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In alle Ewigkeit

In alle Ewigkeit

Titel: In alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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vorbei an dem Gefährt, das aussah wie ein martialisches Kochgerät für ein ganzes Militärbataillon oder eins der Fahrzeuge in einem MadMax-Film. Der warme Teer dampfte im Regen. Durch die Autofenster roch es wie nach einem Infanteriegefecht.
    Bei allen drei Mädchen hatten sie die letzten Stunden vor der Tat so genau wie möglich rekonstruiert. Er zählte auch Jeanette dazu. Das war eine weitere Merkwürdigkeit. Sie hatte überlebt , aber über ihren Abend vor dem Verbrechen waren sie sich am wenigsten im Klaren. Es gab weniger Zeugen. Mehrere konnten sich nicht erinnern.
    Er hatte über dem Stadtplan gesessen, hatte versucht, den genauen Weg der drei in den Park zu rekonstruieren, zum Steinblock, der Öffnung, dem Gebüsch.
    Vielleicht hatten sie sogar alle denselben Weg genommen. Fügte man die Aussagen aller Freunde zusammen, wo die Mädchen jeweils gewesen und wohin sie gegangen waren oder noch gehen wollten, ergab sich eine ähnliche Strecke für alle drei. Sie begann nördlich vom Zentrum, und alle wussten, wo sie endete.
    Nördlich vom Zentrum. Was hatten sie nördlich vom Zentrum gemacht? Es war in der Nähe des Flusses, beim alten Hafen oder um die Oper herum. Oder am anderen Flussufer? Winter hatte die Ermittlungsakten vorwärts und rückwärts gelesen, aber keinen Ort erwähnt gefunden, der sich in der Nähe dessen befand, wo die eventuelle gemeinsame Strecke begann. Warum all diese Zufälle? Er wusste es nicht, aber er würde weiter suchen. Er würde sich in die Wirklichkeit des Stadtplans begeben, in einen dieser Stadtteile.
    Er hatte nach einem Berührungspunkt zwischen den drei Mädchen gesucht, und das hier war einer, noch unendlich vage, aber er war da.
    Winter bog nach links ab. Angelika Hanssons Vater stand in der Tür und wartete, wie beim letzten Mal.
    »Ich möchte mich gern eine Weile hier umsehen«, sagte Winter, und Lars-Olof Hansson schloss die Tür von außen. Winter ließ seinen Blick durch Angelikas Zimmer schweifen. Jetzt würde er wieder von vorn anfangen. Er öffnete die linke Schranktür.

13
    Im Schrank war nichts, was er nicht vorher schon gesehen hätte. Niemand hatte die Kleidung im Schrank angerührt, seit er und Bergenhem zur ersten Hausdurchsuchung hier gewesen waren und Pullover und Hosen angehoben hatten, eine Arbeit, die er niemandem wünschte. Es widerstrebte ihm, die Kleidung von Verstorbenen zu berühren. Er war nicht zum Spurensucher geboren. Die Sachen würden nie wieder von jemandem getragen werden.
    Er hatte es früher schon gesehen: Jahrelang würde alles in Regalen und Schubladen liegen bleiben, genau wie die Möbel dort stehen bleiben würden, wo sie standen, die Papiere würden auf dem Schreibtisch liegen, die Bücher in den Regalen stehen bleiben, auch die wenigen Ziergegenstände würden unberührt bleiben.
    Alles Erinnerungen, die zu greifbaren Gegenständen geworden waren. Erinnerungen, die sie in diesem Haus nicht haben wollten, aber sie hatten keine Kraft, sie zu beseitigen. Oder keinen Willen. Oder keins von beidem, dachte er und schloss die Schranktür.
    Wonach suche ich? Wenn er es wüsste, wäre er nicht hier, würde sich nicht den verzweifelten Eltern aufdrängen. Wenn er es wüsste, hätte er es schon gefunden, hätte es von hier mitgenommen, um es unter schärferem Licht zu prüfen.
    Ein Geheimnis.
    Der Gedanke war in seinem Kopf, seit er zum ersten Mal mit Jeanettes Vater gesprochen hatte. Dort gab es ein Geheimnis. Der Vater oder die Tochter trugen ein Geheimnis mit sich herum. Vielleicht beide. Etwas, was sie nicht preisgaben. Man konnte nicht darauf zeigen, wie man auf einen Beweis zeigte.
    Aber es hatte mit dem Verbrechen an der Tochter zu tun, der Vergewaltigung. Er kam nicht daran heran, nicht jetzt. Aber er spürte es. Und Halders spürte es auch.
    Er brauchte Halders. Der Fall brauchte ihn. Er war kompliziert und erforderte ein Denken, das ohne viele Abweichungen geradewegs aufs Ziel zustrebte.
    Und jetzt war er in diesem Zimmer, in dem Tag und Nacht nur Zwielicht durch die halb geschlossenen Jalousien herrschte.
    Er saß am Schreibtisch und betrachtete das Foto von Angelika auf einem Badesteg am Meer. Ein schwarzer junger Körper und ein Lächeln, so breit wie der Horizont hinter dem Meer, genauso weiß.
    Diese verdammten Fotos, die keine Rücksicht auf die Zukunft nahmen. Er hatte Tausende von Fotos wie dieses angestarrt, wie ein Weissager, der eine Tragödie voraussagt, die eintreffen wird. Alles, was es auf Fotos wie diesen gibt,

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