, bis zur Perfektion getriebener Ausführung. Dinge, um die sich Danté in allen Phasen seines Lebens bemüht hatte.
    »Mehr Details«, sagte Magnus ins Handy. Wieder blähten sich seine Nasenflügel, doch nur ein klein wenig. Langsam setzte er sich auf, bis sein Rücken vollkommen gerade war. Danté war nur anderthalb Jahre älter als Magnus, und die Brüder sahen sich sehr ähnlich – beide hatten violette Augen und einen ausladenden Kiefer, und beide waren groß
und kräftig, doch Magnus hatte viel mehr Zeit mit Hanteltraining verbracht, und das konnte man sehen.
    Obwohl man beide sofort als Brüder erkannte, gab es ein auffälliges Kennzeichen, das nur der

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