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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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oder Malicia Bents im Hof der Wunder … Kreis … Kenner.«
    Er griff zum Telefon und wählte aus dem Gedächtnis eine Nummer an der Westküste. Nach mehrfachem Klingeln vernahm er Larry Salhindros verschlafene Stimme.
    »Hm?«
    »Larry, du musst mir einen Gefallen tun, wieder mal.«
    »Josh, wird es allmählich zur Gewohnheit, dass du mich in aller Herrgottsfrühe weckst? Hast du den Zeitunterschied vergessen? Hier ist es … oh, Mist, es ist halb sechs, fünf Stunden Schlaf, Mensch!«
    »Ich weiß, Larry. Aber es ist wichtig.«
    »Ja, wie immer.«
    Salhindros gespielte Verärgerung wich einem persönlichen und aufrichtigen Ton.
    »Josh, du musst endlich verstehen, dass wir nicht vierundzwanzig Stunden am Tag andere retten können. Selbst du hast doch ein Minimum an Privatleben.«
    Und humorvoll fügte er hinzu: »Selbst Bullen haben eines!«
    Es entstand ein Schweigen, eines, das für beide Männer beredter war als tausend Worte.
    »Sag, wie geht’s dir?«, fragte Salhindro schließlich.
    Er stellte sich vor, wie sein Freund nach einem Päckchen Zigaretten angelte.
    »Gut. Ich habe gerade einen neuen Freund gefunden.«
    »Ein Cop?«
    »Ein Hund.«
    »Aha.«
    Wieder Schweigen.
    »Also? Was ist denn nun so wichtig?«, wollte Salhindro wissen.
    »Ich möchte, dass du alles über eine gewisse Malicia Bents herausfindest. Ich glaube, sie wohnt in New York oder in der Nähe.«
    Brolin buchstabierte den Namen der geheimnisvollen Frau, die sich in Bobs Umgebung aufzuhalten schien.
    »Hast du immer noch dieselbe Faxnummer wie letztes Mal?«
    »Ja. Noch was, Larry, der ›Hof der Wunder‹, sagt dir das was?«
    »Ah, nein. Ist das nicht in London oder am Broadway? Hört sich nach einem Musical an!«
    »Nein, das war früher ein gefährliches Viertel in Paris, ein Ort, an dem sich alle Ganoven und Bettler zusammenfanden. Der Begriff taucht auch in dem Roman von Victor Hugo, ›Der Glöckner von Notre Dame‹, auf. Ich frage mich, ob es nicht Slang ist oder der neue Name einer Gang oder so etwas sein könnte.«
    »Keine Ahnung. Sorry.«
    »Larry, die Info über Malicia Bents brauche ich ziemlich dringend.«
    »Ich weiß. So schnell wie möglich.«
    Die beiden Männer wechselten noch ein paar Belanglosigkeiten, die allerdings nicht so unbeschwert waren wie zuvor, und legten dann auf. Brolin dachte lange nach. Der Hof der Wunder. Viel wusste er nicht darüber, nur dass das Viertel diese Bezeichnung trug, weil aus verkrüppelten Bettlern normale Menschen wurden, sobald sie in diese Ecke der Stadt, ihren Schlupfwinkel, zurückkamen. Welcher Zusammenhang bestand mit der Caliban-Sekte? War es ironisch oder als monarchischer Mystizismus gemeint? Brolin war gerade an diesem Punkt seiner Überlegungen angekommen, als es klopfte. Vorsichtig ging er zur Tür.
    »Wer ist da?«
    »Ich bin’s, Annabel.«
    Er öffnete die Tür und hatte eine junge Frau mit übernächtigtem Gesicht vor sich.
    »Ich habe nicht viel Zeit«, erklärte sie. »Es war eine lange Nacht, und ich muss noch heute Vormittag zurück nach New Jersey.«
    Brolin neigte den Kopf zur Seite und sah sie neugierig an.
    »Es gibt etwas, das Sie wissen müssen«, sagte sie in dem sanften Ton, den sie bei schlechten Nachrichten anschlug.
    Sie schilderte die Entdeckung des Waggons und seiner traurigen Fracht. Brolin schloss die Augen. Vielleicht hatten sie Rachel Faulet gefunden.
    »Nicht zu identifizieren, nehme ich an?«, fragte er. »Keine Kleidung, keine Brieftaschen …«
    »Nein, um ehrlich zu sein, es ist noch schlimmer.«
    Sie berichtete, dass die Leichen bereits als Skelette in den Waggon gebracht worden waren, und schilderte in allen Einzelheiten, was sie gesehen oder von der Spurensicherung am Fundort erfahren hatte. Dann sprach sie über Taylor und die an ihre Brust geheftete Nachricht. Mit jedem Satz schien ein wenig Gewicht von ihr abzufallen. Sie saß auf einem Stuhl, und das ganze Entsetzen dieser schrecklichen Nacht strömte aus ihr heraus.
    »Ich bin auf dem Weg nach Phillipsburg. Taylor und vier unserer Opfer kommen von dort, und mehrere andere wohnten in der Umgebung. Diese Häufigkeit in einem so kleinen Gebiet ist auffallend und sicher kein Zufall. Ich treffe mich dort mit dem Sheriff und einigen von Taylors Freunden.«
    Brolin hörte schweigend zu.
    »Ich wollte Ihnen das alles so schnell wie möglich mitteilen«, fuhr sie fort. »Ich sage Ihnen Bescheid, falls einige der Skelette identifiziert werden, man weiß ja nie …«
    »Danke.«
    Sie wollte sich

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