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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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eine große Sammlung.«
    Ich nicke. »Ein paar hab ich zusammen. Alte Polaroids, eine Minolta, ein paar richtig coole aus Deutschland und Russland. Einige Spielzeugkameras. Die kaufe ich auf Flohmärkten.«
    »Weißt du, hier oben gibt es jede Menge Flohmärkte. Vielleicht ziehen wir ja mal los und sehen uns um. Benutzt du sie?«
    »Wenn ich kann. Manchmal nehme ich durch sie hindurch etwas mit meiner Nikon auf. Patrick hat an einer herumgebastelt, sodass sie was digital abbilden konnte.
    Ich halte inne. Patricks Name ist mir rausgerutscht, als ob er noch leben würde. Dann dieser kalte Stich, als ich mich erinnere. Ich schlucke, heftig, zwinge mich, mit der Geschichte weiterzumachen. »Jede Kamera bringt einen dazu, die Welt auf eine andere Weise zu sehen. Man fragt sich, was es eigentlich ist, was wir sehen. Was ist es denn, was wir wahrnehmen, wenn es sich mit dem Ding verändert, durch das wir es betrachten? Das mochte ich immer sehr.«
    Ich seh sie an. Sie hört zu, als würde ich was Interessantes sagen.
    »Ich habe es für so wichtig gehalten. Habe mich für so wichtig gehalten.« Ich zucke die Achseln, versuche, mich etwas aufzurichten, sicher zu klingen. »Jetzt kommt mir das ziemlich dumm vor. Ich meine, wenn ich wirklich Künstlerin wäre, würde es mich dann nicht umbringen, nicht zu arbeiten? Mir ist das nämlich völlig egal. Das Arbeiten. Scheint mir Zeitverschwendung zu sein. Etwas erschaffen. Ist doch sinnlos.«
    Patrick war so stolz auf sich gewesen, nachdem er diese kleine Spielzeugkamera so umgebaut hatte, dass sie mit meiner Nikon zusammen funktionierte. Dieses erste Hybridfoto habe ich noch irgendwo. Sein breites Lächeln.
    Ich hab schon den Mund auf, will mehr sagen, klapp ihn dann aber zu.
    »Du musst das nicht machen«, sagt Zara, »dort so festsitzen.«
    Sie steht auf, um den Tisch abzuräumen. Dann stellt sie den Teller wieder hin, berührt meine Schulter.
    »Du kannst nichts erschaffen, wenn du dir selbst verloren gegangen bist. Du wirst schon wieder wollen, es gehört zu dir. Wren, trauern ist schwer. Kompliziert. Dauert seine Zeit.«
    Sie setzt sich neben mich und legt ihre Hand auf meine. Es ist unbehaglich. Ich schlucke, nehme eine etwas aufrechtere Haltung an. Meine Kehle ist wie zugeschnürt.
    »Und du kannst weinen, wenn es dir hilft, weißt du. Ich hab gesehen, wie du es eben runtergeschluckt hast, als du von dieser schönen Sache gesprochen hast, die Patrick für dich gemacht hat. Hier oben erwartet keiner von dir, dass du es versteckst. Das Wichtige an der Trauer ist, dass man sich erlaubt, sie zu fühlen. Sogar die schlimmsten Seiten. Besonders die. Geh durch sie durch. Lass sie durch dich hindurchgehen. Es ist deine Stärke – deine Menschlichkeit – deine Fähigkeit, zu empfinden. Selbst wenn du glaubst, dass du vielleicht nicht durchkommst.«
    Die schlimmsten Seiten. Sie weiß alles. Sie muss es wissen.
    Ich lege die Hände vors Gesicht.
    »Aber du schaffst es«, sagt sie leise. »Sobald du bereit bist. Das war was Großes, Mädchen. Du brauchst einfach nur Zeit. Das sag ich schon zu deinem Dad, seit du hier angekommen bist. Ich hab ihm gesagt, er soll sich entspannen, dir vertrauen, dir deine Mutter vom Hals halten, dich einfach eine Zeit lang sein lassen.«
    Zara ist meine heimliche Verteidigerin gewesen.
    »Und, Wren?«
    Ich schaue zu ihr auf.
    »Vergiss deinen Termin bei Dr. Williams heute nicht. Lucy weiß, dass du später kommst.«
    Ich bin erstaunt. Ich hab von nichts einen Schimmer. Ich hatte eine gute Stiefkünstlerfee.
    Ich danke ihr fürs Frühstück und steh vom Tisch auf. Wird Zeit, sich um ein paar Dinge zu kümmern.

Atme
    Dr. Williams Büro ist warm. Das Wartezimmer ist schon voll – eine alte zitternde Frau, die beim Ausatmen immer ein Ohhhh von sich gibt, so als würde sich bei jedem Atemzug ein Teil von ihr lösen, ein noch älterer Mann neben ihr, der den Inhalt einer Plastiktüte in eine andere umfüllt, eine jüngere Frau in der Ecke, die die Seiten einer Klatschzeitschrift verknickt. Sie beäugt mich, als ich reinkomme, und macht keine Anstalten, mit dem Anstarren aufzuhören, während ich warte. Dann ist da noch eine müde aussehende Mutter mit drei hustenden kleinen Kindern. Ich hocke auf der Stuhlkante und wünsche mir inständig, dass die Schwester durch die Tür kommt und mich reinruft.
    Endlich bin ich dran, sie führt mich in einen kleinen Raum mit einer Untersuchungsliege, einem Waschbecken und einem kleinen, an die Wand geschraubten

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