Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In alle Ewigkeit

In alle Ewigkeit

Titel: In alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Vergewaltigung ging? Diese Frau hatte den Eindruck gehabt, der Mann rede mit sich selber, als er sich an ihr verging, habe >gebrabbelt<, wie sie es in dem Bericht ausdrückte, den Winter in den Händen hielt.
    Das Haus lag im Schatten eines Baumes, der hundert Jahre alt sein mochte. Das Haus könnte auch hundert sein, dachte Winter. Hundert und gut erhalten. Altes Geld. Wie so viel hier im ältesten Teil von Langedrag. Er selbst war nur einige Kilometer von der Stadt entfernt aufgewachsen, war hier manchmal mit dem Rad herumgefahren. Welcome to Pleasantville.
    Zwei Jungen kamen auf Rollerblades angezischt. Sie waren geschickt. Er machte einen Schritt beiseite, überquerte dann die Straße und ging den Weg zum Haus hinauf. Ein Mann saß auf der Veranda, erhob sich aber, als Winter die Treppe heraufkam. Er begrüßte ihn mit Handschlag. Jeanettes Vater. Winter war ihm noch nicht begegnet. Er kannte auch Jeanette nicht, Halders war bei ihr gewesen. Aber Halders hatte heute andere Probleme.
    »Ist das wirklich nötig?« Kurt Bielke war etwas kleiner als Winter, schaute aber nicht zu ihm auf, als er redete. Sein Ton war nicht aggressiv, eher wie ein trauriges Ausatmen.
    Das war eine gute Frage. Wie viele Male durfte man zum Opfer zurückkehren, bevor die Befragung den entgegengesetzten Effekt erreichte? Dann könnte das Resultat eher von Schaden sein.
    »Wenn man zu viel Druck auf sie ausübt, kriegt man am Ende alles von ihnen, was man haben will, aber ist das auch die Wahrheit, die man kriegt?«, hatte Halders vor zwei Tagen gesagt, als sie in Winters Zimmer gesessen hatten. So war es. Man konnte seine Zeugen auch kaputtverhören, wie es hieß. Kaputtverhören.
    »Wir müssen uns noch einmal mit Jeanette unterhalten.« »Wir?«, sagte Bielke. »Ich sehe nur einen von Ihnen.« »Mich.«
    »Worüber müssen Sie mit ihr sprechen? Sie hat jetzt schon hundert Mal erzählt, was sie erlebt hat.«
    Winter antwortete nicht. Er überlegte, ob es einen Sinn hatte, darauf hinzuweisen, wie viele Details des Erlebten noch auftauchen konnten, Erinnerungsfetzen, die schließlich mehr wurden und sich zu einem Ganzen fügten.
    Wenn Jeanette sich jetzt erinnerte, würde es später leichter.
    »Manches wird nach einer Weile deutlicher«, sagte Winter. »Nach ein paar Tagen.«
    »Was wird deutlicher?« Bielke schaute an Winter vorbei. Seine Stimme klang immer noch nicht aggressiv. Sein Gesicht war angespannt, starr, wie aus Aluminium geformt. »Exakt das, was Sekunde um Sekunde bei einer Vergewaltigung geschieht? Wie er die Schlinge zugezogen hat, oder was?«
    Winter antwortete nicht.
    »Was sollte es ihr helfen, sich an alle Details zu erinnern?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Winter.
    »Warum sind Sie dann hier?«
    »Es ist ein Mord passiert«, sagte Winter.
    Bielke sah ihn an. Er war näher gekommen. Winter meinte Geruch nach Schnaps wahrzunehmen, aber es könnte auch Rasierwasser sein. Rasierwasser war ja Alkohol. Bielke wischte sich über die Stirn. Winter sah den Schweiß am geraden Haaransatz. Er spürte selbst die Hitze, nachdem sie eine Weile still auf der Veranda unter einer Markise gestanden hatten, die die Wärme noch zu verstärken schien. Am Nachmittag musste die Veranda wie eine Sauna sein.
    »Ja, Himmel«, murmelte Bielke. »Da hätte ich selbst drauf kommen müssen.« Er wischte sich wieder über die Stirn. »Sie glauben, es könnte derselbe... Täter gewesen sein?«
    »Es könnte dieselbe Person gewesen sein«, sagte Winter. »Wir haben noch keine Beweise, aber es besteht die Möglichkeit, dass es so ist.«
    »Und dann sprechen Sie schon von Möglichkeit?«
    »Wie bitte?«
    »Das Wort würde ich nicht gerade benutzen«, sagte Bielke, Sein Blick flackerte. Plötzlich schien er an etwas ganz anderes zu denken. Er schien in Erinnerungen versunken.
    »Kann ich Jeanette jetzt bitte sprechen?«, fragte Winter und machte einen Schritt zur Seite.
    »Sie ist in ihrem Zimmer.« Der Vater ging rückwärts, gab den Weg frei. »Sie will nicht runterkommen.«
    Winter ging ins Haus, von Bielke gefolgt. Der zeigte eine Treppe nach links hinauf. Aus dem Innern des Hauses hörte Winter Klirren von Glas und Porzellan. Er sah niemanden, als er nach oben ging. Das Haus erinnerte ihn an ein Miniaturschloss.
    Jeanettes Tür stand offen. Winter sah die Ecke eines Bettes und ein Fenster, das von einem großen Baum beschattet wurde. Er empfand ein Unbehagen, das während der Autofahrt hierher gewachsen war und sich nach dem Gespräch mit dem Vater

Weitere Kostenlose Bücher