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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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mir leid.« Ich habe kaum Stimme, kämpfe gegen einen Anflug von Panik an. Was, wenn ich nun plötzlich aufhöre zu spreche? Was, wenn ich keine Kontrolle darüber habe? Was, wenn es einfach passiert und ich nichts dagegen tun kann?
    Ich schau in ihr Gesicht, und da bin ich wieder, auf dem Rand der Badewanne ihrer Eltern, wo ich mein ruiniertes Leben in Gestalt dieses kleinen weißen Tests mit der Hand umklammere. Ich kann ihre Stimme hören, draußen, am Strand. Sie lacht, flirtet mit dem Typen mit der Gitarre.
    Wir sind eine Weile still. Schwer lastet alles in der Luft zwischen uns, ihre Briefe liegen da wie Beweismaterial. Alle Briefe, die ich nie gelesen, nie beantwortet habe. Ich gucke auf meine Hände. Atme sorgfältig ein und aus.
    »Wo bist du?«, fragt sie nach einer Weile.
    Ich schaue hoch zu ihr. Breche in Tränen aus.
    »Weiß ich nicht«, würge ich. »Hier, glaub ich.«
    Wenn ich in der Lage wäre, ihre Frage zu beantworten, würde ich nicht in den nördlichen Wäldern im Chat ’n’ Chew sitzen. Ich wäre ein Erstsemester in Amherst, würde neue Freunde finden, Dinge über mich lernen, über die Welt, meinen Platz darin.
    »Muss ich echt Wren zu dir sagen?«, fragt sie.
    Ich nicke. Mir fällt es wirklich schwer, mit dem Weinen aufzuhören. Mache mehr Geräusche, als ich will, errege Aufmerksamkeit. Ich dachte, so langsam würde ich mich ein bisschen besser fühlen, aber jetzt geht’s schon wieder los mit der Talfahrt.
    Sie sieht es, ändert schnell den Kurs.
    »Gott, Wren «, sie betont es, im Theaterflüsterton mit einem Funkeln in den Augen. » Hör auf . Der seltsame ogerartige Typ da drüben aus der Anstalt starrt uns an.«
    Das ist die Rettung.
    Ich lache.
    »Immer ein Herz für die Benachteiligten«, sage ich und putze mir die Nase mit der Serviette. Tiefe Atemzüge. Ich krieg mich wieder ein.
    »Na hör mal«, sagt sie und mimt die Empörte. »Du weißt doch, dass sie mir nicht egal sind.«
    »Seh ich.« Ich nicke, zeige auf ihre Jacke und taste mich zurück zu unserer Art zu reden. »An andere denken und für den Ernstfall gerüstet sein … Ich bin mir ziemlich sicher, dass eine dreiköpfige Familie in dieser Jacke der Kälte standhalten könnte.«
    Sie schnippt Milchschaum in meine Richtung.
    »Ich denke viel an dich«, sage ich, als ich mir sicher bin, dass meine Stimme fest bleibt. »Aber ich konnte nicht reden. Kann ich irgendwie immer noch nicht. Ich kann es nicht erklären, Mer. Ich hatte das Gefühl, ich musste da raus, sonst wäre ich gestorben. Manchmal geht es mir immer noch so, sogar hier oben.«
    Eine Weile guckt sie aus dem Fenster. Es schneit. Mal wieder.
    »Ich wünschte wirklich, du würdest mir mehr vertrauen. Ich dachte, das tätest du«, sagt sie.
    Ich beobachte, wie der Schnee niederrieselt. Wir haben beide eine Menge Sachen gedacht.
    Sie räuspert sich. Sieht mich direkt an.
    »Ich bin hier oben, weil ich dich zurückhaben will. Es wird Zeit für dich, aufzuwachen und wieder meine Freundin zu sein. Ich ertrag das hier nicht länger. Monate geht das schon so. Wenn es in Zukunft so sein soll … du darfst dich nicht einfach so zurückziehen.«
    Sie dreht die Tasse auf der Untertasse. Atmet. Legt los.
    »Du musst es zu mir sagen. Sag, dass du fertig bist. Dass du fertig mit mir bist. Sag, ob es mit uns beiden kein wir mehr gibt …« Sie wendet sich von mir ab, reißt ihre Serviette in kleine Streifen. »Ich hab einen Haufen neuer Freunde an der Uni.«
    Ich weiß, was sie von mir hören will. Und ich sage es. Ich spreche es aus. Denn so funktioniert das. Weil sie hier ist und weil ich mich im Moment nicht mit dem auseinandersetzen kann, was passieren würde, wenn ich irgendwas anderes sagen würde.
    »Wir sind immer noch wir.«
    Und als ich das ausspreche, halte ich es eine Sekunde lang für wahr. Es fühlt sich wahr an. Aber vielleicht ist es das nicht, vielleicht ist es eine alte Gewohnheit. Doch wie dem auch sein mag, sie hat recht. Ich hab mich zurückgezogen. Von allem. Von ihr. Mir selbst.
    »Oh, Art School«, sagt sie, womit sie einen alten Spitznamen wiederauferstehen lässt, »du ahnst ja nicht, wie sehr ich dich gebraucht habe. Ich hatte eine Höllenangst vor allem – alles hat sich verändert. Das Wegziehen … ich dachte, wir würden das zusammen durchstehen. Meine Eltern waren nicht für mich da – wie du weißt – und mein Bruder ist der totale Loser.«
    »Tut mir leid«, sage ich wieder. Und das stimmt, glaube ich. Es tut mir leid. Ich bin eine schlechte

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