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Implantiert

Implantiert

Titel: Implantiert Kostenlos Bücher Online Lesen
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welche Eigenschaften eines Tieres kodierten. Erika und Jian probierten immer wieder neue unbekannte Sequenzen aus, doch sie waren sich nicht sicher, welche Veränderungen das
mit sich brachte. Möglicherweise tauschten sie ein Protein aus, das für die Augenfarbe des Tiers verantwortlich war; es konnte sich jedoch genauso gut um ein Protein handeln, das eine entscheidende Komponente der Gehirnentwicklung steuerte. Und das Ergebnis war völlig unabsehbar, solange das gesamte Tier aus nichts weiter als einer Kugel undifferenzierter Zellen bestand. Damit eine Eizelle den Immunreaktionstest bestand, mussten sie eine zu erwartende Lebensfähigkeit von 80 Prozent erreichen – wenn nicht mehr.
    Als sie das Projekt mit Säugetiergenomen begonnen hatten, die online verfügbar und frei zugänglich waren, war die zu erwartende Lebensfähigkeit gering gewesen. Die ersten eintausend Genome erreichten nur einen Wert von 11 Prozent. Die nächsten tausend lieferten ihnen 20 Prozent. Nachdem sie mit viertausend Säugetiergenomen experimentiert hatten, lag die zu erwartende Lebensfähigkeit bei 45 Prozent. Danach gelang es ihnen dank Genadas scheinbar unerschöpflichen Ressourcen, die Genome ungewöhnlicher Säugetiere zu sequenzieren, unter denen sich sogar einige ausgestorbene Arten befanden, und jedes Mal stieg der Wert ein wenig höher.
    Würden Bobby Valentines vier neue Proben ausreichen, um sie auf mehr als 80 Prozent zu bringen? Und wenn nicht – welche Änderungen konnte sie dann vornehmen? Vielleicht waren sie über den Berg, wenn sie – zusätzlich zu den neuen Genomen – einen ganz anderen Ansatz ausprobierten. Einerseits hoffte Erika auf den Erfolg, aber noch viel mehr erhoffte sie sich ein Misslingen. Das Letzte, was sie miterleben wollte, war, wie Dr. Claus Rhumkorrf auch noch dafür belohnt wurde, dass er sich wie ein engstirniges Arschloch verhalten und ihr das Herz gebrochen hatte.

8. November: Jedes Bild erzählt eine Geschichte
    Magnus klappte sein Handy zusammen und schob es in die linke Tasche seines Jacketts. Er nippte an seinem Glas Yukon Jack. Die Eiswürfel klirrten leise. Er stellte das Glas zurück und legte beide Hände auf seinen Schreibtisch. Er atmete langsam. Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.
    Im Gegensatz zu seinem Bruder hatte Magnus sein Büro nicht mit Da-Vinci-Zeichnungen und unbezahlbaren Kunstwerken geschmückt, sondern mit persönlichen Gegenständen: Es gab Dutzende von Fotos und eine einzelne Vitrine an der Wand.
    Mehrere dieser Fotos zeigten einen lächelnden Magnus nach verschiedenen Einsätzen in unterschiedlichen Uniformen: Einige waren lohfarben und braun, einige grün, und eine war ein dicker Taucheranzug. Auf jedem dieser Bilder war er mit anderen schmutzigen, lächelnden und gefährlich aussehenden Männern zusammen. Vier Gesichter kamen immer wieder vor: Andy Crosthwaite, Gunther Jones, Brady Giovanni und Bobby Valentine. Die Aufnahmen stammten aus Magnus’ Zeit in der Joint Task Force 2, der Abteilung zur Terrorismusbekämpfung innerhalb der Canadian Special Forces. Er lächelte viel auf diesen Fotos. Damals war alles noch so sinnvoll gewesen.
    Das größte Bild stammte aus Magnus’ Tagen als Tight End bei den Calgary Stampeders in der Canadian Football League. Er trug das rot-weiße Trikot seiner Mannschaft und streckte sich weit nach oben, um einen Ball zu fangen, bevor dieser in der End Zone landen konnte. In der Zeit zwischen
seinem Austritt aus der Armee und der Zusammenarbeit mit Danté bei Genada war alles einfacher gewesen.
    Nicht alle Aufnahmen stammten aus der CFL oder der JTF2. Ein Foto zeigte Magnus und Andy Crosthwaite, die mit Jagdgewehren in der Hand vor einem alten Brunnen aus schwarzen Steinen knieten, während sich vor ihnen eine blutige Reihe von neun abgetrennten Hirschköpfen entlangzog. Danté hatte ihn immer wieder gebeten, das Bild abzuhängen und behauptet, ein Büro sei nicht der geeignete Ort dafür, doch Magnus mochte das Foto, und deshalb blieb es hängen. Natürlich gab es auch Schnappschüsse, die harmlos wie Postkarten wirkten: Magnus und Danté beim Fliegenfischen in Montana, ein geschäftliches Treffen in Brüssel, beide zusammen auf einer Yacht in Südfrankreich. Diese Fotos mit seinem Bruder waren wahre Schätze. Nichts war so wichtig wie die Familie. Und außer Danté hatte Magnus keine Familie mehr.
    Auch Danté hatte Magnus gebeten, die Holzvitrine zu entfernen, doch so weit würde es nie kommen. Links sah man die Insignien von

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