In besten Kreisen
Obwohl Leo eher als Mitglied des Haushalts bezeichnet werden sollte.« »Worin bestehen genau die Aufgaben von Mr. Lenehan?« »Er kümmert sich um Leo, und beide lernen zusammen. Leo ist in der Schule ziemlich schlecht geworden. Unter Williams Anleitung schreibt er Aufsätze, löst arithmetische Aufgaben und lernt, mit seinen Erfahrungen im Lager und anderswo vernünftig umzugehen.« Mr. Stratton warf Kate einen Blick zu, der zu sagen schien, daß auch sie ein paar Nachhilfestunden im Umgang mit Erfahrungen und deren Wiedergabe gut gebrauchen könnte.
»Ob Sie wohl etwas dagegen haben«, sagte er, »wenn ich jetzt die anderen Mitglieder in Ihrem Haushalt befrage? Ich glaube, wir haben nun alle aufgezählt, bis auf die Dienstboten drinnen und draußen.« »Ob sie mit Ihnen reden, müssen die entscheiden oder das Gesetz, das liegt nicht in meiner Verfügungsgewalt.« »Sehr gut. Und gibt es wohl einen Raum, in dem ich sie ungestört befragen könnte?« »Vielleicht die Bibliothek, in der Emmet arbeitet?« »Das wäre sehr nett, vielen Dank. Nur noch eine Frage, Miss Fansler, jedenfalls für den Augenblick. Wie gut haben Sie die tote Frau gekannt?« »Nicht sehr gut. Andererseits bin ich nicht sicher, ob es da viel zu kennen gab. Wie Sie bei Ihren weiteren Nachforschungen ohne Zweifel erfahren werden, war sie nicht gerade beliebt.« »Hatten Sie irgendeinen Grund, sie nicht zu mögen?« »Abgesehen von der Tatsache, daß sie über alle bestrickenden Eigenschaften einer Giftschlange verfügte, nein. Wen wollen Sie als ersten sprechen?« »Da Mr. Crawford sich ja wahrscheinlich in der Bibliothek befindet, können wir auch gleich mit ihm anfangen.« Alles erhob sich.
»Mr. Amhearst, ich hoffe«, sagte Mr. Stratton, »daß Sie nichts dagegen haben, mir später noch ein paar Fragen zu beantworten.« »Natürlich nicht. Darf ich bei dieser Gelegenheit wagen, Ihnen einen Vorschlag zu machen? Nachdem Sie alle hier im Haus befragt haben, sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die ländliche Gemeinde richten. Ich habe den starken Verdacht, daß Sie dort den Grund für das Verbrechen finden werden. Mary Bradford war vielen verhaßt, und ich halte es für möglich, daß der Mörder diesen Haushalt mit seinem Mangel an äußeren Konventionen als passenden Ort für die Ausführung seines Planes empfand.« »Wir haben auf alle Fälle vor, Mr. Amhearst, auch dieser Möglichkeit bei unseren Nachforschungen nachzugehen. Würden Sie wohl so freundlich sein, Miss Fansler, und uns den Weg zur Bibliothek zeigen?« »Wozu ist denn der andere Kerl da?« fragte Kate Reed, als sie hinaus auf den Rasen traten. »›Ich hab’ einen kleinen Schatten, der geht mit mir aus und ein, / Doch warum er mich begleitet, sieht man so leicht nicht ein; / Er sieht mir ganz ähnlich, vom Kopf bis zum Fuß…‹ Na, ich hoffe, der Rest paßt nicht mehr. Glaubst du wirklich, daß die Antwort im Dorf liegt? Du hast das so hochtrabend behauptet.« »Der andere Kerl – um deine Fragen in der Reihenfolge zu beantworten, wie du sie gestellt hast – führt Protokoll und dient als Gesprächszeuge, wenn nötig.« »Und als Beschützer von Mr. Stratton, falls einer von uns einen Wutanfall bekommt und versuchen sollte, dem aufgeblasenen Sohn einer…« »Kate, er macht nur seine Arbeit, obwohl ich zugeben muß, daß sein Benehmen ein bißchen steif ist.« »Steif! Gegen den wirkt ein gestärktes Hemd wie ein zerknittertes Nachtgewand. Mir fällt auf, und das nicht zum erstenmal, daß du eine für einen Staatsanwalt ganz eigene Art hast: Du gibst dich weder vertraulich noch aufgeblasen gegenüber den Leuten, mit denen du zu tun hast, und das ist nicht nur sehr lobenswert, sondern etwas ganz Besonderes.« »Um auf deine zweite Frage zu kommen…« »Ich nehme es zurück; vielleicht bist du doch aufgeblasen.« »Ich weiß nicht, ob das Verbrechen wirklich nichts mit diesem Haus und seinen Bewohnern zu tun hat. Ich behalte mir da ein endgültiges Urteil noch vor, aber ich hielt es für angebracht, Mr. Strattons Aufmerksamkeit in diese Richtung zu lenken. Und, Kate, bitte reiß dich etwas zusammen. Du hast dich so sehr von ihm ärgern lassen, daß du beinahe Geständnisse gemacht hättest, die im Normalzustand nicht deine Art wären, und genau darauf will er hinaus.
Was wolltest du ihm eigentlich sagen, als ich hereinkam?« »Das geht dich nichts an. Wenn du es hättest wissen wollen, wärst du besser draußen geblieben und hättest gelauscht. Reed, du fürchtest doch nicht
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