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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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Behörde ging davon aus, dass der Moor-Mörder tot sei oder wegen eines anderen Vergehens hinter Gittern saß, ohne dass man den Bezug hergestellt hätte. Jetzt, fünf Jahre nach seinem Verschwinden, scheint es so, als sei er wieder aufgetaucht.«
    Cahill riskierte einen weiteren Blick auf die weißen Augäpfel in dem gallertartigen Saft. All diese Toten ohne Namen.
    Ein widerliches Gurgeln riss ihn aus seinen finsteren Gedanken. Er drehte sich um und sah, wie einer der Männer sich vor der halb geöffneten Gefriertruhe erbrach.
    Cahill schloss kurz die Augen.
    Wohin waren sie geraten?
    Mitten hinein in den kranken Geist eines Mörders.
    Dieser Keller spiegelte sein wahres Ich wider.
    Ein anderer Mann der Einsatztruppe beugte sich über die Gefriertruhe, um den Inhalt in Augenschein zu nehmen.
    Sein Mund öffnete sich zu einem Schrei, doch es kam kein Ton heraus. Seine Brust hob und senkte sich unter der kugelsicheren Weste. Er würgte und stürzte davon.
    Das hier war die Höhle des Teufels, eine Reise ins Unterbewusstsein eines Geisteskranken, eines Psychopathen.
    Ein dumpfer Schlag gegen eine der hinteren Mauern ließ alle erstarren.
    Das Geräusch kam aus einem Abschnitt, den sie noch nicht inspiziert hatten.
    Keel näherte sich, das Sturmgewehr, das er Mark Martins abgenommen hatte, im Anschlag. Sie bewegten sich in die Richtung, aus der das Klopfen kam, um im Schein ihrer Stablampen die Mauern abzusuchen. Neil Keel entdeckte sie als Erster.
    Eine solide Eichentür, die mit Stahlbändern verstärkt und mit vier Riegeln gesichert war.
    Was sich auch immer dahinter verbarg, man hatte alles getan, damit es nicht herauskonnte.
    Keel befahl, ihm Deckung zu geben, und begann, die Riegel einen nach dem anderen zu öffnen.
    Nachdem er den letzten zurückgeschoben hatte, trat er einen Schritt nach hinten und legte die Hand auf den Türgriff. Mit einem Blick vergewisserte er sich, dass alle bereit waren.
    Er zog die Tür auf.
    Ein unerträglicher Gestank nach Exkrementen und Urin schlug ihnen aus dem Erdloch entgegen, das sich vor ihnen öffnete.
    Plötzlich tauchte im bleichen Licht der Lampen ein verquollenes Gesicht auf.
    Ein junges Mädchen, in dessen Augen nacktes Grauen stand.
    Dann eine Frau und nach ihr ein Mann …
    Eine ganze Familie.
    Und auch ein kleiner Junge mit verbundener Hand.

71
    Stechende Schmerzen weckten sie auf.
    Annabel fühlte sich, als hätte eine Granate ihr Gesicht zerfetzt, als könnte sich bei der geringsten Bewegung ein gebrochener Knochen durch ihr Fleisch bohren.
    Auf Wangen und Schläfen prangten Hämatome, ihre Nase war gebrochen, und ein Eckzahn hielt nur noch notdürftig im blutenden Zahnfleisch.
    Mühsam stützte sie sich auf die Ellenbogen. Es war stockfinster.
    Bei dem Versuch, sich aufzurichten, stöhnte sie auf. Sie hatte den Eindruck, ihr Kopf müsste explodieren.
    »Na, kommen wir wieder zu uns?«, fragte Caliban.
    Seine Stimme klang falsch, viel zu hoch, um natürlich zu sein, wie die des Bösen Wolfs, der an der Stelle der Großmutter zu Rotkäppchen spricht.
    Annabel merkte genau, dass die Stimme verstellt war, und sie fragte sich, wie es möglich war, dass sie all das nicht hatte kommen sehen.
    »Wo bin ich?«, fragte sie gequält und krümmte sich vor Schmerzen.
    »Bei mir.«
    Wo war er? Kam seine Stimme von oben oder von der Seite? Schwer zu sagen.
    Sie ballte die Hände zu Fäusten und setzte sich auf. Die Anstrengung war so groß, dass ihre Arme und Beine zitterten. Verloren in diesem Nichts, schien ihr Körper ins Chaos abzugleiten. Das Fehlen des geringsten Orientierungspunktes war höchst irritierend.
    »Was … Was wollen Sie?«
    Ihre Frage blieb unbeantwortet. Sie tastete den Boden ab: 470 gestampfte Erde. Aber sie war nicht im Freien, dazu war es zu dunkel, und sie nahm vage Mauern ringsherum wahr, fühlte sich irgendwie eingeschlossen.
    Schließlich antwortete Caliban: »Nichts, was Sie mir geben könnten. Was ich will, werde ich mir nehmen.«
    In der Hoffnung, sich eine Vorstellung von ihrer Umgebung machen zu können, streckte Annabel suchend die Arme aus.
    »Sie wissen, wer ich bin, nicht wahr?«
    Annabel erstarrte. Ja, sie hatte ihn erkannt, und er wusste es.
    »Sie sind Caliban«, murmelte sie. »Sie sind Eric Murdoch.«
    Sie stellte sich vor, wie der Sheriff hämisch grinste und dabei seine Zähne entblößte.
    »Was haben Sie mit Jack gemacht?«
    »Ach, der gute alte Thayer? Ich glaube verstanden zu haben, dass Sie beide gute Freunde waren … Hm. Ich

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