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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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hier zu sehen.
    »Nichts.« Er lächelt und geht mir großen Schritten auf mich zu. »Riecht gut hier, nicht?« Er schaut hoch zur gewölbten Decke, atmet tief ein.
    Ich nicke, mustere ihn argwöhnisch. Er ist nicht im Atelier, und das mittags. Da ist bestimmt was im Busch.
    »Zara und ich bereiten Lunch in Mercy House vor. Wir würden dich gern früher hier loseisen, damit zu uns stoßen kannst. Wenn Lucy nichts dagegen hat, selbstverständlich.«
    Lucy lacht und schaut uns über den Rand ihrer Lesebrille hinweg an. »Ich glaub, ich kann den Ansturm bewältigen«, sagt sie und wedelt mit dem Arm in Richtung des leeren Raums.
    Ich gucke ihn eine Weile an, lasse ihn wissen, dass ich ihn durchschaue und dass mir völlig klar ist, dass es hier nicht um ein entspanntes Mittagessen geht. Die Fältchen in seinen Augenwinkeln kräuseln sich und er lacht.
    »Komm schon«, sagt er, »guck mich nicht so an. Hol deine Jacke.«
    Ich fahre im Jeep hinter ihm her zum Mercy House.
    Er parkt auf der Rückseite des Hauses und ich mache es genauso. Er holt einen alten Schlüssel aus der Tasche, und wir gehen durch die hintere Pantry rein, gleich hinter der Küche. Die schneebedeckten Schuhe ziehen wir auf der Matte aus. Auf Socken gehen wir an den warmen Öfen vorbei.
    Zara ist an dem langen Arbeitstisch, sie wartet auf uns.
    »Da seid ihr ja«, sagt sie und schaut auf. »Ich mache dreißig Schüsselpasteten.«
    Sie zeigt auf Reihen von kleinen runden Ofenschüsseln, die mit goldenem Teig bedeckt sind, und mehlige runde Teigplatten neben ihr.
    »Wren«, sagt sie. »Würde es dir was ausmachen, dir die Hände zu waschen und die hier mit Eiermilch zu bestreichen … mit dem Pinsel da drüben?«
    Ich schau meinen Dad an. Ich hab keine Ahnung, was hier vorgeht. Irgendwas steht aber an, so viel ist mir klar.
    »Mach ich«, sage ich und gehe zur Spüle.
    Mein Dad schreitet auf Zara zu und gibt ihr einen lauten Kuss.
    »Volles Haus?«, fragt er.
    »Und noch ein paar dazu«, sagt sie lachend. »Gut, dass ich …«
    Er unterbricht sie. »Dann machen wir diese Pies jetzt fertig und essen dann, oder?« Irgendwie scheint er nervös zu sein.
    Ich stehe neben ihr und bepinsele die Ränder der gefüllten Schüsseln mit geschlagenem Ei. Mein Dad lässt die Teigkreise obendrauf fallen und drückt sie mit einer Freude an den Schüsseln fest, die er sich für die Küche vorbehält. Ich folge ihm mit dem Pinsel und bestreiche die Oberseite, damit sie braun werden und glänzen, wenn sie gar sind.
    Zara zählt schnell durch und als sie zufrieden ist, geht sie zu den Öfen und zieht ein Blech mit drei schönen Pies heraus.
    »Diese hier«, sagte sie, »sind unsere. Seid ihr hungrig?«
    Ich ja. Ich bin hungrig. Ein gutes Gefühl.
    Wir waschen uns die Hände und nehmen am Ende des Tisches Platz.
    »So«, sagt mein Dad, nachdem wir alle ein paar Bissen gegessen haben, »wir nehmen ein paar Änderungen vor.« Er beäugt mich. »In unserem täglichen Ablauf. Wir alle.«
    Irgendwas in mir verknotet sich. Ganz fest. Und hart. Konsequenzen. Offenbar kann man sich nicht zufällig fast zu Tode frieren und erwarten, dass alles weiterläuft wie bisher.
    »Wren«, sagt mein Dad, »es ist keineswegs so, dass wir dir nicht vertrauen.«
    Mein Magen setzt zum Sturzflug an.
    »John.« Zara legt ihm die Hand auf den Arm.
    Er schaut sie an, fängt noch mal von vorn an.
    »Ich weiß, was passiert ist … das war ein Fehler, eine Fehleinschätzung des Wetters und so weiter …«
    Er redet um den heißen Brei herum wie meine Mutter.
    Vermeidet eine klare Aussage. Spricht in Euphemismen. Und es geht um mich. Was ich getan habe.
    Ich fühl mich krank, das Hühnchen auf meiner Gabel hat die Farbe eines nassen Verbandes, die Erbsen sind blass.
    Dad räuspert sich. Jetzt kommt’s.
    »Ich hab Zara gebeten, mit mir zusammenzuwohnen, mit uns, bei uns einzuziehen, es eine Zeit lang zu versuchen.«
    Er nimmt einen Schluck Wasser, dann hält er das Glas vor sein Gesicht. Wie ein Prisma. Über den Rand hinweg schaut er mich an, blinzelt gegen das Licht.
    Obwohl ich Zara mag, ist mein einziger Gedanke, dass er versucht, mich loszuwerden, dass er mich an sie weiterreichen will, weil ich zu viel für ihn geworden bin. In mir ist Bitterkeit.
    »Nun, das ist ein großer Schritt«, sage ich sarkastisch. »Herzlichen Glückwunsch. Ich freu mich ja so für euch beide.«
    Zara guckt gequält.
    »Aber, Wren«, sagt er und versenkt seine Gabel abermals im Pie. »Sei doch nicht so.«
    »Wie soll ich

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