In angenehmer Gesellschaft
Bis auf ein oder zwei Streitereien waren wir dort hingerissen glücklich.
Dann waren wir abermals unterwegs, nach Griechenland, Naxos und dem Dodekanes. Wir segelten in einer Jacht — der Freund, dem sie gehörte, war sehr glücklich darüber, daß er sie ihm leihen konnte. Alles für Pogo Poole!
Dann waren wir wieder in unserer Pariser Wohnung, dann wieder in Mas Domini, dem Haus auf Cap Ferrat, dann, natürlich, mußte Pogo mir Marokko zeigen. Dann, auf dem Wege nach Paris zurück, nahmen wir die Türkei mit und gingen ein paar Monate später auf die Reise zu den Fleischtöpfen Helsinkis.
Es war irrsinnig aufregend, der Traum eines jungen Mädchens: tollköpfige kleine Abenteuer und der Glanz fremder Städte, Schwärme von herrlich verrückten Freunden (alle Schmetterlinge, wie wir selbst) und zwei gemütliche kleine Wohnungen, die immer für uns bereitstanden. Aber nach fast drei Jahren dieser Art Leben fand ich, daß meine Haut zu Leder wurde und meine Beine zu Teakholz; ich konnte nicht länger als internationale Zigeunerin leben. Ich wollte die Äußere Mongolei nicht besuchen, ich wollte überhaupt nirgendwohin reisen. Pogo war wie vom Donner gerührt, als ich es ihm sagte. Ich entsinne mich der besonderen Umstände sehr gut. Wir waren auf Cap Ferrat, und ich kochte eben das Mittagessen. Pogo lief auf und ab und schmiedete Pläne für unsere nächste Reise. Wir würden, dachte er, ungefähr sechs Monate unterwegs sein, ohne Eile von Kalkutta nach Rangoon fahren und dann irgendwie — er hatte die Einzelheiten noch nicht festgelegt — auf dem Landwege nach Bangkok reisen; von dort irgendwohin, wie es uns einfallen würde.
Ohne mir dessen richtig bewußt zu werden, sagte ich: »Pogo, ich will nicht nach Bangkok.«
»Aber, Kate!« sagte er. »Bangkok! Es ist fabelhaft! Einfach fabelhaft!«
»Was das betrifft: ich will ebensowenig nach Rangoon. Und der Gedanke, nach Kalkutta zu reisen, ist mir widerlich.«
»Also — Katherine! Sei nicht albern!«
Ich war dabei, Froschschenkel in einem Tiegel zu kochen. Immer noch ohne mir richtig bewußt zu sein, was plötzlich über mich gekommen war, griff ich nach dem schweren Tiegel und warf ihn an die Wand. »Da!« sagte ich. »Das denke ich von Kalkutta!«
»Kate!« sagte er verblüfft. »Was ist mit dir los?«
»Ich will zu Hause bleiben«, sagte ich, »zu Hause bleiben und herumpusseln.«
»Herumpusseln? «
Nie zuvor hatte ich daran gedacht, aber als ich es aussprach, wußte ich, daß es das einzig Wichtige in der ganzen weiten Welt für mich war. Ich schrie ihn an: »Im Haus herumpusseln will ich — verstehst du nicht?«
»Du lieber Himmel!« sagte er. »Kate, du bist entweder übergeschnappt oder in anderen Umständen!«
»Du Biest! Komm mir nicht mit solchen Sachen, nur weil ich nicht nach deinem dreckigen Rangoon reisen will!«
Aber er hatte recht. Ich war in anderen Umständen mit meinem ersten und einzigen Kind, Jessica. Zugleich aber war ich mit seltsamen Sehnsüchten schwanger, Vorhänge zu schneidern, zum Beispiel, und einen neuen Staubsauger zu bekommen: die sehr spießbürgerliche, frauliche Sehnsucht nach eigener Häuslichkeit. Nie wieder wollte ich in einem Budapester Café sitzen, nie wieder durch eine geheimnisvolle Gasse in Konstantinopel gehen, nie wieder auf einem sonnenbestrahlten Meer segeln oder nach Honig duftenden Wind atmen. An ein und demselben Ort wollte ich bleiben und mich daran klammern wie Efeu an eine Mauer. Sich das ganze Jahr über nie mehr als ein paar Zoll weit bewegen — ah! Welche Seligkeit!
Pogo fand sich sehr nett mit allem ab und verwandelte sich, als Jessica da war,’ in den zärtlichsten Vater. Er badete und tätschelte und kitzelte sie, sang ihr Lieder vor, hielt sie auf dem Schoß und erzählte ihr Geschichten, die sie zu hypnotisieren schienen, obwohl sie noch kein Wort davon verstand — der bloße Klang seiner Stimme schien sie in Verzückung geraten zu lassen.
Es war eine Rolle, die er nie zuvor gespielt hatte, und sie begeisterte ihn. Aber es konnte nicht von Dauer sein — ich mache ihm keine Vorwürfe deshalb. Im Hintergrund lauerten die fabelhaften Türme von Bangkok, die Tiger im hohen Gras und eine ganze Welt voll unvorstellbarer Abenteuer, und es war ihm unmöglich, in einem kleinen, weiß verputzten Haus auf Cap Ferrat zu bleiben, ebenso unmöglich, wie es für mich war, ihn nun noch auf seinen zigeunerhaften Wanderungen zu begleiten. Er ging auf eine kurze Reise, dann auf noch eine und noch
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