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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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mal her, leuchten Sie diesen Teil aus.«
    Sie deutete auf die Wand über dem kleinen Schreibtisch, die der Lichtkegel bei seinem Eintreten zufällig gestreift hatte.
    »Da ist etwas an der Wand, ich habe es gesehen.«
    Raglin tat wie geheißen und richtete den weißen Lichtstrahl auf die gewünschte Stelle.
    Sie hatten es vorher nicht bemerkt, denn die Schrift war rot und wurde vom Schein der Fotolampe, bisher die einzige Lichtquelle, verschluckt.
    Die Tinte war nicht mehr frisch, aber an dem Tag, als die wenigen Worte geschrieben worden waren, war sie an der Wand heruntergelaufen:

    Caliban Dominus noster
    In nobis vita
    Quia caro in tenebris lucet

    »Was ist das für eine Sprache? Spanisch?«, fragte Raglin. »Das ist Latein«, erwiderte Thayer mit ernster Miene. »Verstehen Sie, was das heißt?«
    Der Detective wandte den Kopf zu den Fotos und biss die Zähne zusammen. Es waren einfach zu viele. Nichts als entsetzte Gesichter.
    »Dort steht: ›Caliban ist unser Herr, in uns ist das Leben, denn das Fleisch leuchtet in der Dunkelheit‹.«
    An Annabel gewandt fügte er hinzu: »Spencer Lynch ist nicht allein. Es sind mehrere.«
    Er seufzte, und seine Falten wirkten noch tiefer, als er in Anlehnung an die Bibel murmelte: »Es sind Legionen.«

ZWEITER TEIL
    »Ich muss gestehen, dass ich diesen
abscheulichen Drang selbst gespürt habe,
den Drang, zu zerstören
und dadurch Frust abzulassen …«

    DONALD WESTLAKE Der Freisteller

8
    Die Klimaanlage lief noch auf Hochtouren, obwohl das Flugzeug bereits seine Parkposition erreicht hatte. In einer geduldigen Prozession strebten die Passagiere auf die Ausgangstür der Maschine zu. Einer von ihnen hatte seinen Sitzplatz noch nicht verlassen und starrte zum x-ten Mal auf die Titelseite der New York Times, die auf seinen Knien lag. Acht Gesichter waren darauf abgebildet, acht verschiedene Fotos, acht völlig verängstigte Personen, deren Augen durch einen schwarzen Balken verdeckt waren, um ihre Anonymität zu wahren. Darüber die Schlagzeile: DER HORROR VON BROOKLYN . Der Passagier las erneut die folgenden Zeilen:

    Schwebt der Schatten von David »Sam« Berkowitz über New York? Das lässt die makabere Entdeckung vermuten, die Samstagabend anlässlich der Verhaftung eines Kriminellen gemacht wurde, bei der es zu mehrfachem Schusswechsel kam und der eventuell neue »Son of Sam« schwere Verletzungen davontrug. In der Wohnung des Mannes wurden zwei Frauenleichen gefunden sowie mehrere Fotos, die kaum zu ertragende, angstverzerrte Gesichter zeigen und das Schlimmste vermuten lassen. Sind diese acht Personen die Opfer eines Serienmörders? Obwohl sich die Polizei derzeit jeglichen Kommentars enthält, verlautet aus einer nicht offiziellen Quelle, dass vorerst keine weitere Leiche gefunden worden sei. Forsetzung S. 2-3

    Er ließ die Zeitung sinken, ohne den Artikel weiterzulesen. Das war die Folge einer undichten Stelle, der Knüller eines gut informierten Reporters, doch der Text war zu oberflächlich. Es war die Rede von der Verhaftung eines Kriminellen, um zu vertuschen, dass nichts Genaues über die Art seiner Verbrechen bekannt war, es wurde kein Name genannt, und die nicht offizielle Quelle allein sprach Bände. Ein Cop hatte geplaudert, hatte gegen Bargeld ein paar Fotos von Opfern herausgerückt.
    Der Mann erhob sich, die Schlange hatte sich fast aufgelöst. Er nahm seine Tasche aus dem Gepäckfach und steuerte auf den Ausgang der Boeing zu.
    »Ich flehe Sie an, sorgen Sie dafür, dass meiner Tochter nichts passiert!«
    Er blieb kurz stehen, schloss die Augen und vertrieb das Bild der tränenüberströmten Frau aus seinen Gedanken. Er musste jetzt ganz auf die Sache konzentriert sein – auf den Inhalt der Zeitung.
    Der Artikel war etwas dürftig, zu wenig Elemente, und der Mann hörte nicht auf, sich zu fragen, was genau die Polizei wusste. Natürlich hatte er die Pressekonferenz verfolgt, wodurch er etwas mehr erfahren hatte, doch dem Ganzen fehlte es an Substanz.
    Wohl durch den Artikel genötigt, hatte das NYPD am Samstagnachmittag eine offizielle Erklärung abgegeben, in der es hieß, die Ermittlungen seien aufgenommen worden, bislang aber deute nichts darauf hin, dass die Personen auf den Fotos tot seien. Der mit der Pressemeldung betraute Officer präzisierte, ein Mann namens Spencer Lynch sei festgenommen worden und befinde sich im Krankenhaus. Sein Gesundheitszustand habe sich stabilisiert, bleibe aber, so die Ärzte, kritisch. Unter Hinweis auf die laufenden

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